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- RegieLawrence Richards
- Dauer82 Minuten
- GenreDokumentarfilmMusik
- Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Der Filmemacher Lawrence Richards steht an einer Wegscheide. Da er bald Vater wird, stellen sich weitreichende Fragen. Ist seine Karriere die Opfer im Privatleben wert? Soll er sein Familienleben vernachlässigen, um beruflich an die Spitze zu kommen? So wie es sein Vater getan hat, der berühmte britische Opernsänger John Treleaven. Richards beschließt, seinem Vater auf den Zahn zu fühlen, und nutzt dafür eine Einladung seines Vaters zu einem Konzert in seiner Heimat Cornwall; der pensionierte Sänger lebt mit seiner Familie seit den 1990er-Jahren in der Nähe von Mainz lebt.
Vater und Sohn fahren so im Sommer gemeinsam nach Cornwall, wo sie einige Wochen auf den Küstenstraßen unterwegs sind, um die Orte von Treleavens Kindheit und seine frühen Wirkungsstätten zu besuchen. Dabei gelangen sie auch in das kleine Fischerdorf Porthleven, wo Treleaven als Sohn eines Fischers geboren wurde und aufwuchs. Hier sang er auch im Chor, bis eine Konzertpianistin sein Talent erkannte. Sie organisierte Vorsingen im London College of Music und ebnete den Weg, damit der Junge aus der Provinz bei Sir William Lloyd Webber in London Gesang studieren konnte.
Um die ganze Welt
Das war das Sprungbrett für eine internationale Karriere. In rund 40 Jahren stand der Heldentenor in mehr als 100 Hauptrollen auf der Bühne, als Tristan, Lohengrin und Tannhäuser, Siegfried oder Siegmund, in berühmten Opernhäusern von Hamburg bis Tokio. Die Schattenseite dieser Karriere: Für die Auftritte in aller Welt war der Künstler oft monatelang unterwegs und ließ seine Frau und die beiden Kinder allein zurück.
Während ihrer Tour durch Cornwall befragt der Sohn den Vater nach Glücksmomenten und Rückschlägen, Erfolgen und Opfern, Leidenschaft und Entbehrungen. Dabei zeigt sich, dass Treleaven oft unter Einsamkeit litt und es nicht immer schaffte, dem Leistungsdruck an der Spitze standzuhalten. Zwischen die Gespräche werden Familienfotos und Schwarz-Weiß-Filmausschnitte, Interviews mit Musikern, Familienmitgliedern und Freunden sowie Aufnahmen von Bühnenauftritten Treleavens eingeschoben.
Gleich zu Beginn bekundet Lawrence Richards sein gespaltenes Verhältnis zu seinem Vater. Einerseits schaute er als kleiner Junge bewundernd zu ihm auf, weil er für ihn ein „real life super hero“ war, dessen Stimme Wände durchdringen konnte. Er genoss seltene gemeinsame Momente auf der Bühne und wollte selbst ebenso erfolgreich werden wie sein Vater. Andererseits litt Richards sehr unter den häufigen Abwesenheiten des Vaters.
Danach stellt Richards wichtige Stationen in der Karriere des Tenors vor und beleuchtet dessen Selbstverständnis als Künstler und Familienvater. Das filmische Doppelporträt plätschert innerhalb der Konventionen eines braven biografischen Films gemächlich dahin, wobei Drohnenaufnahmen die idyllische Küstenlandschaft Cornwalls vor Augen führen, die als dramaturgischer Kontrapunkt zu den „Talking Heads“ fungieren.
Auftritt der Ehefrau Roxane
Spannend wird der Film erst nach einer Stunde, als Treleavens Ehefrau Roxane offenbart, dass sie ihre eigene Karriere als Sängerin aufgab, um sich um die Erziehung der Kinder zu kümmern. Sie nahm einen Job als Chorassistentin an und betätigte sich als persönliche Managerin ihres Mannes. In einem zentralen Gespräch von zwischen Sohn und Mutter kommt auch die jahrzehntelange Alkoholabhängigkeit Treleavens zur Sprache, aus der er sich auf Drängen seiner Frau und mit Hilfe eines Suchtexperten schließlich befreien konnte.
Zu Treleavens Trunksucht äußert sich seine Frau nur knapp und diplomatisch, wenn sie betont, dass er Hilfe benötigte. Man kann sich aber nicht des Eindrucks erwehren, dass sie am liebsten den Mantel des Schweigens über ihre schmerzhaften Erfahrungen breiten möchte. Auch scheint der Dokumentarist im Gedankenaustausch mit seinem Vater an Grenzen zu stoßen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den zentralen Problemen der Familie unterbleibt. Eine weitere Leerstelle ist das Fehlen der Tochter, die in „Son of Cornwall“ nicht auftritt und nur auf frühen Familienfotos zu sehen ist.
Wenn Treleaven sich am Ende im leeren Saal des London Coliseum von der Bühne verabschiedet und bei einem Spaziergang am Mainzer Rheinufer in den Schoss seiner Familie zurückkehrt, scheint er Frieden mit seinen Dämonen geschlossen zu haben. Sein Sohn wartet mit einem hübschen Clou auf, der dem Filmtitel eine zusätzliche Ebene verleiht.