- RegieSabine Howe
- ProduktionsländerDeutschland
- Produktionsjahr2023
- Dauer89 Minuten
- GenreDokumentation
- AltersfreigabeFSK 0
- IMDb Rating8.3/10 (131) Stimmen
Vorstellungen
Filmkritik
Schon als Kinder konnten es die Zwillingsbrüder Frederik und Gerrit Braun nach der Schule kaum erwarten, zu Hause wieder etwas zusammenzubauen. Auch die Leuchtsignale der Feuerwehrautos faszinierten sie. Als junge Erwachsene betrieben die Geschwister zunächst eine Diskothek. Im Jahr 2000 begannen sie dann mit der Errichtung des „Miniatur Wunderland“ in der Hamburger Speicherstadt. Die riesige Modelleisenbahn mit den bis ins kleinste Detail fein ausgearbeiteten Kulissen ist inzwischen eine der meistbesuchten Touristenattraktionen in der Hansestadt.
Fein ziselierte Settings
Regisseurin Sabine Howe präsentiert die Brüder Braun in ihrem Dokumentarfilm „Wunderland – Vom Kindheitstraum zum Welterfolg“ als Komplementäre: hier der Visionär und Menschenfischer Frederick, dort der geniale Tüftler Gerrit, der sich am liebsten selbst um die Schaltkreise seiner Eisenbahnen kümmert, auch weil es ihm schwerfällt, loszulassen. Der Film kommt ohne einordnenden Kommentar aus dem Off aus. Die Genese des Projekts erfährt man aus ineinander montierten Originaltönen. Neben den beiden Protagonisten gibt es noch weitere Mitglieder des Teams, allen voran der Chefmodellbauer Gerhard Dauscher. Der ist der nüchterne Planer, den die Brüder von Anfang an in ihr Team holten.
Die fein ziselierten Settings mit ihren filigranen Oberflächen und den für den Film animierten Figürchen stillen eine Sehnsucht nach analogem Handwerk. Optisch erinnert das bisweilen an die Kulissen von Wes-Anderson-Filmen. Ein anpackender, gutgelaunter Vibe durchzieht den Film, der allerdings schwer an einer verschwenderisch eingesetzten Orchestermusik trägt. Unter deren Geigenteppich bleibt kaum Luft zum Verschnaufen.
Eine „autorisierte“ Doku
Man muss sich darüber klar sein, dass es sich bei „Wunderland“ um einen gleichsam „autorisierten“ Dokumentarfilm handelt. Auf der Webseite von „Miniatur Wunderland“ heißt es zum Kinostart: „Mit noch nie dagewesenen Filmaufnahmen kommt die Geschichte der größten Modellanlage der Welt als emotionale Doku, nach zwei Jahren Arbeit, in die Kinos.“ Das ist also die Geschichte, welche die beiden Brüder erzählen möchten. Folgerichtig ist der Inhalt stark subjektiv gefärbt und bisweilen auch leicht geschönt.
Zu den ernsteren Stellen des betont fröhlichen Films gehört die Schilderung einer gar nicht so unbeschwerten Kindheit. Der Vater, inzwischen auch Teil des Wunderland-Teams, verließ die Familie früh; die mittlerweile verstorbene Mutter war mit der Erziehung überfordert. Neben beschwichtigenden Statements à la „Natürlich gibt es auch mal Streit“ vernimmt man kaum Misstöne.
Erzählerisches Zentrum des Films ist ein harmonischer Culture Clash. Beim Besuch von „Gulliver’s Gate“ in New York, einer Art Konkurrenzwunderland, stoßen die Brauns auf ein Modell von Rio de Janeiro, dessen Liebe zum Detail ihnen sehr zu Herzen geht. Sie nehmen Kontakt zu den Schöpfern auf: der Modellbauer-Familie Martinez aus Argentinien. Schon bald verbindet sie ein von gegenseitiger Zuneigung und Anerkennung getragener Kontakt. Der Film begleitet die Familien bei ihren gegenseitigen Besuchen. Flankiert wird das von einer Reihe Interviews, bei denen beide Seiten nicht mit Komplimenten füreinander sparen.
Der Funke springt über
Der Austausch über den Atlantik hinweg nimmt gegen Ende viel Raum ein, passt aber in den kurzweiligen Film, der die Begeisterung der Brüder Braun und ihrer Entourage für das Phänomen der Modelleisenbahnen auf das Publikum übertragen kann.