Vorstellungen
Filmkritik
Die kurdischstämmige Yasemin (Seyneb Saleh) und der türkischstämmige Ilyas (Serkan Kaya) sind seit 15 Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie in Berlin ein Café. Sie haben auch eine Tochter namens Senna (Amira Demirkiran). Später erfährt man in Rückblenden, wie sie sich auf einem Spree-Dampfer kennengelernt haben. In frechen, präzise geschriebenen Dialogen necken sie sich und loten so trotz der großen Unterschiede zwischen ihnen ihr Interesse füreinander aus. Yasemin ist temperamentvoll und risikofreudig, Ilyas sensibel und zurückhaltend.
Trotz allem sind sie ein Paar, das sich ergänzt und immer wieder zusammenrauft. Doch plötzlich ist Yasemin tot, erschossen in ihrem Café. Das ist auch für die Zuschauer ein Schock, weil das romantische Kennenlernen mit den pfiffigen Screwball-Elementen ein so abruptes, und mit dem später eingefügten Bild der blutüberströmten Toten auch ein so brutales Ende nimmt. Für Ilyas bricht eine Welt zusammen. Er muss sich fortan allein um Senna kümmern und das Café weiterführen, dessen Eröffnungsfeierlichkeiten so fröhlich und verheißungsvoll waren.
Figuren mit Ecken und Kanten
Doch es kommt noch schlimmer. Zunächst verdächtigt die Polizei Ilyas der grausamen Tat. Dann kommen Gerüchte auf, dass Yasemin ein Doppelleben geführt und die kurdische Arbeiterpartei PKK finanziell unterstützt haben soll. Hat Ilyas die Frau, die er so sehr geliebt hat, wirklich gekannt?
„Was von der der Liebe bleibt“ ist in fünf Kapitel eingeteilt, die mit „Heimat“, „Fremde“, „Zweifel“, „Tod“ und „Liebe“ überschrieben sind. Der indischstämmige Regisseur Kanwal Sethi beleuchtet mit einer verschachtelten Rückblendenstruktur das Geschehen aus mehreren Perspektiven und führt gleichzeitig die Gegenwartshandlung fort. Immer wieder kehrt er zu Szenen zurück, die man schon kennt, und ergänzt sie so durch kleine Facetten. Das führt besonders beim romantischen Kennenlernen der beiden dazu, dass sich die Charaktere immer stärker herausbilden. Yasemin und Ilyas sind lebensechte Figuren mit Ecken und Kanten, die ihren Alltag mit seinen Herausforderungen gemeinsam meistern.
Für die Arbeit der Polizei gibt der Film hingegen keine inhaltlichen Anhaltspunkte. Eine Hausdurchsuchung ist ebenso willkürlich wie die Überprüfung der Bankkonten; Mutmaßungen und Unterstellungen sind aus der Luft gegriffen. Auch für den politischen Hintergrund findet der Film keine Erklärungen; die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe reicht hier schon für eine Schuldzuweisung. Die Fahndung nach dem Mörder von Yasemin gerät so mehr und mehr aus dem Fokus. Das wirkt fast so, als hätte die Lösung des Falls den Regisseur nicht mehr interessiert. Für den Zuschauer ist das mitunter irritierend, weil er über den Kern der Geschichte lange Zeit im Unklaren gelassen wird.
Erzählerische Ambivalenz
Das eigentliche Anliegen von „Was von der Liebe bleibt“ wird erst am Schluss lapidar in einer Schrifttafel angedeutet: 235 Ausländer seien in Deutschland aus fremdenfeindlichen Motiven getötet worden. Fremdenhass ist also das Thema, sowohl in den Behörden, die viel zu lange in die falsche Richtung ermitteln, weil die Wahrheit zu unbequem ist, als auch im privaten Alltag, der durch Vorurteile und Intoleranz geprägt ist. Einmal wirft ein Junge mit einem Stein die Scheibe des Cafés ein und läuft rasch davon. Ein Streich? Oder eine rassistisch motivierte Tat? „Was von der Liebe bleibt“ vertieft sich allzu sehr in seine erzählerische Ambivalenz. Die Unfassbarkeit der Gewalttat wird dadurch nicht fassbarer.