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Filmplakat von The Sadness

The Sadness

99 min | Thriller, Horror | FSK 18
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In Taiwan breitet sich eine aggressive Mutation des neuartigen Alvin-Virus aus, doch das Land ist gespalten, wie es mit der Pandemie umgehen soll. Während die Regierung den Ernst der Lage herunterspielt, müssen die Menschen auf den Straßen um ihr Leben kämpfen. Die Straßen werden mehr und mehr bevölkert von sadistischen, sexuell enthemmten Monstern, die die Stadt in ein regelrechtes Blutbad verwandeln. Mord, Folter, Vergewaltigung und andere Gewaltexzesse nehmen eine verstörende Eigendynamik an. Inmitten des grausamen Gemetzels setzt der junge Junzhe (Tzu-Chiang Wang) alles daran, seine Freundin Kai Ting (Regina Lei) zu finden, die er am Morgen noch am anderen Ende Taipehs zu ihrer Arbeit gebracht hat. Auf der Suche nacheinander müssen sie bis zum Äußersten gehen, um eine Chance auf das Überleben zu haben.

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Filmkritik

Zombiefilme sind Pandemiefilme. Der epidemiologische Aspekt des Genres, der im Horrorfilm sonst hinter dem bunten, fantasievoll grausamen Spektrum der Symptome verborgen bleibt, wird in dem Zombiefilm „The Sadness“ von Rob Jabbaz mitgeliefert. Während Taiwan von der Epidemie unbeeindruckt dahinlebt, warnt ein einsamer Virologe im Fernsehen.

Die Botschaft hinter dem allzu gegenwärtigen Vokabular von ängstlichen Politikern, verschlafenen Lockdowns, „einer harmlosen Grippe“ und der Angst vor der Rezession wird überhört, während der Film die ersten Auffälligkeiten in die Normalität des gesellschaftlichen Alltags mischt. Diese Ansage ist dann aber auch das Ende der soziologischen und epidemiologischen Feinheiten, denen sich „The Sadness“ widmet. Sie dient nämlich nicht der Erweiterung, sondern der Verschiebung des Genres. Denn das Alvin-Virus, das in Taiwan ausbricht, kreiert keine Zombies, sondern es befällt das Gehirn, genauer gesagt: das limbische System. Jene Region, die für Emotionen und das Triebverhalten verantwortlich ist.

Ein Zombie ist hier niemand

Während der Virologe noch davor warnt, ist die Seuche längst mutiert. Die Infizierten, nun nicht mehr Herren ihrer eigenen Triebe, schlagen in die Soziosphäre des fiktiven Taiwans ein wie ein Terroranschlag. Dass sich der Ausbruch, der mit eruptiver Gewalt Alltagssituationen wie einen Restaurantbesuch oder eine U-Bahnfahrt mit Blut überschwemmt, anders anfühlt als eine generische Zombie-Epidemie, liegt an der Verschiebung. Zombie ist hier niemand. Die Infizierten sind keine Untoten, sondern Menschen. Die Gewalt, die sie den Neigungen nach, die das Virus auslöst, ausüben, ist nicht der reflexhafte Fleischhunger wandelnder Kadaver, sondern der bewusst in sadistische und sexuelle Gewalt kanalisierte Trieb lebendiger Menschen. Damit entfällt nicht nur die völlige Entbehrlichkeit der Infizierten, sondern auch die dem Genre oft inhärente Selbstverständlichkeit des gesellschaftlichen Kollapses.

„The Sadness“ hat seinem ziemlich plump in den Raum geworfenen Pandemie-Vokabular zwar wenig hinzuzufügen, doch allein der schiere Wille, es in geschmacks- und grenzübertretende Gewalt umzusetzen, die eben nicht gut zu verdauen, sondern oft grässlicher und sexueller Natur ist, lässt aufhorchen – besonders im multimedial aufgeblähten und zugleich eingefahrenen Subgenre des Zombiefilms.

Dem eruptiven Schock dieser Verschiebung lässt „The Sadness“ jedoch keinen nachhaltigen Eindruck folgen. Dafür erscheint der Film weder ausgereift noch losgelöst genug. Der von Filmkritikern oft zitierte Vergleich mit dem „Category III“-Genre des Hongkong-Films (der Name entlehnt sich der höchsten dort vergebenen Kategorie der Altersfreigabe) ist naheliegend, aber irreführend. „The Sadness“ ist zwar ohne Zweifel ein Exploitationfilm (und damit eine absolute Rarität in der zeitgenössischen Kinolandschaft), aber eine anarchische, aufwühlende und den Status quo zersetzende Kraft dahinter ist hier nirgends zu spüren.

Es fehlt die Richtung

Dem Film fehlt schlichtweg eine Richtung für die sadistische Energie, die er freisetzt. Emblematisch wirkt eine Szene, in der die erste Fernsehansprache des taiwanesischen Präsidenten damit endet, dass der oberste Befehlshaber ihm eine Handgranate in den Mund steckt und grinsend die Detonation erwartet. Der live im Fernsehen explodierende Präsident entlockt den Zuschauern aber gerade noch ein Schulterzucken. Die Welt von „The Sadness“ ist dermaßen eruptiv entkernt, dass keine Substanz mehr zu erkennen ist. Die vage Andeutung auf eine Politisierung der Epidemie reißt ebenso folgenlos ab wie das zwischenmenschliche Band, das die beiden Protagonisten Kat (Regina Lei) und Jim (Berant Zhu) noch vor dem Ausbruch der Seuche zusammenhielt.

Konzeptionell ist das Paar der menschliche Kern der Geschichte. Die Liebenden wachen am Schicksalstag gemeinsam auf, gehen dann aber verschiedene Wege, als sie die U-Bahn betritt, und versuchen im Chaos der sadistischen Seuche wieder zusammenzufinden. Dazwischen steht der eskalierende Aberwitz völlig deliranter Gewaltorgien. Das U-Bahnabteil hat sich wenige Minuten, nachdem ein Infizierter eingestiegen ist und ein Messer zog, mit Hektolitern Blut gefüllt. Als Kat die Bahn verlässt, flieht sie zusammen mit einer Frau, deren Auge vor einem alten Mann ausgestochen wurde, der schon vor der Infektion ziemlich zudringlich war und jetzt, mit der Axt in der Hand, nach Vergewaltigung und Folter lechzt. Jim sieht unterdessen, wie ein Bekannter im Stammlokal mit heißem Fett übergossen und gehäutet wird.

Bis zum letzten Wirt

Damit ist die Rolle der Hauptfiguren im Grunde auserzählt. Sie sind, wie alle anderen, die sich noch nicht in die mordenden Massen eingegliedert haben, Zeugen. Mit der Rückhand trifft der Film damit irgendwie doch auch die harsche Realität einer epidemischen Notlage, in der sich die Gesellschaft von den Infizierten zu distanzieren versucht, bis das Virus unweigerlich auch den letzten Wirt gefunden hat.

Erschienen auf filmdienst.deThe SadnessVon: Karsten Munt (5.1.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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