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Filmkritik
Der schwülstige Titelsong erklärt, was ein "Tokyo Drifter" ist: ein Vagabund, der alles hinter sich läßt, der seinen Weg geht, auf dem ihm keiner folgen kann, der damit rechnet - ja fast darum bittet -, daß man ihm keine Träne nachweint. Tetsu ist solch ein Vagabund. Sein Boß zieht sich aus dem Gangstergeschäft zurück, damit ist auch für ihn, den treuen Untergebenen, das Dasein als Yakuza vorbei. So glaubt er zumindest. Als dann aber sein Chef von einer anderen Yakuza-Gruppe hereingelegt wird, hilft er ihm aus der Klemme. Fortan ist Tetsu auf der Flucht vor seinen Häschern. Die Killer verfolgen ihn in die verschneiten Berge, dann in eine Hafenstadt, schließlich wieder zurück nach Tokyo. Tetsu legt sie alle um, auch seinen Boß, der ihn unterdessen verraten hat. Und er ist inzwischen so sehr von seinem aufrechten Vagabunden-Bewußtsein erfüllt, daß er selbst die treue Geliebte stehenläßt. Allein zieht er weiter. Bitte keine Tränen. Ein Mann, der tut, was er tun muß; ein existentialistischer Killer. Das ist irgendwie vertraut, aus dem französischen Kriminalfilm der 60er Jahre. Wenn überhaupt, dann ist diese knallbunte Story aber ein "Jean-Pierre Melville" in Comic-Format und Farben. Die Dominanz der Farben geht so weit, daß, als der Oberschurke sein Leben ausgehaucht hat, der bislang in tiefes Rot getauchte Raum urplötzlich hell erleuchtet ist. Dem Helden wird im übrigen die Farbe Blau zugeordnet, der Geliebten ein sattes Gelb. Das scheint auch schon fast der einzige Faden, der die Geschichte zusammenhält. Ansonsten macht sich Seijun Suzuki einen Spaß daraus, ihren Fluß bei jeder Gelegenheit zu unterbrechen. Unvermittelte Zwischenschnitte, abrupte Schauplatzwechsel, manchmal mitten in der Szene, eine Kamera, die immer wieder hektisch wackelnd versucht, die Sonnenbrille des Gangsters ins Bild zu bekommen. Suzuki zitiert ununterbrochen, aber er entstellt dabei so weit wie möglich. Weil die Spelunke am Hafen sich "Western-Saloon" nennt, geht es natürlich nicht ohne zünftige Schlägerei, in deren Verlauf das gesamte Etablissement auseinandergenommen wird. Und natürlich ist Tetsu, wie er so geht und steht und kettenraucht, ein japanisches Abziehbild von Alain Delon. Wo jedoch "Le Samourai" immer erst handelte, da gerät der "Tokyo Drifter" ständig ins Grübeln, so sehr ist er sich seiner selbst bewußt. Kein Wunder, daß er irgendwann anfängt, sein eigenes Lied mitzusingen.