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Filmplakat von Bergfahrt – Reise zu den Riesen

Bergfahrt – Reise zu den Riesen

97 min | Dokumentation | FSK 0
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Es gab sie lange vor der Menschheit, und sie werden diese überdauern. 250 Millionen Jahre sind sie alt — die Alpen. Vieles haben sie scheinbar stumm kommen und vergehen sehen. Sie haben ihr eigenes Leben. Unheimlich waren sie unseren Vorfahren, sie sahen in den Gipfeln Monster, Drachen, Gefahr. Gewalten, die sich unserem Einfluß entziehen. Erst mit dem Massentourismus glaubte man, sich die Berge untertan zu machen, man beutete sie meist rücksichtslos aus.
Nach Jahren des Massentourismus in den Alpen findet langsam ein Umdenken statt. Viele versuchen, das Wesen der Berge auf neue Weise zu sehen. Der Film vermittelt Sichtweisen, welche die landläufig über Berge gemachten übersteigen. Ein japanisches Performance-Paar nähert sich dem Berg über Sagen und Mythen. Eine Bergsteigerin erzählt von ihrem Freund, den sie an der Eigernordwand verloren hat. Auch ein Bergbahner erklärt seine Position. Sie spiegeln gegensätzliche Ansätze in dieser kritischen Zeit wider, in der wir unsere erlernten Werte neu definieren und den Wandel aktiv suchen müssen.

Vorstellungen

Burgtheater Ratzeburg
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Stadtkino Trostberg
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Filmkritik

Wenn der Berg ruft, nehmen viele Menschen das allenfalls mit einem Schulterzucken zur Kenntnis. Wenn sie denn überhaupt etwas hören. Andere hingegen fühlen sich immer wieder animiert, im Hochgebirge herumzukraxeln, Gipfel zu erklimmen oder im Winter auf Skiern die Hänge hinunterzusausen. Doch kaum einer dürfte sich dem Sound der Berge mit so viel Enthusiasmus annehmen wie der Schweizer Musiker Claudio Landolt. Mit Mikrophon und Aufnahmegerät ist er bei jedem Wetter in den Alpen unterwegs, um die Geräusche der Berge einzufangen und daraus in seinem Studio Ton-Collagen zu basteln. Landolt ist davon überzeugt, dass auch Berge Lebewesen sind. Am Ende schreibt er ihnen sogar einen Brief. Ob der kauzige Geräuschesammler das alles ernst meint?

Das Matterhorn gerät ins Wanken

Dokumentarfilme über das Hochgebirge sind oft hymnische Lobgesänge auf die Schönheit der Natur. Oder sie folgen tollkühnen Abenteuern bei extremen Klettertouren in die Steilwände. In jüngerer Zeit widmen sie sich aber zunehmend auch den Bedrohungen dieses Lebensraums durch Tourismus oder den Klimawandel. Die Filmemacherin Dominique Margot hat sich drei Jahre lang in den Alpen bewegt und einen anderen Zugang zur Bergwelt gefunden. In „Bergfahrt“ stehen neun Protagonisten im Vordergrund, die sich auf höchst unterschiedliche Arten mit dem alpinen Lebensraum befassen.

Da gibt es eine Biologin, die sich schon lange mit der Frage beschäftigt, wie die Flora mit den veränderten Rahmenbedingungen zurechtkommt. Oder den betagten Naturparkwächter aus dem Aostatal, der die Landflucht aus seinem Heimatdorf beklagt und bekennt, dass er von Tieren mehr gelernt habe als von Menschen. Hinzu kommt ein Forscher, der das Matterhorn mit einer Vielzahl von Sonden versehen hat und durch seine Messungen nachweisen kann, wie der Felskoloss bei starken Stürmen ins Wanken gerät.

Außerdem gibt es die Bergführerin, die ihren Lebensgefährten in der Eiger-Nordwand verloren hat und sich lange gefragt hat, ob sie je wieder klettern kann. Irgendwann aber hat sie ihren Frieden mit dem Berg gemacht, der schließlich nichts dafürkönne. So sieht man sie mit einem Freund nun den Eiger erklimmen.

Der Reiz des Ästhetischen

Ihre Tour liefert wie manche andere Sequenz spektakuläre Bilder. Doch diese stehen in „Bergfahrt“ nicht im Vordergrund; von einer Postkarten-Idylle ist hier nichts zu sehen. Vielfach sind die Berge in Nebel gehüllt. Als ein Glaziologe Besuchern etwas über den Rückgang der Gletscher erzählt, findet das sogar im strömenden Regen statt. Die Exzesse des Massentourismus kommen am Beispiel des österreichischen Skiorts Sölden auch vor. Man komme halt den Wünschen der Kundschaft nach, erklärt der Manager, aber man habe durchaus auch den Naturschutz im Blick. Auch wenn es danach keineswegs aussieht, selbst wenn das Ballett der nächtlichen Pistenraupen durchaus einen ästhetischen Reiz hat.

Das gilt auch für die Darbietungen einer japanischen Performance-Künstlerin, die an verschiedenen Orten immer wieder mal unvermittelt auftaucht. In der Eingangssequenz, in der sie eine Touristin mimt, die sich in einer Bergbahn-Gondel höchst seltsam verhält, rätselt man noch, ob vielleicht Alkohol oder andere Drogen im Spiel gewesen sein könnten. Zumal die Aktion nicht erklärt wird. Generell wird im Film wenig erklärt, wenn es um die Deutung seiner Elemente geht. Auf einen Kommentar verzichtet die Filmemacherin komplett. Stattdessen erschafft sie ein komplexes Kaleidoskop aus Beobachtungen, persönlichen Geschichten und wissenschaftlichen Erkenntnissen von Menschen, die sich mit dem alpinen Lebensraum beschäftigen.

Das Zerfließen eines Gletschers

„Bergfahrt“ ist eine über weite Strecken faszinierende Bestandsaufnahme, die fast völlig auf Musik verzichtet und nur einmal in die filmische Trickkiste greift, wenn das Fließen eines Gletschers im Zeitraffer vorgeführt wird.

Erschienen auf filmdienst.deBergfahrt – Reise zu den RiesenVon: Reinhard Lüke (17.10.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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