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Filmplakat von Raub ihren Atem

Raub ihren Atem

110 min | Thriller | FSK 12
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Die letzte Nacht vor Silvester. Polizistin Maxine und ihr Partner Joggl brauchen einen Erfolg, sonst verlieren sie ihren Job. Ein Insider-Tipp führt beide in ein Luxushotel. Ihr Ziel: eine Liste mit den wahren Identitäten hunderter V-Leute und Informanten. Doch auch die Meisterdiebin Laura ist hinter der Liste her – und beginnt mit Maxine ein gefährliches Katz und-Maus-Spiel. Beide ahnen nicht, dass sie ins Visier des skrupellosen Laschla gekommen sind. Laura und Maxines Chancen, diese Nacht zu überleben, schwinden. Denn es geschieht, was nicht geschehen darf – sie verlieben sich.

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Filmkritik

Den Anfang macht ein Puzzle. Mehrere Geschichten fangen an. Weder versteht man, wie sie zusammenhängen, noch, wer diese Leute sind, die vor einer „Famiglia“ flüchten oder besoffen im Hotelflur Gäste umarmen. Es vergeht viel Zeit, bis die verschiedenen Anfänge zu einem gemeinsamen Plot zusammenfinden. Immerhin ist erkennbar, dass „Raub ihren Atem“ ein Thriller werden soll, und man ist durchaus dankbar, dass man nicht wie in US-amerikanischen Großkrimis ab der ersten Minute weiß, wohin die Reise geht und mit wem man sympathisieren oder gegen wen man wetten muss.

Noch 20 Minuten später wundert man sich, doch man hat genug anderes zu tun, als sich um einen kohärenten Ablauf zu kümmern. Denn der Film untersucht das Genre auf seine diversen Spielarten hin. Man bekommt Zitate aller Art, die Filmgeschichte wird abgegrast, über Dekaden und Kontinente hinweg. Die Auswahl richtet sich vermutlich nach den persönlichen Vorlieben des Regisseurs Andreas Kröneck, und die reichen vom Heist-Thriller zum Giallo, vom Bayern-Krimi zum Bad-Cop-Movie, und wenn man will, erinnern die Dramatik und die artifiziellen, blau und rot leuchtenden Bilder an die Vampire von Jean Rollin.

Sex als Köder

Das ist schön, aber verwunderlich in einem deutschen Krimi. Noch verwunderlicher ist, dass Kröneck zusätzlich ein Genre favorisiert, das sonst verschmäht in alten 35mm-Kopien vor sich hindämmert. Denn „Raub ihren Atem“ verkauft sich als „Erotik-Thriller“ – und hält dieses Versprechen auf Attraktion auch ein. Sex als Köder ist das Prinzip, das der Plot in unterschiedlichen Varianten nutzt. Es wird von Diebinnen eingesetzt, von Polizistinnen; Profis aller Art werden damit erfolgreich irritiert, egal auf welcher Seite.

Aber das ist nicht nur eine Spielerei, die kurz angerissen wird. In der Mitte hält der Film inne; er legt zumindest eine lange Pause ein, in der die Hauptfiguren ihr Ziel fast aus den Augen verlieren. Diese Pause ist der Verführung gewidmet. Kröneck versucht tatsächlich, der Erotik einen Auftritt zu geben. Er erinnert daran, dass es noch etwas anderes gibt als das, worauf das Kino sich meist versteift. Also schaut er weder zur Romantischen Komödie noch zum Beziehungsfilm, sondern dazwischen, zwischen das sexuelle Ungestüm und dessen domestiziertes Gegenstück, die Liebe.

Kröneck will das Begehren zeigen, und Begehren ist eine langsame Sache, eine Sache der Blicke und Berührungen, des Zauderns und der Wortlosigkeit. So inszeniert er es, und er sorgt auch dafür, dass die Bilder entsprechend aussehen. Sie neigen zum Pathos, sie sind nicht frei von Kitsch, verlassen aber trotzdem die Konventionen, mit denen Sex im Kino meistens einhergeht. Mal ganz abgesehen davon, dass es hier zwei Frauen sind, die sich begehren.

Feelgood-Faktor & Mundart

Diese beiden sind Jägerinnen, die eine wie die andere misstrauisch, starrsinnig und riskanten Entscheidungen zugetan. Sie verfolgen unterschiedliche Ziele und kennen sich nicht, bis sie an der Theke einer Hotelbar zusammentreffen. Dort stellen sie beim ersten Drink schon fest, dass sie lieber einander jagen wollen als ihre bisherige Beute. Kröneck lässt sie später in die Liebe gleiten, ein Feelgood-Faktor muss bedient werden, obwohl er den ziemlich gewagt mit seinen Mundart-Ideen wieder unterläuft. Denn das ist der nächste interessante Punkt: das Idiom ist Teil dieser Geschichte. Die miesen Bullen sprechen schwäbisch, die Diebe sächseln. Das kann durchaus auf Ablehnung stoßen. Andererseits trifft man eben Menschen mit Herkunft und mit Milieu im Hintergrund.

Es ist der Vorzug der Mundart, dass sie Vertrautheit herstellt. Das gilt im wirklichen Leben, wo sie auf gemeinsame Wurzeln verweist; das gilt auch im Kino, sonst würde nicht ganz Bayern nach den Eberhofer-Krimis schreien. Also liegt in dem Thriller die Verführung auch im Dialekt. Die beiden Frauen geben durch ihn etwas Privates preis, was im Hochdeutschen verborgen bliebe. Beide wissen das und lassen es zu. Wie sie im Bett macht Kröneck die Sprache im Film nicht zum Witz, obwohl er sich zwei Dialekte wählt, die nicht zu den schicksten zählen. Wobei die Abkehr vom Luxus und den Moden den Film bewusst durchzieht; ihm fehlt glücklicherweise die Eitelkeit der Großstadt. „Raub ihren Atem“ spielt in Heilbronn. Dort findet man bei aller Normalität eine straff organisierte Unterwelt, einen exaltierten Psychokiller mit Folterwerkzeug, einen feigen Inspektor, eine ehrgeizige Polizistin, eine listige Diebin und noch ein paar mehr klassische Motive in ein, zwei Handlungssträngen zu viel.

Jeder jagt jemand hinterher

Trotzdem ist die Geschichte, sobald sie herausdestilliert ist, relativ simpel. Ein Gangster hat eine Namensliste, mit der die Identität etlicher V-Männer gelüftet werden kann. Er will diese Liste an andere Gangster verkaufen. Die Diebin will sie stehlen, die Polizistin will sie beschlagnahmen. Es beginnt ein kleiner Reigen, in dem jeder hinter jedem herjagt, bis der Klügere gewinnt. Oder vielleicht die Dümmere, oder die Verruchtere. Jedenfalls kommt es zu Überraschungen, zu erstaunlichen Entscheidungen und Erklärungen, die gar nicht nötig wären, während Kröneck das stete Spiel mit den Genre-Konventionen beibehält.

Diese Mischung klappt womöglich nur deswegen, weil „Raub ihren Atem“ eine Produktion war, die nicht an der Filmförderung hing, sondern selbständig vom Heilbronner Studio HNYWOOD finanziert wurde. Es gibt keine Vorschriften, keine inhaltlichen Einschränkungen, man sieht quasi einen deutschen Autorenfilm. Unabhängiges Filmemachen in Baden-Württemberg. Klaus Lemke wäre entzückt. Obwohl man am Ende nicht so recht weiß, ob Andreas Kröneck nur seine „Guilty Pleasures“ in einer Geschichte versammeln wollte, oder ob er einen regionalen Blockbuster anvisiert. So weit wird es nicht kommen. Aber für Irritation – und für ein Vergnügen daran – sorgt er auf jeden Fall.

Erschienen auf filmdienst.deRaub ihren AtemVon: Doris Kuhn (17.12.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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