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Filmplakat von Tote schlafen fest

Tote schlafen fest

114 min | Thriller | FSK 16
Als Philip Marlow den Auftrag erhält, den Erpressern des wohlhabenden General Sternwood auf die Spur zu kommen, sieht für den erfahrenen Privatdetektiv alles wie ein ganz gewöhnlicher und unspektakulärer Fall aus. Bei seinen Ermittlungen lernt Marlow allerdings nicht nur die schönen und undurchsichtigen Schwestern Vivian und Carmen kennen. Er gerät schon bald auch in ein verwirrendes und gefährliches Geflecht aus Intrigen, Gewalt und Drogen, das seinen Spürsinn auf eine harte Probe stellt. (j.b)

Vorstellungen

Filmbühne Caligari
Marktplatz 9
65183 Wiesbaden

Filmkritik

Privatdetektiv Philip Marlowe wird von Ex-General Sternwood beauftragt, einem Erpresser das Handwerk zu legen. Marlowe gerät im Lauf seiner Nachforschungen in ein Netz krimineller Unternehmungen, deren Querverbindungen und gegenseitige Abhängigkeiten nie recht klar werden. Morde geschehen, wobei nicht nur die Täter, sondern auch die Opfer zuweilen Verbrecher sind. Als der verwirrende Film (er ist es kaum minder als der ihm zugrundeliegende Roman) zu Ende ist, bleibt der Zuschauer ziemlich ratlos zurück. Doch darf er sich trösten, daß es nicht nur ihm so erging: Als Regisseur Hawks während der Dreharbeiten bei Chandler telegrafisch nachfragt, wo denn eine der Personen des Films geblieben sei, antwortet der Autor, das wisse er selbst nicht. Diese Anekdote ist kein Publicity-Gag, sie veranschaulicht vielmehr die Perspektive des Schriftstellers, dem es auf das Wie der Aktion, nicht immer auf das Was ankommt. Der Film entspricht in der minuziösen Adaptation der literarischen Vorlage genau dem Original: der Protagonist wird nicht aus dem Auge verloren, es gibt keine einzige Szene, in der Bogart nicht im Bild ist. Autor Chandler mag Selbstrechtfertigung angestrebt haben, als er im Februar 1939 an seinen Verleger Knopf schrieb: "Ich habe nur vier Hinweise gesehen, aber zwei scheinen sich mehr mit der Verworfenheit und der Unerfreulichkeit des Buches zu befassen als mit irgend etwas anderem... Ich will keine verworfenen Bücher schreiben. Ich war mir bewußt, daß in dieser Geschichte einige recht unerfreuliche Mitbürger vorkamen, aber ich habe meine Handlungen in einer harten Schule kennengelernt und wahrscheinlich nicht sonderlich auf sie geachtet. Mich reizte mehr die Situation, in der das Geheimnis eher durch die Schilderung und das Verständlichmachen einer einzelnen Figur, die immer stark im Vordergrund steht, gelöst wird, als durch die langsame und manchmal umständliche Verknüpfung von Umständen." Howard Hawks hielt sich an dieses Chandlersche Strukturprinzip. Was sein Film zeigt, sind in der Tat erhellende Situationen und Verständlichmachen einer einzelnen Figur, vornehmlich des Protagonisten. Das Atmosphärische, die Konturen eines Charakters haben Vorrang vor der erklärbaren, vor der erklärten Aktion. So ist es für ihn auch nicht Spiel mit der verzögerten Lösung, sondern eigenständiges Stil- und Strukturprinzip, wenn Aufklärung für Geschehenes spät und nicht selten nur beiläufig geboten wird. Was Raymond Chandler bewegte, interessiert auch Hawks vor allem: die Figur des Einzelgängers Marlowe. Kein Detektiv im herkömmlichen Sinn, sondern ein Kämpfer nach beiden Seiten: gegen ein evident gewordenes Unrecht und gegen den versnobten Anspruch einer Gesellschaft, die ihrer selbst überdrüssig wurde und mit einem lüsternen Seitenblick auf das Verbrechen als Freizeit-Möglichkeit schielt. Im Widerspiel entgegengesetzter Interessen, im Lavieren zwischen den Unmöglichkeiten zeichnet sich das Kraftfeld ab, in dem Philip Marlowe sich bewegen muß, stets bedroht nicht nur von denen, gegen die er offiziell kämpft, sondern zugleich im Stich gelassen von denen, für die er sich einsetzt. "Der tiefe Schlaf war Raymond Chandlers erster Kriminalroman, seine Handlung ist Konglomerat aus eigenen Kurzgeschichten, sein Protagonist Synthese aus vorhergegangenen Privatdetektiven. In ihm kulminiert die Rechtsauffassung des Autors, sein Bild von einer neuen Gerechtigkeit, die sich nicht nur gegen das etablierte Unrecht (Korruption, Erpressung, Bedrohung), sondern zugleich gegen ein Establishment durchsetzen muß, das seine Hilfe in Anspruch nimmt, ohne sie im Eigentlichen zu begehren. Die Ambivalenz des zwischen offiziellem und inoffiziellem Unrecht eingekeilten Marlowe wird in der Darstellung durch Humphrey Bogart Ereignis. Seine sparsame Mimik, der beiläufige Griff zum Ohrläppchen, vermeintliche Ratlosigkeit (hinter der sich Wissen verbirgt), die leben im Habitus dieses Schauspielers, der seinesgleichen nicht mehr fand.

Erschienen auf filmdienst.deTote schlafen festVon: Peter F. Gallasch (6.9.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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