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Filmplakat von Chinatown

Chinatown

75 min | Komödie, Action
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Filmkritik

Roman Polanskis Film aus dem Los Angeles von 1937 über einen auf Ehescheidungen spezialisierten Privatdetektiv spielt vor dem Hintergrund eines fast Hearstschen Imperiums und der scheinbar unangefochtenen Luxuslandschaft des neureichen Stadtteils Pasadena. Er erscheint in einem Augenblick, da die zur Mode gewordene Nostalgie die Repetition auch der Erfolgsliteratur des damaligen Amerikas zur Folge hat. Hier ist es Raymond Chandler, an den man sich erinnert fühlt, ist es die kühl-ironisch-selbstbewußte Art Philip Marlowes, die man in Nicholsons Darstellung des Privatdetektivs J. J. Gittes wiederfindet. Aber Polanski beläßt es von Anfang an nicht bei der Evokation einer erinnerungsverklärten Figur und des mit ihr verbundenen literarischen Spiels; seine ausgetüftelten Panavision-Einstellungen vermitteln die "historische" Handlung aus einer ganz und gar nicht historisierenden Perspektive. Die Wirklichkeit des Los Angeles von heute scheint allenthalben durch die Patina des Stoffes hindurch, so wie die kleine vergilbt braune Fläche der einleitenden Schrifttitel sehr rasch zum größeren Blickfeld des farbigen Breitwandbildes aufgezogen wird. - Was an Polanskis Film fasziniert, ist denn auch nur vordergründig der nostalgische Reiz der Begegnung mit einer perfekt rekonstruierten Chandler-Konstellation. Zunehmend fesselt darüber hinaus die ganz allmähliche Ausweitung des Krimi-Plots zu einer Affäre von weitaus relevanteren gesellschaftlich-politischen Dimensionen. J. J. Gittes bekommt einen Auftrag, Hollis Mulwray zu beschatten, den Leiter der für die Wasser- und Energieversorgung der Stadt verantwortlichen Behörde. Er soll Beweismaterial dafür sammeln, daß sich Mulwray mit einem jungen Mädchen trifft. Eines Tages wird Mulwrays Leiche aus einem Wasserspeicher gefischt. Die Tatsache, daß seine Auftraggeberin gar nicht Mulwrays Frau war, wie er vermuten mußte, hält Gittes nicht davon ab, seine Nachforschungen auch nach Mulwrays Tod fortzusetzen. Die wirkliche Mrs. Mulwray entpuppt sich als die Tochter des einflußreichen Noah Cross, der einst Mulwrays Partner war, als die Wasserversorgung der Stadt noch durch ein Privatunternehmen betrieben wurde. Gittes findet heraus, daß Cross ein sehr persönliches Interesse am Bau eines Staudammes verfolgt, mit dessen Errichtung eine großangelegte Grundstücksspekulation zum profitablen Millionengeschäft werden soll. - Was wie eine kleine Privatgeschichte angefangen hat, weitet sich im Verlauf des Films zu einer symptomatischen Skandalaffäre aus. Autor Robert Towne hat eine Menge zeitgenössischer Literatur über Los Angeles und seine Entwicklung in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts studiert, bevor er mit der Ausarbeitung des Drehbuchs begann. Die Standardwerke von Maura Mayo und Carey McWilliams gehörten ebenso dazu wie die damalige Detective-Fiction-Literatur. Die Story steuert denn auch immer weiter von der simplen Private-Eye-Geschichte weg, und Polanski verleiht ihr schon bald einen Aspekt, der den Zuschauer ahnen läßt, daß der Realismus des Krimis stellvertretend ist für eine weitaus komplexere Realität, die Realität der großen kalifornischen Geschäftsleute nämlich, jener Noah Cross-Millionäre, die darauf aus sind, die Zukunft zu kaufen, koste sie, was sie wolle. - "Chinatown" ist Polanskis Film über eine amerikanische Landschaft, die er aus eigener Anschauung kennengelernt hat. Die Sicherheit, mit der er für die Handlung Milieus wählt, die damals wie heute typisch sind, setzt sich fort in der Beschreibung der Personen, deren beherrschende Wesenszüge keineswegs der Vergangenheit angehören. J. J. Gittes ist (wieder einmal) die charakteristische Polanski-Figur des inmitten seiner vertrauten Umwelt vereinzelten Helden. Ebensowenig wie irgend eine Person seiner früheren Filme ist er eine Identifikationsfigur; an ihm werden Verhaltensweisen demonstriert, an ihm brechen sich die Reaktionen einer äußerlich humanen und intakten, hinter der Fassade jedoch hemmungslos selbstsüchtigen und korrupten Umwelt. Dabei ist er selbst kaum anders, wird nicht als Gegenpol eingesetzt, sondern ist folgerichtiges Produkt dieser Gesellschaft, in der keiner in der Lage ist, die eigene Isolation außer in Augenblicken konventioneller gesellschaftlicher Begegnung zu überwinden. Die geradlinig anlaufende Handlung verliert immer mehr ihre Einfachheit, spielt auf immer neuen Ebenen, die sich wie ein unentwirrbares Netz böser Erfahrungen über dem zäh seine Spur verfolgenden Privatdetektiv zusammenziehen. Man kann die Verflechtungen, die dabei Zustandekommen, nicht im einzelnen beschreiben, ohne dem Film seine Spannung zu rauben; so mag die Andeutung genügen, daß Polanski die Handlung schließlich in eine ebenso sinnlose wie bösartige Konsequenz münden läßt, die auf ihre Weise dem schockierenden Schluß von "Rosemaries Baby" in nichts nachsteht. - "Chinatown" spiegelt auch in der Machart Polanskis Erfahrungen mit dem "american way of life". Seine komplizierten Einstellungen sind von einer technischen Brillanz ohnegleichen, durch den Schnitt und unerwartete Veränderungen der Perspektive, durch absichtliche Wiederholungen ähnlicher Bilder und die Betonung von Kontrasten erscheinen aber auch sie gebrochen wie die Protagonisten, stellt sich hinter der Bewunderung für die artifizielle Fertigkeit allmählich die Irritation, der Zweifel an der Linearität der Story ein. Polanski unterstützt diesen Zweifel für die Film-Fans noch durch eine Reihe von ironischen Zitaten, die etwa an Bunuels "Würgeengel" und an Hitchcocks "Fenster zum Hof" erinnern, zwei Filme, deren Gegenstand gerade die Doppeldeutigkeit realer Vorgänge ist. Damit weist er frühzeitig schon auf die verblüffende Erfahrung hin, daß der Zuschauer vom Schluß her einen völlig anderen Film in Erinnerung haben wird, als er vorher lange Zeit zu sehen glaubt.

Erschienen auf filmdienst.deChinatownVon: BHR. (5.2.2025)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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