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Filmplakat von THE END

THE END

60 min | Horror
Tickets
Szene %1 aus %THE END
Von McDonald’s-Managern bis hin zu seltsamen Mitbewohnern – hier wird über alles gesprochen. Mit jeder Minute verschwimmt die Grenze zwischen Unsinn und Tiefgründigkeit, vor dem Hintergrund der letzten Sommerwoche vor dem College.

Vorstellungen

Kinoklub am Hirschlachufer
Kinoklub am Hirschlachufer
Hirschlachufer 1
99084 Erfurt

Filmkritik

In seinem Dokumentarfilm „The Act Of Killing“ (2012) prüfte der Filmemacher Joshua Oppenheimer, inwieweit menschliche Selbsttäuschung zu einer grundlegenden Verdrängung von Schuld führen kann. Täter, die an den systematischen Massakern in Indonesien während der 1960er-Jahre beteiligt waren, brachte Oppenheimer vor der Kamera zu „Reenactments“ ihrer Gräueltaten. Doch auch im schauspielernden Nachvollzug der Mordtaten zeigten die Männer keine besonderen Anzeichen von Reue.

Tief unter der Erde

Über ein Bewusstsein für die eigenen Verwicklungen in Unrecht verfügen auch die Figuren in Oppenheimers erstem Spielfilm „The End“ nicht. In den Tunneln eines Salzbergwerks weit unterhalb der Erde lebt eine Familie in eigens gebauten Räumen, die an die Kulissen eines Boulevard-Theaterstücks über die Bourgeoisie gemahnen könnten. Schuldig gemacht haben sie sich an den Menschen, die sie nicht in ihren hermetisch abgeriegelten Zufluchtsort aufgenommen haben. In Folge einer Verkettung von Naturkatastrophen, die der Film als Konsequenz einer menschengemachten Klimakrise offenlegt und die ein weiteres Fortbestehen auf der Erde unmöglich gemacht haben, ließ der Vater der Familie, ein reicher Ölmagnat (Michael Shannon), für sich und seine Angehörigen, einen unterirdischen Bunker errichten. Ein Diener, ein Arzt und eine Freundin der Mutter (Tilda Swinton) durften hinein. Alle anderen wurden ihrem tödlichen Schicksal überlassen.

Von Anbeginn lässt „The End“ keinen Zweifel daran, dass sich der Film mit Archetypen beschäftigt; die Figuren werden lediglich als Vater, Mutter und Sohn (George MacKay) bezeichnet. Es handelt sich um die sogenannte Kernfamilie, im US-amerikanischen Sprachgebrauch auch „Nuclear Family“ genannt; eine zusätzliche, unwillkürlich sarkastische Bedeutungsebene, die „The End“ durchaus mit bedienen möchte.

Die Reichen am Ende der Welt sind tagein, tagaus mit von Ennui gezeichneten Verdrängungsarbeiten verschiedener Art beschäftigt. Die Mutter verändert ständig die Hängung unzähliger Gemälde in den Räumen des Bunkers und ergeht sich in Fantasien von einer Vergangenheit als Balletttänzerin. Der Vater lässt sich von seinem Sohn kontrafaktische Memoiren auf den Leib schreiben, die seine Verwicklungen ins ökologische Weltdesaster herunterspielen. Die Worte deuten sein Handeln zu einer widerständigen klimaaktivistischen Arbeit aus dem Inneren des todbringenden Systems heraus um. Und der Sohn, der bereits unterirdisch geboren wurde und die Außenwelt nie gesehen hat, bastelt an einem historischen Modelleisenbahn-Diorama, das vom US-amerikanischen Bürgerkrieg hin zum Ölboom reicht. Gestört wird dieses fragile Gleichgewicht erst durch eine – wiederum namenlose – Frau (Moses Ingram), die sich geradezu gewaltsam Zugang zum familiären Refugium verschafft.

Eine Endzeitparabel als Musical

Diese nicht sonderlich verdeckt als schematische Endzeitparabel erzählte Geschichte kleidet Oppenheimer in die Form eines Musicals. Wie er die Inszenierung dieses Genres allerdings als vermeintliche Kitschproduktionsmaschine missversteht und gegen den Strich zu lesen versucht, trägt wesentlich dazu bei, dass „The End“ fundamental misslingt. Nur allzu deutlich möchte sich der Film nämlich von dem, was er irrigerweise für eskapistische Genre-Elemente hält, jenem kunstvollen Formüberschwang also, der Musik- und Tanzfilmkombinationen seit jeher auszeichnet, absetzen.

Wo in klassischen Musicals die gesungenen Lieder stets die Funktion einer expressiven Überhöhung von emotionalen Zuständen und Bedürfnissen erfüllen, verweigert sich „The End“ mit einer geradezu einfallslosen Widerborstigkeit jeglichen Affekten. Stattdessen bietet er immer wieder aufs Neue Songs, die jeglicher musikalischen Finesse und Eingängigkeit betont enthoben sind und von den Schauspieler:innen in einer mal affektiert stoischen, mal im Tonfall unpassend gefühlsmäßigen Art gesungen werden. Obwohl der Film damit auf falsches Sentiment verzichten möchte, erzeugt er unter umgekehrten Vorzeichen selbst permanent ebensolches.

 „The End“ ereilt damit das gleiche Schicksal wie zahlreiche andere Dekonstruktionen filmischer Formen vor ihm: Er gerät trotz aller bilderstürmenden Absichten lediglich zu einem schlechten Pastiche, das so eindimensional wirkt wie die falschen Grundannahmen, von denen aus er sich seinem Genre nähern wollte.

Erschienen auf filmdienst.deTHE ENDVon: Kamil Moll (19.3.2025)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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