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Filmplakat von TONY, SHELLY UND DAS MAGISCHE LICHT

TONY, SHELLY UND DAS MAGISCHE LICHT

80 min | Zeichentrick | FSK 6
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Tony besitzt eine außergewöhnliche Fähigkeit: Er leuchtet. In einem Haus, in dem ein Monster schlechte Stimmung und Dunkelheit verbreitet, ist dies jedoch keine einfache Gabe. Um ihn zu schützen, lassen seine Eltern ihn selten hinaus – das fühlt sich oft sehr bedrückend an. Doch mit Shellys Einzug, die mit ihrer Taschenlampe Fantasiewelten erschafft, verändert sich alles. Durch ihre Freundschaft lernt Tony, sich gegen die Dunkelheit zu behaupten. Regisseur Filip Pošivač gelingt ein zauberhaftes Plädoyer für Vielfalt und Toleranz in unserer Gesellschaft. In der weltberühmten Tradition des tschechischen Puppenspiels und der Stop-Motion-Animation kreiert er ein Märchen, das mit handgemachten Puppen und fantasievollen Kulissen Jung und Alt einen Funken Licht schenkt.

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Filmkritik

Wie schnell es manchen Puppentrickfilmen doch gelingt, eine zauberhafte Atmosphäre zu erschaffen! In „Tony, Shelly und das magische Licht“ ist es der Vogelschwarm, der in der ersten Einstellung über die triste graue Stadt fliegt. Die Häuser und die kalten Lichter verschwinden in der Unschärfe des Hintergrunds, Schneeflocken fallen sanft vom Himmel, bis eine der Tauben zu einem hell erleuchteten Fenster eines Mehrfamilienhauses abbiegt. Der Kontrast von kalten und warmen Farben und die Bewegungen der künstlichen Figuren, die ja eigentlich leblos sind, führt schwebend-leicht in die Welt des Trickfilms „Tony, Shelly und das magische Licht“, der an die Filme des tschechoslowakischen Filmkünstlers Jiří Trnka erinnert. Wobei er nicht nur durch die filigranen Bewegungen der Figuren, sondern auch die ungemein detaillierte Gestaltung der Kulissen besticht. Es ist Winter, es ist kalt. Und irgendwo in dieser kalten Welt gibt es ein wenig Wärme.

Leuchtender Junge an kurzer Leine

Dunkle kleine Wollknäuel tanzen auf dem Fenstersims, auf dem die Taube landet. Aber die spielen anfangs noch keine Rolle. Denn das Interesse verlagert sich auf das Kind in dem Zimmer. Es trägt einen Pappkarton, auf den jemand eine Löwenmaske gezeichnet hat, und drückt sein Stoffkuscheltier fest an sich. Tony wünscht sich sehnlichst einen Freund oder eine Freundin. Er fühlt sich einsam und ausgeschlossen, weil er nicht wie andere Kinder aussieht. Denn Tony leuchtet, und zwar von innen. Sein ganzer Körper strahlt, als ob ein Licht in ihm brennen würde. Tonys Eltern ist das unangenehm. Sie halten ihren Sohn daher schon viele Jahre an der kurzen Leine. Und das wortwörtlich. Denn eine Leine an Tonys Gürtel hält ihn davon ab, sich zu weit von der elterlichen Wohnung zu entfernen.

Doch dann beobachtet Tony, wie sich ein Umzugswagen nähert. Eine ehemals berühmte Balletttänzerin zieht in der Nachbarschaft ein – mit ihrer Tochter Shelly. Die verzaubert Tony von Anfang an. Wenn Shelly ihre Taschenlampe anknipst, passiert etwas Magisches. In dem Lichtkegel verändert sich die Welt: Blumen erscheinen plötzlich in dem tristen Innenhof, der mürrische Hausmeister erhält einen Federschmuck und wirkt viel lustiger, ein Zimmer verwandelt sich im Handumdrehen in eine aufregende Unterwasserwelt. Tony kann sehen, was Shelly sieht. Und sie geht Tony nicht aus dem Weg. Shelly lässt sich nicht von seinem Leuchten abschrecken, sondern fühlt sich dadurch zu ihm hingezogen. Es ist tatsächlich der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Einen Geist bändigen

Tony und Shelly verstehen sich auf Anhieb, wohl auch deshalb, weil sie weder so mürrisch noch so gestresst oder mit sich selbst beschäftigt sind wie die meisten anderen Bewohner des Hauses. Tonys Eltern etwa werden voll und ganz durch die beiden jüngeren Geschwister in Beschlag genommen. Shellys Mutter kommt unterdessen nicht damit klar, dass ihre Zeit als Balletttänzerin vorbei ist; wenn sie ihr dunkles, federartiges Kleid trägt, erinnert sie nicht zufällig an den schwarzen Schwan aus Tschaikowskis „Schwanensee“. Grummelig wirkt auch der alte Hausmeister, aus dessen Rücken eine zarte Pflanze wächst, die jedoch von niemandem sonderlich beachtet wird. Er ist der Hüter eines wurmartigen Geistes, der schon seit langer Zeit in dem Haus lebt, sich von Licht ernährt und alles noch dunkler werden lässt. Diesen Geist zu bändigen oder besser: zu verstehen, wird die große Aufgabe von Tony und Shelly sein.

Ein bisschen gruselig ist „Tony, Shelly und das magische Licht“, aber zugleich auch poetisch und angenehm zurückgenommen. Der Geist ist keine schrille, Furcht einflößende Kreatur und auch nicht wild, so dass der Film auf jene actionreichen Schlusssequenzen, die typisch sind für US-amerikanische oder europäische Mainstream-Animationsfilme, verzichten kann. Das Debüt von Filip Pošivač hingegen besticht durch seinen Sinn für Atmosphäre und ausdrucksstarke metaphorische Bilder. Tony kommt dabei eine große Bedeutung zu. Der Junge steht für Sehnsüchte, Träume und Freundlichkeit inmitten einer in jeder Hinsicht deutlich begrenzten Welt, die ihm keine Spielräume lässt. Dazu passt wunderbar die Festung, die Tony sich errichtet hat. Aus Kissen und Decken hat Tony sich in seinem Zimmer eine Höhle gebaut. So weit ist das nicht ungewöhnlich für Kinder.

Doch wenn Tony und Shelly diese Höhle betreten, dann weitet sich der Raum. Er wird magisch, ist nicht so, wie er eigentlich sein müsste. Die Höhle ist der riesige Freiraum, den Tony sich erträumt, mit Abhängen, die man auf Matratzenrutschen hinabsausen kann, mit Seen, in denen sich der Himmel spiegelt wie in „Life of Pi“. Dass genau in dieser Szene der Film fließend das Bildformat wechselt und mit schwarzen Balken einen viel breiteren Raum imitiert, ist ein wirkungsvoller cineastischer, gerade im Kinderfilm nur selten genutzter Effekt.

Loblied auf die Kraft der Fantasie

Man kann „Tony, Shelly und das magische Licht“ als Plädoyer für die Akzeptanz von Vielfalt lesen oder als Loblied auf die Kraft der Fantasie, die hier stets fließend mit dem Alltäglichen verwoben wird. Auf sehr visuelle Art aber vermittelt der Film vor allem eine nachahmenswerte Grundhaltung, weil er darüber erzählt, wie Menschen ihre Umgebung allein durch ihre Wesensarten mitgestalten. Pessimismus führt zu nichts, ebenso wenig Missgunst und Zwietracht. Egoismus und Arroganz, Selbstbezogenheit und die Unfähigkeit, sich für andere zu interessieren, vergiften das Miteinander in dem eng umschlossenen und überschaubaren Mikrokosmos, in den der Film einen Blick wirft. Eine Figur gar scheitert daran, einer anderen ihre Zuneigung zu gestehen, weil sie nie gelernt hat, mit manchmal auch überwältigend schönen Gefühlen wie Liebe umzugehen.

„Tony, Shelly und das magische Licht“ hält in jeder Hinsicht, was der Titel verspricht. Er bringt Licht ins Dunkel. Und findet die Magie inmitten der Menschen selbst, die dafür letztlich auch gar nicht besonders sein müssen.

Erschienen auf filmdienst.deTONY, SHELLY UND DAS MAGISCHE LICHTVon: Stefan Stiletto (6.11.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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