- RegieKarl-Martin Pold
- ProduktionsländerDeutschland
- Produktionsjahr2017
- Dauer125 Minuten
- GenreDokumentarfilm
- Cast
- AltersfreigabeFSK 0
Vorstellungen
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Filmkritik
Marcus und Jorgo sind leidenschaftliche Fans von Bud Spencer und Terence Hill. Unzählige Male haben sie deren Filme gesehen bzw. gehört. Denn der Berliner Jorgo ist von Geburt an blind. Die Filme des Duos hätten ihm mit ihrem lebensbejahenden Galgenhumor Mut gemacht, mit seinem Handicap klarzukommen. Auch Marcus verknüpft sein Schicksal mit dem italienischen Haudrauf-Team. Nach einem Skiunfall in jungen Jahren drohte er querschnittsgelähmt zu bleiben. Doch als er im Krankenbett einen Film des Gespanns sah, konnte er wieder lachen. Die Botschaft des Klamauks, dass „eigentlich alles halb so wild“ sei, habe ihm durch die schwere Zeit geholfen. Der österreichische Filmemacher Karl-Martin Pold, selbst ein großer Bud-Spencer-Fan, bringt die beiden Protagonisten in seinem Kinodebüt zusammen und schickt sie auf eine abenteuerliche Reise – mit dem Ziel, ihr Idol Bud Spencer persönlich kennenzulernen. Ein Jahr nach dem Tod von Carlo Pedersoli (1929-2016), wie der Neapolitaner mit bürgerlichem Namen hieß, kommt der Dokumentarfilm nun ins Kino. „Sie nannten ihn Spencer“ will der Regisseur als Hommage an Kultfilme im Spiegel ihrer Verehrer verstanden wissen. Misst man den Film an seinem eigenen Anspruch, ist er gelungen. Fast alles dreht sich darin um den Fan-Kult, den Pold mit einer unterhaltsamen Collage von Ausschnitten aus den deutschen Synchronfassungen der Spencer/Hill-Komödien befeuert. So entsteht ein knackiges, kurzweiliges Potpourri der vermeintlich besten Sprüche, Schlägereien und Fressgelage. Angereichert wird diese Erzählebene durch Interviews mit Spencers ehemaligen Kollegen, Regisseuren, Komponisten, Schauspielern, aber auch Filmkritikern, die jede Menge Anekdoten liefern. Natürlich wird die Schwimmkarriere des zweimaligen Olympiateilnehmers erwähnt, der mit der italienischen Nationalmannschaft auch Europameister im Wasserball wurde. Auch dass er sich als Unternehmer und Erfinder versuchte, als Bibliothekar gearbeitet hat, Jura studierte, eine eigene Jeans-Marke auf den Markt brachte und dergleichen mehr kommt zur Sprache. Außerdem erfährt man, dass Bud Spencer wohl nicht nur halb blind, sondern auch furchtbar eitel war, was sich vor allem für seine Stuntpartner als gefährliche Mischung erwies. So soll er einen ehemaligen Box-Champion am Set versehentlich k.o. geschlagen haben. Der zweite, parallele Erzählstrang widmet sich dem Trip von Marcus und Jorgo, die bei ihrer Suche nach Bud Spencer zwar einige seiner ehemaligen Mitstreiter kennenlernen, aber immer wieder auch vor verschlossenen Türen stehen. Die beiden Hardcore-Fans schlüpfen dabei zunehmend in die Rollen ihrer Vorbilder. Marcus gibt den cleveren Hill, Jorgo den gemütlich brummigen Spencer. Zwischendurch unterhalten sie sich fast nur noch in Filmzitaten. Hills Synchronsprecher Thomas Dannenberg begleitet den Ausflug mit einem betont flapsigen Erzählerkommentar aus der Feder des Synchronregisseurs Rainer Brandt, der bereits dem Originalduo in einer äußerst freien Anverwandlung die blumigsten Sprüche in den Mund gelegt hat. Das Resultat ist oft schrecklich peinlich und immer belanglos, manchmal aber trotzdem furchtbar lustig. Nur ernst nehmen darf man es nicht. Die Szenen mit Marcus und Jorgo wirken authentisch, entpuppen sich aber als nachträglich inszeniert. Wenn die beiden nach wochenlanger Odyssee angeblich unangekündigt und gänzlich unvorbereitet in Spencers Büro in Rom klopfen, trägt das schon Züge einer Mockumentary. Ihre Geschichten von den vielen spontanen Begegnungen haben mit der realen Produktion des Films, der mit Hilfe von Crowdfunding über einen Zeitraum von acht Jahren entstand, offenbar wenig gemein. Hinter den vermeintlich flüchtigen Begegnungen verbergen sich auf mehrere Jahre verteilte, wiederholte Treffen. Interviews wurden sorgsam vorbereitet. Mehr als geschöntes Fandom bedient Pold mit seinen beiden Protagonisten und ihren sentimentalen Lebensgeschichten nicht. Doch auch sonst reicht der Film nie darüber hinaus. Der reale Mensch Carlo Pedersoli bleibt bis zum Schluss von der Ikone Bud Spencer verdeckt. Wenn Marcus beide miteinander gleichsetzt, weil sie dasselbe große Herz hätten, formuliert er gleichsam die ebenso triviale wie trügerische Quintessenz des Films. Für tiefere Einblicke, differenziertere Auseinandersetzungen oder gar Kritik bleibt im Rahmen dieser Legendenbildung kein Platz. Dabei ließe sich über manches trefflich streiten, angefangen beim sorglos cartoonesken Umgang mit Gewalt in den Filmen über die Rollenbilder bis hin zu Brandts eigenkreativer Synchronisation. Pold kratzt jedoch zu keiner Zeit an der Patina des nostalgischen Kults. Stattdessen werden die Spencer-Hill-Filme, die zum großen Teil von ihrem Camp-Charme und bisweilen großartig choreografierten Slapstick-Einlagen leben, zu cineastischen Meisterwerken verklärt. Besonders merkwürdig ist dabei die (Neben-)Rolle von Terence Hill. Als Interviewpartner erscheint Hill lediglich wie einer von vielen Weggefährten Spencers. Bei der Spurensuche von Marcus und Jorgo spielt er überhaupt keine Rolle. Dabei war es doch gerade die Dynamik des ungleichen Paars, die ganz wesentlich zum atemberaubenden Erfolg eines Leinwand-Duos beigetragen hat, das auch zwei Jahrzehnte nach seinem letzten gemeinsamen Filmauftritt noch immer eine beachtliche Fangemeinde begeistert.