









Vorstellungen
Filmkritik
Der Jesuit Corridan, Reportagen, die in der "New York Sun" erschienen und eine daraufhin eingesetzte staatliche Untersuchungskommission erschreckten die amerikanische Öffentlichkeit 1947/48 mit unglaublichen Berichten über das Terrorsystem einer kriminell verseuchten Gewerkschaft in den Docks des New Yorker Hafens. Auf der Grundlage des (kürzlich verbotenen) Shape-up-Systems kassierten die Gangster Abgaben vom Tageslohn aller Beschäftigungssuchenden, die sie morgens und mittags zur Verladearbeit zuließen. Wer sich nicht fügte, blieb brotlos, wer den Weg zur Polizei suchte, wurde durch einen "Betriebsunfall" beseitigt. Ein mutiger Produzent hat den heißen Stoff zu einem Gewissensdrama mit religiösen Motiven vor kriminalistischem Hintergrund verarbeitet. Terry Malloy (Marion Brando) hat der Gewerkschaft als Spitzel und Handlanger gedient, bis er an einem Mord mitschuldig wird und die Schwester des Toten kennenlernt. Als dann noch der Hafenpriester in ihn dringt und Worte des Evangeliums als Kampfruf gegen die Verbrecher in die Hafenhallen trägt, erwacht der junge Mann aus dumpfer Selbstgenügsamkeit zum Aufstand gegen die Gewalt. Er sagt vor der Untersuchungskommission aus, was er weiß, öffnet damit den Weg zur Strafverfolgung und ermöglicht wieder gesunde Arbeitsverhältnisse im Hafenviertel. - Aus solchem Thema hätte vielerlei werden können: ein reißerischer Verbrecherfilm, ein heroisches Polizeistück, eine Liebesgeschichte zwischen Gangster und Klosterschülerin oder die erbauliche Bekehrung eines Rowdies. Statt dessen ist ein Film entstanden, in dem Elemente von all diesem zwar benützt, aber von Meistern der Phantasie, der Regie und Darstellung so weit geläutert und verfeinert wurden, daß sie die Basis eines erlebnisstarken Kunstwerks bilden. Auch die christliche Aussage dringt über die allgemeine Gut-und-Böse-Sittlichkeit der Filmdrehbücher hinaus; sie spricht freilich, amerikanischer Mentalität folgend, jene Christen an, denen Aktivität am meisten imponiert. In diesem Sinne muß auch die robuste, aufrüttelnde Figur des Paters verstanden werden. Vieles in dem Film werden wir nicht so rasch vergessen: die verschämte Zartheit einer hemdsärmeligen Liebeserklärung; das großartige Schuldbekenntnis Terrys auf dem Pier, von dem fast kein Wort zu hören ist und das man gerade deshalb so eindringlich hört; die Predigt des Priesters zwischen Arbeitern und Unterweltvisagen; die dramaturgisch akzentuierten Hafengeräusche und die erbarmungslosen Szenen blutiger Gewalt, mit denen die Regie hart an die Grenze des selbst in solchem Milieu Vertretbaren geht. Alles ist auf Spannung und Handlung angelegt, ist voll von krassem Realismus, in den die gelegentliche Poesie um so intensiver dringt. So konnte die "Faust im Nacken" bei der diesjährigen Biennale in Venedig von drei ganz verschiedenen Seiten preisgekrönt werden, von der Festspiel-Jury, dem Internationalen Katholischen Filmbüro und der Vereinigung der italienischen Filmkritiker. Die Filmliga in Deutschland hat Elia Kazans ("Endstation Sehnsucht") neuestes Werk wegen seines künstlerischen und gewissensbildenden Wertes in ihre Jahresbestliste 1954 aufgenommen.