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Filmkritik
Von der US-Filmkritik hochgejubelt, von der amerikanischen Filmakademie für den "Oscar" 1968 vorgeschlagen, vom Verband der Auslandspresse in New York als bester dramatischer Film des Jahres ausgezeichnet, von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden als "Besonders wertvoll" prädikatisiert - mit diesen und noch einigen weiteren Auszeichnungen und lobenden Erwähnungen bekränzt kommt dieser Film in unsere Kinos. Doch die Häufung von Preisen und Anerkennungen sollte den Blick für die kritische Betrachtung des Werks nicht verstellen, sie ist hier sogar in besonderer Weise angebracht. Es scheint nämlich, als lasse der Respekt vor dem Thema - das Rassenproblem, eingebunden in eine Kriminalstory - allzuleicht über die künstlerischen Schwächen der Bewältigung dieses bewegenden Themas hinwegsehen.
Zum Inhalt: Der Polizeibeamte Sam Wood nimmt gegen 2.30 Uhr früh nach kurzer Unterbrechung die Streifenfahrten durch die Kleinstadt Sparta in Mississippi wieder auf. In einer Seitenstraße findet er den Leichnam eines Industriellen, der offensichtlich ermordet wurde. Bill Gillespie (Rod Steiger), der neue Polizeichef von Sparta, beginnt sofort mit den Ermittlungen, sieht sich aber überfordert. Einen Neger, den er zunächst als tatverdächtig verhaften ließ, der sich aber als Polizeidetektiv Virgil Tibbs (Sidney Poitier) aus Philadelphia ausweisen kann, fordert er schließlich zur Mitarbeit auf. Tibbs, auf Mordfälle spezialisiert, kommt dem unbekannten Verbrecher auf die Spur, doch die Zusammenarbeit mit Gillespie, einem engstirnigen Fanatiker und Negerhasser, erweist sich äußerst schwierig. Immer wieder kommt es zwischen den beiden Männern zu Spannungen und Differenzen. Aber im Laufe der Zeit lernen sich Tibbs und Gillespie mehr und mehr respektieren. Als dann der Mörder des Industriellen unter dramatischen Umständen von Tibbs gestellt wird und ein Geständnis ablegt - es ist der Griller aus der Snack-Bar an der Ecke -, haben sich Tibbs und Gillespie nicht nur als Menschen achten gelernt, sie sind sogar zu Freunden geworden. In der Stunde der Bewährung, wie der Film meint.
Die Gestalt des Neger-Detektivs Virgil Tibbs ist eine Erfindung des amerikanischen Schriftstellers John Ball; außer in seinem Roman "In the Heat of the Night" existiert Tibbs noch in den Büchern "The Cool Cottontail" und "Johnny Get Your Gun". Dieser Hinweis scheint mir als zusätzliche Information auch für die Beurteilung dieses ersten Virgil-Tibbs-Films nicht uninteressant. Er ist Norman Jewisons siebter Film; bisher drehte er vorwiegend Komödienstoffe (z. B. "Die Russen kommen, die Russen kommen"), ehe er sich mit "Cincinnati-Kid", einer Story aus dem New Orleans der dreißiger Jahre, dem harten Gangsterfilm zuwandte. Sein jüngster Film "In der Hitze der Nacht" gilt bei der US-Filmkritik als Verwirklichung seines bisher ambitioniertesten Drehvorhabens. Ich vermag beim besten Willen nicht einzusehen, was hier "ambitioniert" sein soll. Die Krimi-Story ist solide konstruiert und durchaus geeignet, spannende Unterhaltung zu vermitteln. Aber sowohl Balls Roman wie Jewisons Film wollen ja höher hinaus: es geht ihnen weniger um den Mordfall und seine Aufklärung, als vielmehr um die Darstellung des Konflikts zwischen Schwarzen und Weißen, ausgetragen am Zusammenprall und an der Zusammenarbeit des sympathisch-intelligenten Negers Tibbs und des engstirnig-arroganten Weißen Gillespie. Beide Männer empfinden starke Abneigung gegeneinander, wobei der Farbige es schwerer hat, denn er kämpft nicht nur gegen einen unbekannten Mörder, sondern auch gegen kleinstädtische Borniertheit und Vorurteile. Allein seine Existenz gilt in der Südstaatenstadt Sparta schon als Provokation. Die Lösung des Mordfalles ist für Tibbs eine Frage der Selbstbestätigung, ein Akt der Selbstachtung, die er sich schuldig ist. Für den "ugly americain", den häßlichen Amerikaner Gillespie dagegen ist der berufliche Erfolg der Ausweis, weiterhin zum bequemen Establishment gehören zu dürfen. Für ihn, den Opportunisten, ändert sich nach Abschluß dieses Falles nichts; die Achtung und Anerkennung, die er dem farbigen Kollegen entgegenbringt, ist eine Geste des Augenblicks. Möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß Gillespie wenige Minuten später einen anderen Neger, der ihm nicht gefällt, prügelt und einsperrt.
So ist denn auch das aufgesetzte Happy End mit den sich zuzwinkernden ehemaligen Kontrahenten die schwächste Passage dieses zwar gutgemeinten, aber in der Ausführung oberflächlichen, zu künstlerischer Vertiefung des Themas nicht findenden Films. Norman Jewisons Inszenierung präsentiert typisches amerikanisches Kino, das den Leuten das Denken abnimmt. Alle Sachverhalte werden wortreich erklärt und kommentiert, das Bild hat nur illustrierenden Charakter, die Bildsprache ist hier zweitrangig. Das Bild wird von Jewison benutzt, um die unverbindliche Moral des "Seid nett zueinander" zu plakatieren. Der Regisseur reduziert das Rassenproblem auf jene Unverbindlichkeit, wie das Unterhaltungskino Probleme zu sehen pflegt. Sein Film tut niemandem weh, er packt nur scheinbar ein heißes Eisen an und verabreicht Sozialkritik wohldosiert und ohne bitteren Geschmack. Die wirklich schönen Farben dieses Films (dem Thema ganz unangemessen) - sie erhalten keine Risse, keine Blasen; die gelackte Fassade des innerlich doch so zerrissenen Amerika wird nicht angekratzt. Und es entsteht ein falsches Bild von den Möglichkeiten der Farbigen, sich in der US-Gesellschaft beruflich durchzusetzen und den Menschenrechten gemäß den ihnen zustehenden Platz neben den Weißen einzunehmen. Dieser Neger-Detektiv Tibbs trägt zu viele Züge des Supermanns, er ist dem weißen Polizeichef so turmhoch überlegen, daß man auf den Gedanken kommen könnte, die Schwarzen schafften es schon aus eigener Kraft, nach oben zu kommen. Die Wirklichkeit sieht anders aus, wir wissen es. Alles, was hinter den äußerlich ausgespielten Effekten liegt, das Loten in die Bewußtseinstiefen seiner Protagonisten, spart Norman Jewison aus seiner Inszenierung aus. Man stelle sich vor, was z. B. ein Regisseur wie Arthur Penn("Ein Mann wird gejagt", "Bonnie und Clyde") aus diesem Thema gemacht hätte! Was hat sich eigentlich der Verleih dabei gedacht, wenn er in seinen Pressemitteilungen dankbar begrüßt, daß aus der Story "kein Problemfilm um die hochaktuelle Rassenfrage" wurde. Ja, warum eigentlich nicht? Weil er sich dann nicht verkaufen ließe, weil er die Leute zum Nachdenken anregen würde, weil er dann ein heißes Eisen wäre?
Die Überbewertung, die Jewisons Film nach meiner Meinung bei der amerikanischen Kritik erfahren hat, dürfte auf das exzellente Spiel von Sidney Poitier und Rod Steiger zurückzuführen sein, die den beiden gegensätzlichen Charakteren scharf umrissenes Profil geben und einiges von den Schwächen der Inszenierung wettmachen können. Trotzdem: Ich kann mir nicht helfen, der Film ist für mich die bildgewordene Phrase des Seid-nett-zueinanderund-alles-wird-sich-wenden. Schön wäre es ja.