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Filmplakat von JEFF KOONS: A PRIVATE PORTRAIT

JEFF KOONS: A PRIVATE PORTRAIT

80 min | Dokumentarfilm
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Ein Mann auf einer Farm, die einst seinen Großeltern gehörte, der sich in aller Ruhe um sein Vieh kümmert, umgeben von seiner Frau und seinen vielen Kindern; der Ex-Geliebte und Ehemann einer berühmten italienischen Pornodarstellerin, die später Kongressabgeordnete wurde; der einflussreichste, umstrittenste und am meisten geschätzte Künstler unserer Zeit... Jeff Koons ist all diese Menschen und wahrscheinlich noch ein paar mehr. Dieser schnörkellose und ungeschönte Dokumentarfilm reist von Pennsylvania nach Hydra, über New York und Katar, um einen Koons zu zeigen, der stets lächelt und freundlich ist, der Einblicke in die Menschen gibt, die ihm am nächsten stehen, der ein Leben offenbart, das weitaus unruhiger ist, als sein Gesicht vermuten lässt, und der ein besonderes Augenmerk auf die Liebe seines Protagonisten zu Details, Objekten und schließlich zur Schönheit legt, die als natürliche Folge einer spielerischen Lebenseinstellung verstanden wird.
  • RegiePappi Corsicato
  • ProduktionsländerItalien
  • Produktionsjahr2023
  • Dauer80 Minuten
  • GenreDokumentarfilm
  • Cast
  • IMDb Rating5.9/10 (21) Stimmen

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Filmkritik

Im Februar 2024 setzte die unbemannte Mondlandefähre „Nova-C“ des US-Unternehmens Intuitive Machines auf dem Erdtrabanten auf. An Bord befanden sich 125 kleine Skulpturen aus rostfreiem Stahl, die mit den Namen einflussreicher Persönlichkeiten betitelt sind, welche „die Menschheit“ repräsentieren sollen. Der Urheber dieser Werke, der US-amerikanische Künstler Jeff Koons, sitzt in dem Film, der so heißt wie er selbst, auf einem dekorativen Sofa und preist seine Familie, das Leben im Einklang mit der Natur und den „act of caring“.

Schon der Untertitel des Films lässt einen unwillkürlich auflachen: gänzlich ohne Ironie nennt der italienische Regisseur Pappi Corsicato sein Werk über den bestbezahltesten Selbstvermarktungsprofi der (Kunst-)Welt ungeniert „A Private Portrait“. Corsicato, seinerseits ebenfalls ein Profi in Sachen Künstler-Dokus, darf dafür die Familie Koons in ihrem Wochenendhaus in York, Pennsylvania, filmen. Jeff Koons hat das großväterliche Anwesen, mit dem er seine frühesten Kindheitserinnerungen verbindet, nach dem Verkauf an einen anderen Eigentümer vor Jahren zurückerworben.

Ein Foto im Heuschuppen

Der Künstler gibt sich in der herrschaftlichen Kulisse vor allem als Vater und Naturmensch. Man sieht ihn mit dem Golfmobil durch die Landschaft fahren und nach seinen Rindern schauen; im Heuschuppen wird ein Foto mit den Kindern gemacht. Neben Ziegen und anderen Tieren gehört ihm auch eine antike Kutsche, die einmal im Besitz des Schauspielers Jack Palance war.

Auf dem geblümten Sofa mit den dicken Kissen und den Quaddeln erzählt der wie immer blitzsaubere Jeff Koons seinen Werdegang als Künstler in einer Mischung aus US-amerikanischer Erfolgsgeschichte und Seifenoper; flankiert und ergänzt wird das von Interviews mit Galeristen, Künstlerkollegen und Familienmitgliedern. So erfährt man, wie Koons, geprägt von dem ästhetischen Sinn seines Vaters, eines Innenarchitekten, schon früh zu zeichnen begann und die Kunstschule in Baltimore und Chicago besuchte, bis ihn Patti Smiths’ LP „Horses“ nach New York zog. Man hört von seiner ersten, gegen seinen Willen zur Adoption freigegebenen Tochter, dem Job an der Wallstreet, mit dem er seine Arbeit finanzierte, und der Beziehung mit der ungarisch-italienischen Politikerin und Pornodarstellerin Cicciolina (Ilona Staller), aus der nicht nur Porzellanbüsten und eine Serie greller Aktfotos hervorgingen, sondern auch ein erbitterter Sorgerechtsstreit um den nach Italien „entführten“ Sohn Ludwig. Von seiner zweiten Frau Justine und der glücklichen Vereinigung mit seiner ersten Tochter, womit sich alle Schwierigkeiten im Leben von Koons anscheinend in Luft auflösten.

Über Kunst wird nicht gesprochen

Die Kinder – der Abspann nennt insgesamt acht – loben die Qualitäten ihres Vaters und dürfen im Film ihr Lieblingskunstwerk aufsagen. Justine kann sich immerhin das Verdienst zuschreiben, etwas Lockerheit in das Leben ihres hüftsteifen Mannes gebracht zu haben. Die Bewunderung der per Zoom interviewten Schwester für ihren jüngeren Bruder geht so weit, dass sie in Tränen ausbricht.

Als würde man eben über einen Weihnachtsmarkt spazieren, bewegt sich „Jeff Koons: A Private Portrait“ durch Ausstellungsräume in New York, London, Dohar, Marseille und Hydra. Über die Kunst aber hat weder der Filmemacher noch der Künstler viel zu sagen. Seine von Alltagsgegenständen wie Spielzeug, Luftballons und ausgestopften Tieren inspirierten Skulpturen aus Edelstahl oder Aluminium werden in der Montage mit Home-Movie-Szenen vereinfacht als Feier der Kindheit gedeutet; der Kurator Massimiliano Gioni spricht von einem „Rosebud“-Moment.

Weder fallen Begriffe wie Pop Art und Ready-made noch die Namen von Andy Warhol und Salvador Dalí, Koons wichtigsten kunsthistorischen Bezugsgrößen. Auch ist nicht die Rede von Koons als einem wirklich proßen Player des Kunstmarkts; 2019 versteigerte das Auktionshaus Christie’s seine Skulptur „Rabbit“ für die Rekordsumme von 91 Millionen US-Dollar; noch von seiner mehrfachen Verurteilung wegen der Verletzung des Urheberrechts.

Ein mit Musik zugekleisteter Werbefilm

Der Begriff „Kritik“ fällt zwar an verschiedener Stelle, doch Corsicato macht sich nicht einmal die Mühe, nachzufragen oder auch nur eine annähernd skeptische Position in den Film zu integrieren. Der Überschuss an Obszönität, Kitsch und Kommerz im Werk von Jeff Koons wird in diesem mit Musik zugekleisterten Werbefilm zugunsten einer ebenso langweiligen wie austauschbaren Erzählung zurückgedrängt: der des rechtschaffenen Familienmenschen.

Erschienen auf filmdienst.deJEFF KOONS: A PRIVATE PORTRAITVon: Esther Buss (30.11.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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