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Filmkritik
Kennt man außerhalb Kölns die Heinzelmännchen? Jene kleinen Helferlein, die nachts den fleißigen Kölner:innen all jene Arbeit erledigten, die tagsüber nicht fertig geworden war? Der Stuhl wurde zusammengeschraubt, das Hochzeitskleid wie durch Zauberei fertiggenäht – bis die Frau des Schneiders nachts rohe Erbsen ausstreute, um den Heinzelmännchen auf die Spur zu kommen. Womit sie die Winzlinge erfolgreich verjagte. Die Legende der Heinzelmännchen ist gewissermaßen eine Anekdote zur Steigerung der Arbeitsmoral, der durch Neugier erzeugte Sündenfall der Gelassenheit: „Wie war zu Köln es doch vordem/Mit Heinzelmännchen so bequem.“ Jetzt aber nicht mehr, jetzt müssen wir alles selbst erledigen.
Es zählt nur Spaß, Spaß, Spaß
Der Animationsfilm „Die Heinzels – Rückkehr der Heinzelmännchen“ von Ute von Münchow-Pohl erzählte 2019 davon, wie die „Heinzels“ (nicht nur -männchen, sondern auch -mädchen) an die Oberfläche der Stadt zurückfanden, was der frechen Helvi (gesprochen von Jella Haase) zu verdanken ist, die sich weniger für Traditionen und alte Frustrationen interessiert, sondern mehr für Abenteuer und Wandel.
Der zweite Film, „Die Heinzels – Neue Mützen, neue Mission“, wiederholt nun dieses Muster unter minimal anderen Vorzeichen. Statt mit Menschen wird Helvi jetzt der Kontakt mit fremden Heinzels untersagt, die seinerzeit aus Köln nach Wien aus- und jetzt wieder zurückgewandert sind; aus ihnen seien „bösartige Kobolde“ geworden. Das Othering von Migrant:innen funktioniert auch im winzig-kleinen Maßstab der Heinzels.
Während die Kölner Heinzels noch den alten Handwerken frönen, beim Bäcker in hölzernen Puppenhäuschen wohnen und nachts den Menschen helfen, haben sich die Wiener „Kobolde“ in einem Turm des Kölner Doms bequem eingerichtet. Sie tragen blauschwarz und sind mit ihren Digitalarmbändern ständig miteinander in Kontakt, fliegen mit einer Drohne durch die Stadt und pflegen einen ganz und gar hedonistischen Lebensstil – es zählen nur Spaß, Spaß, Spaß!
4711 für die Alarmanlage
Für Helvi, die das Neue liebt, ist das zunächst verlockend – und Bo, der Tollpatsch der Wiener Truppe, liegt auch ganz auf ihrer Wellenlänge. Doch die Kölner Heinzels wollen das nicht akzeptieren: wir oder die! Helvi muss sich entscheiden. Doch auf Druck antwortet Helvi natürlich stets nur mit Vorwärtsverteidigung.
Ute von Münchow-Pohl und der Drehbuchautor Jan Strathmann hätten damit eigentlich eine schöne Versuchsanordnung von (imaginierter) Fremdheit und (konkret als Ablehnung manifestierter) Fremdenfeindlichkeit. Eigentlich sind die Unterschiede gar nicht so groß, doch selbst das Spiel mit Dialekten lässt der Film nahezu ungenutzt; es wird nur sanft gewienert, und so richtig Kölsch redet auch nur der Imbissbudenbesitzer, dessen Snacks Helvi mit den „Kobolden“ abräumt. Zumindest nutzt er den Code „4711“ für seine Alarmanlage! Willy Millowitsch wäre stolz.
Aber um große gesellschaftliche Themen geht es dem Film gar nicht. Helvi bringt Bo und den anderen Wiener:innen bei, dass Helfen Spaß machen kann. Und auch die Heinzels helfen sich am Ende gegenseitig, ganz egal, wo sie zwischendurch mal gewohnt haben. Zumal ein Feind von außen die beiden Gruppen zusammenbringt. Denn eine frustrierte Polizistin ist mit ihrer Katze Polipette auf Heinzel-Jagd.
Die Animation hat gewonnen
Inhaltlich bleibt „Die Heinzels – Neue Mützen, neue Mission“ beim ziemlich unpolitischen Kleinklein des Heinzellebens. Das ist einigermaßen flott und clever inszeniert, mit witzigen Ideen. Insbesondere die Animation hat gegenüber dem ersten Film deutlich gewonnen, zumal die Verfolgungsjagden sind nicht ganz so hektisch und unübersichtlich geraten.
Noch schöner aber wäre es gewesen, wenn der Film sich etwas mehr Lokalkolorit getraut hätte: der Dom mit etwas mehr Details, der Dialekt in deutlich mehr Mündern, das Glitzern des Rheins und seiner Brücken am Horizont. Aber was Köln angeht, geht halt nichts übers Original. Alaaf!