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Filmplakat von Nach der Stille

Nach der Stille

84 min | Dokumentarfilm | FSK 12
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Es gibt viel, was diese Familien trennt. Eine Grenzmauer, zahlreiche Checkpoints und ein alter, aber immer wieder aktueller Konflikt. Und es gibt viel, was die Israelin Yaël Chernobroda und die Eltern des Palästinensers Shadi Tobassi verbindet. Denn am 31. März 2002 sprengte sich der junge Mann aus dem Westjordanland in einem arabischen Restaurant in die Luft und riss damit viele weitere Menschen in den Tod - unter anderem auch Dov Chernobroda, Yaëls Mann. Der Film begleitet diese Familien bei ihrem ersten Treffen nach dem Attentat, dem unfassbaren Schock und der Stille danach. (j.b.)

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Filmkritik

Dass sie keine Ahnung haben, sagen sie gleich zu Beginn ganz offen: Keine Ahnung von der arabischen Kultur, kaum Kenntnis vom israelisch-palästinensischen Konflikt und nur jenes Maß an Erfahrung, das Filmstudenten mit ihrem Metier eben erst haben. Marcus Vetter, Regisseur von „Das Herz von Jenin“ (fd 39 276) und Initiator des Projekts „Cinema Jenin“, hat Jule Ott und Stephanie Bürger dennoch als Regisseurinnen für das erste Filmvorhaben der „Cinema Jenin“-Initiative ausgewählt. Vielleicht gerade wegen dieser Naivität, mit der sich die jungen Frauen ihrem Thema annäheren. Sie könnte ein Vorteil sein, wenn es etwa um das Vertrauen der Protagonisten vor allem auf palästinensischer Seite geht. Vetter war Dozent der beiden Medienwissenschaft-Studentinnen aus Tübingen in einem Filmseminar. „Nach der Stille“ bricht den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern gewissermaßen auf ein Einzelschicksal herunter, vereinfacht eine komplexe, inzwischen viele Jahrzehnte andauernde Auseinandersetzung. Diese nahe liegende Kritik an dem Dokumentarfilm wird thematisiert, ebenso der gesamte Entstehungsprozess. Zu Beginn engagieren die beiden Regisseurinnen die junge Palästinenserin Manal Abdallah als Dolmetscherin und – weit wichtiger – als eine Art Mediatorin. Sie soll ihnen Zugang zur arabischen Welt verschaffen, die arabische Kultur vermitteln. Manal Abdallah wird als Co-Regisseurin aufgeführt, ihr Einfluss ist also nicht zu unterschätzen. Die junge Frau gibt ihren Bedenken vor der Kamera klar Ausdruck: „Die Idee des Films ist schwach“, sagt sie. Es sähe so aus, als wollten alle Israelis den Frieden. Ein wenig ist der Film wie ein Gegenbeweis konstruiert: Es werden alternierend immer beide Seiten gezeigt; auf beiden Seiten kommen „Hardliner“ zu Wort. Die unterschiedliche Rhetorik und Terminologie sind dabei sehr spannend, die naive Selbstreflexivität des Films ist meist eine Stärke. Der Blick der Regisseurinnen spiegelt eine verbreitete westliche Sichtweise auf den Konflikt, die sich primär aus Nachrichtenmeldungen speist. Der Film versteht sich als emotionaler Appell, nicht als nüchterne Hintergrund-Recherche. Dennoch arbeitet die Inszenierung nicht brachial emotionalisierend; der Einsatz von Musik beispielsweise ist verhältnismäßig zurückhaltend. Tatsächlich ging die Initiative für den Film und die finale Begegnung, um die er sich ausschließlich dreht, von einer Israelin aus. Yaël Chernobroda hat ihren Mann Dov verloren. Er starb als eines von 15 Opfern bei einem Selbstmordattentat in einem Restaurant am 31. März 2002. Der Selbstmordattentäter, Shadi Tobassi, der ebenfalls umkam, stammte aus Jenin. Dov war Architekt und Friedensaktivist, setzte sich Zeit seines Lebens für einen Dialog zwischen Israelis und Palästinensern ein. Seine Witwe schrieb einen Brief an Marcus Vetter, worauf dieser ihr vorschlug, die Familie des Attentäters in Jenin zu kontaktieren. „Nach der Stille“ ist ein filmisches Manifest der Versöhnung mit einer einfachen Botschaft. Kurz wird auch die Initiative des „Parents Circle“ erwähnt, eines Zusammenschlusses von Hinterbliebenen auf beiden Seiten. Der Sprecher der palästinensischen Seite verbalisiert diese Botschaft: „Wenn Opfer miteinander sprechen können, dann können das alle anderen erst recht.“

Erschienen auf filmdienst.deNach der StilleVon: Julia Teichmann (7.6.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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