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Filmplakat von La Singla

La Singla

95 min | Dokumentarfilm, Historie | FSK 6
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Der Film erzählt die unglaubliche Geschichte von Antoñita “La Singla”, der Flamenco-Tänzerin, die in den 1960er Jahren Spanien und den Rest der Welt im Sturm eroberte. Sie ging mit Ella Fitzgerald auf Tournee, tanzte sogar für Dalí und trat im Olympia in Paris auf. Marcel Duchamp bewunderte sie und Jean Cocteau sagte über sie, sie “spuckte Feuer aus ihrem Mund und löschte es mit ihren Füßen”. Was diese Geschichte so anders und mystisch macht, ist die Tatsache, dass “La Singla” durch eine Infektion ihr Gehör verlor und auf dem Höhepunkt ihrer Karriere plötzlich spurlos verschwand. Fünf Jahrzehnte später rekonstruiert Paloma Zapata das Leben und die Tragödie von “La Singla”. Eine Geschichte über einen einst gefeierten jungen Flamenco-Star, die so packend ist wie “Searching for Sugar Man“.

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Filmkritik

Das Rattern der Eisenbahnschienen geht fließend in das Kastagnettengeklappere über, ins Stampfen der Füße und das Klatschen der Hände. Auf dem Höhepunkt ihres Erfolges in den 1960er-Jahren war die Flamenco-Tänzerin Antoñita Singla viel mit dem Zug unterwegs. Die Vibrationen der Schienen halfen ihr dabei, den Rhythmus für ihre Tänze zu finden. „La Singla“, wie sie genannt wurde, hatte durch eine schwere Infektion gleich nach der Geburt das Gehör verloren; sie konnte weder die Gitarre noch den Kantor hören.

Wenn man sich die Aufnahmen ansieht, die auf Youtube kursieren und die in der Dokumentation „La Singla“ der Ausgangspunkt einer biografischen Recherche sind, wird man unmittelbar in einen Bann gezogen. Das Tanzen mit der Beeinträchtigung ist mehr als ein Faszinosum. Ihre Fokussierung auf Schwingungen und visuelle Zeichen führten vielmehr zu einem singulären Stil. Beim Flamenco wirkt Antoñita Singla wie von Einsamkeit umhüllt; Wut und Traurigkeit liegen in ihrem Blick. Sie tanzt, als würde sie der Welt nicht wirklich angehören. Sie „spucke Feuer aus ihrem Mund und löschte es mit ihren Füßen“, sagte Jean Cocteau über sie.

Zwischen Meer & Eisenbahn

Antoñita Singla wurde 1948 als Tochter einer Gitano-Familie im Somorrostro-Viertel von Barcelona geboren. Ihre Familie lebte in großer Armut in den Baracken zwischen dem Meer und Eisenbahnschienen. Nach den ersten „stummen“ Jahren lernte sie durch das Ablesen von den Lippen das Sprechen. Früh zeigte sich auch ihr tänzerisches Talent. Im Alter von 12 Jahren trat sie in Kneipen Barcelonas auf, später tourte sie durch ganz Europa, hatte Auftritte in Paris, Berlin und Stuttgart, tanzte für Salvador Dalí und Marcel Duchamp. Auch in einigen Filmen war Antoñita Singla zu sehen, etwa in dem Musical „Los Tarantos“ (1963), einer als Flamenco getanzten Gitano-Version von „Romeo und Julia“. Oder in der Dokumentation „Die Geschichte der ‚La Singla‘“ (1964), die im Umfeld der deutschen Blues- und Jazzkonzertveranstalter Horst Lippmann und Fritz Rau entstand. Das von ihnen ins Leben gerufene erste Flamenco Gitano Festival brachte „La Singla“ nach Deutschland.

In ihrem dokumentarischen Porträt konstruiert die Filmemacherin Paloma Zapata einen etwas umständlich und gewollt wirkenden investigativen Plot, der den abrupten Rückzug der Flamenco-Tänzerin aus der Öffentlichkeit zu einem mysteriösen Verschwinden vom Erdboden überhöht. Dieses, an „Searching for Sugar Man“ angelehnte Verschwinden, initiiert eine Suche nach Spuren von „La Singla“, die am Ende vielleicht sogar zu der abgetauchten Tänzerin führen könnte.

Am Anfang sieht man die von einer Schauspielerin (Helena Kaittani) verkörperte Regisseurin bei Wikipedia-Recherchen und Materialsichtungen. Ein besonders dankbarer Archivfund sind dabei neben zahlreichen Fernsehaufnahmen die bildstarken Fotografien von Colita, die das Leben in Somorrostro dokumentierte und Antoñita Singla bei ihrem selbstabsorbierten Flamenco-Tanz auf Bildern festhielt. Auch ohne das Geklatsche, Gestampfe und Geklackere, das über die Fotografien gelegt ist, spricht aus ihnen Bewegung, Expressivität und Rhythmus.

Ein dunkler Schatten

Im Zuge ihrer Arbeiten nimmt die Filmemacherin Kontakt zu Antoñita Singlas ehemaligem Manager auf, der sie mit weiterem Material versorgt. Sie wälzt Fotoalben, blättert durch Kataloge, trifft Colita und nimmt Unterrichtsstunden bei einer gehörlosen Flamenco-Tänzerin. Recherchen führen die Regisseurin außerdem nach Somorrostro, wo nichts mehr an das frühere Viertel erinnert; die Baracken wurden abgerissen und die Bewohner:innen in ein anderes „Ghetto“ umgesiedelt. Dazwischen führt Paloma Zapata ihre Mutter und Großmutter in ungelenk inszenierten Spielszenen am Küchentisch in das Leben der Ausnahmetänzerin ein. Die Figur der Dokumentaristin drängt dabei immer wieder allzu stark in den Vordergrund. Dabei könnte Antoñita Singla zweifelsohne einen Film allein tragen; sie braucht keine Assistenz.

Am Ende ist es für Zapata dann gar nicht so schwer, Antoñita Singla zu finden; ihr Bruder führt ein Autohaus unter dem gleichen Namen, sie selbst lebt abgeschieden in einem kleinen Ort, ist Ehefrau, Mutter und Großmutter. „La Singla“ hatte mit Depressionen und Krankheiten zu kämpfen, der Vater, der nach Jahren der Abwesenheit plötzlich auftauchte und das Management an sich riss, liegt wie ein dunkler Schatten über ihrer Vergangenheit. An ihre Kindheit erinnert sie sich nur ungern. „Ich hörte nichts und sprach daher nichts. Deshalb war ich immer einsam. Es gab nur meinen Spiegel, meinen Tanz und mich.“

Erschienen auf filmdienst.deLa SinglaVon: Esther Buss (21.12.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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