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Filmkritik
Das Waisenmädchen Ping lebt in der Nähe eines Palasts irgendwo im Kaiserreich des alten Chinas. Ein rücksichtsloser Statthalter führt hier die Alltagsgeschäfte, allerdings vernachlässigt er seit geraumer Zeit seine Pflichten als kaiserlicher Drachenhüter. Nur zwei Drachen gibt es noch, einer von ihnen ist der weise Long Danzi. Als Pings Ziehmutter, eine alte, gebrechliche Dienerin, es eines Morgens nicht wie gewohnt schafft, den riesigen Korb mit Lebensmitteln in die Hofküche zu tragen, schnappt sich Ping das schwere Ding. Endlich im Palast! Doch kaum dort angekommen, purzelt Pings ständiger Begleiter Hua, eine putzige Ratte, aus ihrer Jackentasche und landet ausgerechnet in jenem Verlies, wo die Drachen gefangen gehalten werden.
Was allerdings nicht so schlimm ist, wie im ersten Moment vermutet. Denn die Drachen sind gar nicht so böse, wie jedermann behauptet. „Habe ich euch nicht schon in meinen Träumen gesehen?“, fragt Ping verwundert. Das Mädchen versteht sich gut mit ihnen, und schon bald ist klar, warum: Ping ist die eigentliche Drachenhüterin, sie hat übermenschliche Kräfte, das sogenannte Chi. Jetzt hilft nur noch eines: Flucht. Doch die Truppen des Kaisers und ein böser Zauberer heften sich an Pings Fersen. Objekt der Begierde ist ein schillerndes, blaues Drachenei, das seinem Besitzer allumfassende Macht verleiht.
Passend zum Jahr des Drachen
Der Drache ist das bekannteste Tierzeichen in der chinesischen Astrologie, er steht für Weisheit, Stärke und Kraft, für Dominanz und Ehrgeiz, im Gegensatz zur germanisch-nordischen Sagenwelt ist er ein wohltätiges und glückbringendes Wesen. 2024 ist, zum ersten Mal seit zwölf Jahren, in China wieder das Jahr des Drachen, und so mag es nicht verwundern, dass nun – basierend auf dem Roman „Hüterin des Drachen“ der australischen Schriftstellerin Carole Wilkinson – ein chinesischer Animationsfilm zum Thema in die Kinos kommt. Auch wenn gleichermaßen spanisches Geld in ihm steckt. Allerdings drängt sich die Frage auf, ob man jüngere Zuschauer, die Zielgruppe des Films, mit dem Rückgriff auf chinesische Geschichte und Mythen, die Kraft des Chi und die Bedeutung von Tierkreiszeichen nicht überfordert.
Einmal mehr erzählt „Dragonkeeper“, inszeniert von dem spanischen Animationsspezialisten Salvador Simó, der zuletzt „Buñuel – Im Labyrinth der Schildkröten“ verantwortete, und seinem chinesischen Kollegen Li Jiangping, eine Held(inn)engeschichte, wie wir sie auch aus Hollywood-Vorbildern wie „Drachenzähmen leicht gemacht“ kennen: Ein junger Mensch muss sich bewähren und seine Bestimmung entdecken. Dabei geht es einmal mehr um die Freundschaft zwischen höchst unterschiedlichen Wesen, zwischen Mensch und Drachen, die vom Aussterben bedroht sind, es geht um Anerkennung und Verständnis, um Toleranz und Tatkraft. Sehr originell ist dieser zugrundeliegende Themenkanon nicht, zumal der Titelfigur mit der kleinen Ratte wie so oft ein lustiger Sidekick zur Seite gestellt wird, der als Katalysator die Handlung in Gang bringt und für komische Auflockerung sorgt.
Aufregende Landschaften, ausdrucksarme Gesichter
Zugegeben: Die Landschaften aus dem alten China oder die Bilder einer untergegangenen Stadt sind aufregend animiert, ebenso die Überquerung einer kaputten Hängebrücke oder der gemeinsame Flug durch die Lüfte. Doch die Gesichter der Filmfiguren sind viel zu plan und ausdruckslos geraten, die Menschen bewegen sich viel zu steif und unbeholfen, fast so, als würden sie wie Marionetten geführt. Zu allem Überfluss endet der Film mit einem turbulenten Showdown mit zahlreichen gegnerischen Kämpfern, der für jüngere Kinder viel zu furchterregend ist.