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Filmkritik
Eine Weihnachtsgeschichte? Als Charles Dickens seinerzeit die Geschichte von der Läuterung des herzlosen Geizhalses Ebenezer Scrooge bescheiden "A Christmas Carol" ("Ein Weihnachtslied") nannte, unterlief ihm eine geradezu historische Fehleinschätzung. Mittlerweile ist der Stoff zur besinnlichen Weihnachtsunterhaltung schlechthin aufgestiegen, auch im Film. Wir hatten ihn schon mehrfach in klassischer Ausführung, wir hatten ihn in der Micky-Maus-Version (1983) und zuletzt in High-Tech ("Die Geister, die ich rief, 1988).
Jetzt also quasi die textkritische Ausgabe, vorgelegt von den guten alten Muppets. Die Fabel haben die von Jim Henson kreierten und durch ihre Fernsehshow berühmt gewordenen Puppen um Kermit, den Frosch, im wesentlichen intakt gelassen. Scrooge, der auch zum frohen Fest kein Pardon kennt und den Armen und Ärmsten den letzten Penny abknöpft, bekommt in seiner düsteren Londoner Wohnung unerwünschten Besuch. Drei Geister (vergangene, gegenwärtige und zukünftige Weihnacht) führen dem hartherzigen Mann vor Augen, wie er einmal war, wie er zu dem wurde, was er ist, und welches Ende es mit ihm nehmen wird, wenn er so weitermacht. Binnen einer Nacht macht Scrooge eine heilsame Reise durch die Zeit mit - er sieht, wie aus dem netten, strebsamen Jungen ein ehrgeiziger Mann wird, der dem Geschäft zur Not auch die Liebe opfert, und wie der Tod eines verbitterten Griesgrams am Ende nur eines auslöst: Erleichterung bei allen, die mit ihm zu tun hatten.
Nun wären die Muppets nicht die Muppets, würden sie diese doch recht tränenselige Kost ohne jeden Kommentar und jeden Eingriff durchgehen lassen. Also schlüpft niemand Geringerer als Gonzo höchstpersönlich in die Rolle des Charles Dickens, um dem Zuschauer und seinem Begleiter, der etwas begriffsstutzigen Ratte Rizzo, den Portgang der Geschichte zu erklären; wobei Rizzo den Ausführungen des Dichters wie auch den Geschehnissen selbst mehr als einmal buchstäblich im Wege steht und schmerzhafte Folgen zu erleiden hat. (Später irgendwann brennt diese auktorielle Vorstufe durch, Gonzo und Rizzo wird die Sache zu gruselig und sie verabschieden sich bis zum großen Finale.) Ebenso folgerichtig werden Scrooges einstmalige Geschäftspartner von Statler und Waldorf gespielt, den Meckerfritzen vom Dienst, die einfach nur froh sind, mal wieder meckern zu dürfen; in die Rolle seines ersten Arbeitgebers schlüpft - zu gut für jede Geschäftswelt - Fossiebär usw. usf. Letzten Endes steckt in dieser Weihnachtsgeschichte genausoviel böser Muppets-Witz und -schalk wie Dickens. Das nimmt vielen Sentimentalitäten die Spitze, aber es setzt Vorkenntnisse voraus - wer die Muppets-Show nicht kennt, wird kaum ermessen können, was es bedeutet, Kermit (als Scrooges Schreiber) und Miss Piggy in vollkommener Eheharmonie erleben zu dürfen.
Nur eine Handvoll Menschen haben in dieser viktorianischen Puppenwelt Platz gefunden, allen voran Michael Caine, der den Scrooge mit dem Vergnügen einer Wunschrolle spielt. Caine paßt sich, wie die anderen auch, verblüffend organisch in die Puppenwelt ein, die Jim Hensons Sohn Brian inszeniert hat. Ebenso bruchlos arbeitet der Film die nicht gerade wenigen Trickeffekte ein, die noch über die "Muppetisierung" (Produktionsdesigner Strazovec), die Anpassung der Kulissen hinausgehen. Die digitalen Strudel, die Scrooge durch Raum und Zeit führen, die Geister - mal gesichtslos, mal sphärisch schwebend -, die endlos lange Kamerafahrt über die Dächer, Gassen und Winkel einer verschneiten Großstadt; überall ist unaufdringlich und elegant modernste Studiotechnik am Werk, ohne daß der Dickens'sche Geist davon verschreckt und vertrieben würde.
