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Filmkritik
„We Live in Time“ ist ein Film, der die Zeitebenen durcheinanderwirft, ohne Ankündigungen oder Schrifttafeln, (fast) ohne Anhaltspunkte. Als Zuschauer muss man sich darauf einstellen, mit vorläufigen Handlungslücken zu leben und Zusammenhänge erst später zu erschließen. Das funktioniert allerdings erstaunlich gut.
Man lernt Almut (Florence Pugh) und Tobias (Andrew Garfield) als harmonisches Paar kennen, das im Süden Londons lebt. Doch dann folgt der Schock: Almut hat Krebs. Wie den Kampf gegen die Krankheit führen? Wäre es nicht besser, noch ein halbes Jahr das Leben zu genießen, als ein ganzes Jahr das Grauen der Chemotherapie zu durchleiden? Plötzlich will Tobias die Scheidungspapiere unterschreiben, doch der Kugelschreiber streikt. Eine Scheidung von Almut?
Diskussionen über eine Schwangerschaft
Rückblenden in seine erste Ehe belehren eines Besseren. Als Tobias dann die Straße überquert, um einen Kugelschreiber zu kaufen, wird er von Almut mit dem Auto überfahren. So lernen sie sich kennen. Sie ist Köchin in ihrem eigenen Restaurant, er ist bekanntes Aushängeschild des Nahrungsmittel-Herstellers Weetabix. Boy meets Girl. In diesen Momenten ist „We Live in Time“ eine romantische Komödie. Doch immer häufiger übernehmen ernsthafte Diskussionen über die Gründung einer Familie die Oberhand. Almut hat schon einmal eine Krebskrankheit überwunden. Kann sie jetzt trotzdem ein Kind bekommen?
Der Streit darüber wechselt mit anrührenden Momenten. Bis es zu der wohl verrücktesten Geburtsszene kommt, die in letzter Zeit im Kino zu sehen war. Damit nicht genug: Almut möchte trotz ihrer Krankheit nur zu gerne an Großbritanniens wichtigstem Kochwettbewerb teilnehmen.
Regisseur John Crowley interessiert vor allem, wie man beruflichen Erfolg und Ruhm mit der Bewältigung von Krankheit und Familienalltag verbinden kann. Das ist mitunter nicht einfach. Das Paar reibt sich zwischen Pflichten und Hoffnungen auf, und man kann sicher sein, dass es auch in „We Live In Time“ eine Szene gibt, in der ein Kind nicht wie verabredet von der Schule abgeholt wird, was im aktuellen Kino die Metapher schlechthin für die Vernachlässigung elterlicher Fürsorge darstellt.
Schlüsselmomente des Lebens
Die Zeitsprünge erscheinen mitunter willkürlich, und doch ergeben sie Sinn, fast so, als würden sich die Figuren an Schlüsselmomente ihres Lebens erinnern – spontan, ungeordnet, ohne eine lineare Abfolge der Geschehnisse. Almuts körperlicher Zustand, die zunehmende Schwangerschaft und die anstrengende Chemotherapie mit Haarausfall, bieten äußerliche Orientierung im vermeintlichen zeitlichen Durcheinander. Das klug geschriebene Drehbuch hält die verschiedenen Erzählebenen auf fast schon wundersame Weise zusammen.
Zum Gelingen des Films tragen aber insbesondere die beiden Hauptdarsteller bei. Während Florence Pugh die dramatische Last des Films trägt, überzeugt Andrew Garfield durch seine Mimik, die die Gefühle seiner Figur, von Sorge über Wut bis Trauer, nach außen trägt. Die Chemie zwischen den beiden stimmt, vom verrückt-schicksalhaften Kennenlernen bis zu Hilfe und Unterstützung bei der schweren Krankheit.
Zwei Schüsseln fürs Leben
Nebenbei geht es hier auch um die Bedeutung des Kochens, nicht nur als Ernährung, sondern auch als Kunst. Am Ende huldigt „We Live in Time“ der Haute Cuisine mit fantasievollen Kreationen. Man erfährt aber auch, wie man Eier für ein Omelett perfekt aufschlägt. Man muss sie auf der flachen Tischplatte anstoßen, nicht an der Kante. Dann gibt man die aufgeschlagenen Eier in zwei Schüsseln, damit die Schalenstücke nur in einem Ei landen, nicht in allen. Ein Wissen, das Almut an ihre Tochter weitergeben wird, fast so, als sei es in seiner Einfachheit auch ein Rezept fürs Leben.