Filmplakat von Nothing Personal

Nothing Personal

85 min | Drama
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NOTHING PERSONAL erzählt von einer jungen Holländerin, die ihr Leben hinter sich lässt. Nur mit einem Rucksack und ein paar elementaren Gegenständen wie Zelt und Schlafsack bricht sie nach Irland auf und wandert dort in völliger Einsamkeit durch die Wildnis. Nur gelegentlich bedient sie sich des Autostops, doch diese Begegnungen sind ihr verhasst, denn sie will nur ihre Ruhe haben und sich die Menschen so weit als möglich vom Leib halten. Doch dann wird sie eines Morgens vom etwas älteren, gebildeten Eigenbrötler Martin (Stephen Rea) angesprochen, der ihr Essen anbietet, wenn sie ihm im Garten helfe. Anne stimmt zu, doch als es beim Abendessen zum Streit kommt, will sie wieder abhauen. Schließlich machen sie einen Handel: Essen für Arbeit, kein persönlicher Kontakt, keine Fragen. So kommen die beiden langsam in einen Trott hinein und arrangieren sich miteinander. Martin erklärt ihr die Arbeit, sie führt sie aus und er versorgt sie mit Mahlzeiten, welche er ihr jeweils bereit stellt, da sie nicht gemeinsam essen. Doch obwohl sie nur das nötigste miteinander sprechen, beginnen sich die Schutzmauern langsam abzubauen und sie lernen sich schrittweise etwas kennen. Doch wird sich Anne darauf einlassen, wird sie wieder sesshaft werden oder macht sie vielleicht vorher ihren Abgang?

Vorstellungen

Leider gibt es keine Vorstellungen.

Filmkritik

Eine junge Holländerin gönnt sich eine Auszeit. Sie hat ihre Amsterdamer Wohnung leer geräumt, persönliche Sachen verschenkt. In der Wildnis der westirischen Küstengegend Connemara hofft sie, endlich Distanz zum Alltag und dem Ende ihrer Ehe zu finden. Sie wirkt nicht verzweifelt, nur müde. Regen und Wind machen ihr nichts aus. Die Anwesenheit von Menschen ist ihr zuwider, lässt sich aber mit dem Verzicht aufs Trampen umgehen. Was sie sucht, ist Stille und Einsamkeit. Ein Ziel gehört nicht dazu. Als entfernte Verwandte von Sandrine Bonnaire in Agnès Vardas Klassiker „Vogelfrei“ (fd 25 543) genießt sie sichtlich den Zustand der Verwahrlosung einer Rebellin auf Wanderschaft, die bewaffnet mit Zelt, Schlafsack, feuerroten Haaren und einem abweisenden Blick dem Funktionsmodus eine Absage erteilt. Ganz entkommt Anne aber auch hier der eigenen Spezies nicht. In einem abgelegenen Haus trifft sie auf einen intellektuellen Sonderling, der ihr gegen Gartenarbeit Essen und Logis anbietet. Einzige Bedingung: Persönliches soll außen vor bleiben, schließlich gilt es, den mit Büchern, Musik und gutem Essen strukturierten Tagesablauf zu bewahren. Das emotionslose Abkommen kommt ihr wie gerufen. Dass sich das Verbot nicht einhalten lässt, zumal gerade die selbst auferlegte Einschränkung Neugierde weckt, erweist sich nicht nur als eine dramaturgische Notwendigkeit. Es ist der Beginn einer in fünf Kapitel nach Beziehungsstadien sezierten Annäherung zweier Einzelgänger, die Stephen Rea und der mit einem rätselhaften Maskengesicht gesegneten Entdeckung Lotte Verbeek die Gelegenheit zum ganz großen Schauspieler-Duell bietet, äußere und innere Metamorphose inbegriffen. Dass das herausragende Kinodebüt von Urszula Antoniak 2009 in Locarno fünf Preise abräumte, ist kein Wunder. Die polnischstämmige Regisseurin mit Wohnsitz in Holland macht aus ihren Kommunikationsverweigerern keine Helden gegen den digitalen Zeitgeist, eher Freiheitssuchende, die das Glück in der Abwesenheit von Freunden, Familie und sozialer Bindung wähnen – und erleben müssen, wie ihre autistische Schutzmauer allmählich Risse bekommt. Dazu passt, dass sich Antoniak einem psychologischen Steckbrief verweigert. Viel lieber konzentriert sie sich mit langen Einstellungen, kaum merklichen Naturgeräuschen und knappen Dialogen auf ihre reduzierten Mittel und beobachtet das Paar dabei, wie es inmitten einer eifersüchtig dazwischen funkenden Natur seine Zweckgemeinschaft begräbt. So karg die Inszenierung anmutet, der ausufernde Reichtum an Bildern ist es nicht. Ob mystisch aufblühende Landschaften oder tröstend gedämpfte Farben: Treffender lässt sich das seelische Aufwärmprogramm wohl nicht in der Außenwelt widerspiegeln. Dass die Harmonie von Bild- und Tonsprache auch noch ohne Rückgriff auf Sentimentalität gelingt, macht das Zweipersonen-Drama zu einem Glücksfall, vor dessen Folie das in der Schwebe belassene Ende nur konsequent erscheint.

Erschienen auf filmdienst.deNothing PersonalVon: Alexandra Wach (21.4.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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