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Filmkritik
Als „The Apprentice – The Trump Story“ von Ali Abbasi im Mai 2024 in Cannes seine Uraufführung erlebte, wurden die durchweg positiven Eindrücke durch die Nachricht konterkariert, dass den Film in den USA wohl niemand zu sehen bekäme, weil Donald Trump vorsorglich schon angekündigt hatte, dagegen gerichtlich vorgehen zu wollen. Viele Kinobetreiber fürchteten Trumps Rache, wenn sie den Film dennoch zeigen würden.
Knapp ein halbes Jahr später heißt es jetzt, dass der Film auch in den USA vier Wochen vor der nächsten Präsidentschaftswahl in die Kinos komme. Ist das nun ein positives Zeichen dafür, dass zuletzt doch etwas Bewegung in den US-Wahlkampf gekommen ist? Es ist jedenfalls nicht die dümmste Idee, einmal zu zeigen, wie aus dem in den 1970er-Jahren um die Anerkennung seines Vaters ringenden Donald Trump ein mal mehr, mal weniger erfolgloser Jemand mit einem großzügigen Zeitbudget wurde, der 2004 als gutbezahlter Host in der Fernsehshow „The Apprentice“ durchstartete.
Zwischen Satire und Horror
Dass hier der Titel der Fernsehshow, die den Mythos des supererfolgreichen Geschäftsmanns Donald Trump erst konstruierte, zugleich auch für den ersten Teil der Biografie von Trump herhalten muss, zerstört die Legende vom „Selfmade-Man“, die „The Donald“ so gerne vor sich herträgt. Übrig bleibt wahlweise und je nach Perspektive eine Variation von „Der Zauberlehrling“ oder von „Frankenstein“. Analog dazu wird man je nach Temperament den Film als Satire oder als Horrorfilm lesen.
Zu Beginn von „The Apprentice“ sieht man Donald Trump (Sebastian Stan) in den 1970er-Jahren beim nicht ganz ungefährlichen Eintreiben ausstehender Mieten in Sozialbauten in Queens, was er im Auftrag seines dominanten Vaters Fred Trump erledigt. Gegen die Firma des Vaters laufen Verfahren wegen rassistischer Vermietungspraktiken, die das Unternehmen in den Ruin treiben könnten. Deshalb sucht Trump jr. Hilfe bei dem wegen seiner professionellen Skrupellosigkeit gefürchteten Anwalt Roy Cohn (Jeremy Strong), der in dem Bittsteller sogleich ein formbares Objekt erkennt und ihm ein paar Regeln mit auf den Weg gibt, die Trump bis in die Gegenwart zu befolgen scheint: „1. Attack, attack, attack! 2. Never confess, always deny! 3. Always declare yourself the winner!“
Cohn, der sich zugutehält, dass er persönlich dafür sorgte, dass nicht nur Julius Rosenberg, sondern auch seine Frau Ethel 1953 wegen Spionage für die Sowjetunion hingerichtet wurde, nimmt Donald Trump unter seine Fittiche und verschafft ihm Zugang zu den einschlägigen Kreisen in Manhattan. Und Donald erweist sich als gelehriger Schüler.
Womit Andy Warhol sein Geld verdient
Der höchst unterhaltsame, durchaus komische Film reiht Anekdote an Anekdote und erzählt davon, wie sich Trump in das Model Ivana (Maria Bakalova) verliebt und um die zunächst abweisende Frau wirbt. Er schildert, wie Donald von Projekten träumt, die seinem Vater Respekt abnötigen könnten. Und wie es um Manhattan bestellt war, bevor dort 1983 der „Trump Tower“ eröffnet wurde. Gemeinsam ist all diesen Geschichten, dass Trump mit Größenwahn, aber wenig Geschmack zu Werke geht, dass er Ivana mit Blumen überhäuft, aber nicht vergisst, den Preis deutlich sichtbar zu platzieren. Dieser Teil der Trump-Karriere ist bonbonfarben in der Manier neureicher Geschmacklosigkeit gehalten. Einmal trifft Trump auf Andy Warhol und fragt diesen unbekümmert, womit er denn wohl sein Geld verdiene.
Erst allmählich mischen sich dunklere Töne in den Film, wenn Trump die Gelegenheit bekommt, seinen Vater zu demütigen, wenn er seinem verzweifelten Bruder die Tür weist, wenn er die aufsässige Ivana im marmornen Penthouse des „Trump Towers“ vergewaltigt. Und wenn er schließlich auch seinem Lehrmeister Cohn, einem an HIV erkrankten schwulen Juden und Kommunistenhasser, einen Gefallen ausschlägt, weil er dringend zu einer Haartransplantation muss. Ganz allmählich färbt sich das Rosa in Orange. Ist „The Donald“ erstmal on top, ist mit ihm nicht mehr zu spaßen.
Der Zauberlehrling
In vielem erinnert Trump dabei an Dietrich Heßling aus Heinrich Manns „Der Untertan“, ein amoralisches Gefäß, darauf trainiert, sich in einer turbokapitalistischen Gesellschaft zu behaupten, wobei die Fassade mehr zählt als die Substanz. „The Apprentice“ zeigt nur den ersten Teil von Trumps Karriere, in der noch keine Gedanken an Fernsehpopularität oder Politik verschwendet werden, sondern Trump nur die Räume zu nutzen versteht, die ihm eingeräumt werden. Am Schluss, wenn der todkranke Roy Cohn erkennen muss, welche Kreatur er erschaffen hat, wird es sogar sentimental, obwohl der Schöpfer doch eigentlich mit seinem Werk hochzufrieden sein müsste.
Im Jahr 2003, als Donald Trump spektakulär, aber weitgehend erfolglos 400 Millionen des väterlichen Vermögens „investiert“ hatte, tauchte aus dem Nichts der Fernsehproduzent Mark Burnett auf, der Trump die Rolle des Gastgebers in der Fernsehshow „The Apprentice“ anbietet. Donald Trump, der „Lucky Loser“, war interessiert und hatte auch Zeit.