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Filmkritik
Maxine Minx (Mia Goth) öffnet die Pforten Hollywoods. Das erste Bild von „MaXXXine“ ist exakt so gerahmt wie das erste Bild von Ti Wests „X“-Trilogie. War es im ersten Teil „X“ (2022) noch der Türrahmen einer Waldhütte, die den Blick auf die Welt freigab, ist es im dritten Teil eine Studiohalle. Diesmal steht die Protagonistin, das Mädchen vom Lande, die Überlebende des Texas-Pornhouse-Massakers, die Stripperin und Erotikdarstellerin, die Frau, die sich weigert „ein Leben zu akzeptieren, das sie nicht verdient“, selbst im Zentrum dieses Bildes. Sie ist diejenige, die die Pforten aufstößt, um dort anzukommen, wo sie schon immer sein wollte: in Hollywood.
In der 1980er-Welt der Slasher-Filme
„MaXXXine“ überführt die Trilogie ins Jahr 1985 und damit weg vom Backwood-Horror-Pastiche der 1970er-Jahre, hinein in die schimmernde Welt des 1980er-Slasher-Verschnitts. Zumindest grob entspinnt sich „MaXXXine“ als solcher, denn kaum beginnt die Schauspielerin ihre Porno-Filmkarriere hinter sich zu lassen, fallen ihre Mitarbeiterinnen und Co-Stars einem Unbekannten zum Opfer, der, einer weiteren Genre-Tradition entsprechend, mit Messer und Lederhandschuhen eine nach der anderen umbringt.
Die Fernsehsender, die von diversen Bildschirmen immer wieder in die Szene hineinplärren, nennen ihn „Night Stalker“. Öffentlich wird vermutet, dass es sich um einen Satanisten handle. Damit wird Panik geschürt und das Zeitbild moralischer Entrüstung unterfüttert, in dessen atmosphärischem Zentrum Ti West den Film und seine Protagonistin platziert. Maxine tangiert das Ableben der Kolleginnen und die Hysterie aber nur äußerst peripher. Sie steht kurz davor, sich „the good life“ zu verdienen, und ist bereit, alles zu verdrängen oder zu zerschlagen, was ihr dabei in die Quere kommt.
Der erste, der das erfährt, ist ein Mann, der Maxine auf dem Heimweg auflauert. Er ist nicht der Night Stalker, sondern ein Buster-Keaton-Imitator, der wenige Stunden zuvor noch die Touristen auf dem Hollywood-Boulevard bespaßte. Kaum hat Maxine den Boulevard und das Sternchen von Stummfilm-Ikone und Sexsymbol Theda Bara hinter sich gelassen, steht sie in einer dunklen Gasse dem Pseudo-Keaton mit Springmesser gegenüber. Bevor dieser überhaupt seine Forderung vortragen kann, ist aber er es, der in den Lauf einer Pistole blickt.
Doch der Nachwuchsstar will sich nicht nur verteidigen: Maxine demütigt den Angreifer, befielt ihm, sich auszuziehen, steckt ihm die Pistole in den Mund und zerstampft schließlich seine Hoden mit ihren High-Heels.
Ti West als Pastiche-Filmemacher
Ti West bastelt sich ein brutales, skrupelloses Hollywood zurecht, das beim Stummfilm beginnt und im Hier und Jetzt, im Jahr 1985, seinen Höhepunkt findet. Er ist damit, das beweist er mit „MaXXXine“ erneut, in erster Linie ein Pastiche-Filmemacher und als solcher durchaus begabt darin, die Filmgeschichte auf ein blutiges und atmosphärisches Erlebnis zuzuschneiden.
Die dazugehörigen Bilder wollen viel. Sie stellen das sexbesessene Los Angeles neben die Glamour-Fassade Hollywoods, spulen Maxines schreckliche Erinnerungen im VHS-Format ab, spielen Giallo in schummrigen Video-Rentals und Neo-Noir unter den Neonlichtern der Stadt. Dabei rücken der Protagonistin nicht nur die abgründige Vergangenheit, das Detective-Duo Torres (Bobby Cannavale) und Williams (Michelle Monaghan) zu Leibe, sondern auch der schmierige Privatdetektiv John Labat (Kevin Bacon), der für einen unbekannten Auftraggeber arbeitet.
Die Protagonistin findet sich in der Mitte einer mit Kokain und Panik aufgeladenen Stadt wieder, deren Kräfte von allen moralischen und unmoralischen Seiten auf Maxine einwirken. Wirklich aufaddiert bekommt West die durchaus reizvollen Einzelteile dieser Gemengelage allerdings nicht. „MaXXXine“ mäandert durch die Filmgeschichte, ist mal Slasher-Film, mal Giallo, mal Film noir, mal Karikatur, nie aber ein Film, der das Nachgeahmte und Neugemischte transzendieren will. Wenn die Protagonistin wieder und wieder auf dem Gelände der Universal Studios anrollt, bekennt sich der Film recht klar dazu, sich einfach mal austoben zu wollen. Wie unfassbar real diese Fassade wirke, schwärmt die Star-Regisseurin Elizabeth Bender (Elizabeth Debicki) einmal zu ihrer Hauptdarstellerin.
Alles überlagert sich im Spiel
Wie so oft bei West überlagern und spiegeln sich Realitätsebenen und nicht zuletzt die Genres zwischen Psycho-Haus, Straßenzug-Fassade und der schmierigen Realität drumherum. „MaXXXine“ vermischt alles clever und wild, bleibt aber immer ein Spiel und damit unwillig, die Oberflächen zu durchdringen. Kino und Wirklichkeit, Porno und Glamour, Glamour und Gewalt, Gewalt und Porno – dutzende Seiten eines Spielballs, den West in alle nur denkbaren Richtungen rotieren lässt, ohne dass er sich je wirklich vorwärtsbewegen würde.
Alles beginnt mit einem Bette-Davis-Zitat und endet mit Kim Carnes’ „Bette Davis‘ Eyes“. Beides passt zu Maxine, ist fest an Wests Idee von Pastiche angedockt, schafft aber dennoch keine Synthese. Zweimal Bette Davis und ein drittes Mal die „X“-Trilogie sind dann doch nicht viel mehr als eine recht kurze Assoziationskette.