



Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Radikaler noch als in ihren späteren Filmen bedient sich Chantal Akerman in ihrer Erstlingsarbeit des Mediums Film, das hier mit den "Gesetzen" des konventionell erzählenden Gebrauchskinos gar nichts zu tun hat. In langen Einstellungen, mehr angedeuteten als vollzogenen Schwenks und in schmucklosen schwarzweißen Bildern werden Abbilder eines sehr persönlichen Bewußtwerdungsprozesses geschaffen, der sich dem Zuschauer erst bei konzentrierter Aufmerksamkeit erschließt. Mit beklemmender Direktheit wird man mit den Ängsten und Vorstellungen einer jungen Frau - der Regisseurin selbst - konfrontiert: Ein Raum spiegelt eine isolierte Innenwelt, in der Stille und Bewegungslosigkeit herrschen. Wie in einem Zustand noch nicht bewußt gewordener Existenz räumt die Frau ihr Matratzenlager von einer Ecke in die nächste, verharrt immer wieder - ein Zustand innerer und äußerer Leere, die nach langer Zeit gefüllt wird mit Versuchen zur Kommunikation. Sie schreibt lange Briefe an eine imaginäre Person, überprüft das Geschriebene. Aus dieser Schwebe zwischen selbstbesinnender Meditation und Angst vor menschlichen Kontakten löst sie sich schließlich; die Erfahrung ihrer eigenen Existenz treibt sie in die Nacht, sie stoppt einen Lastwagen. Lange Fahrten über die Autobahn, unterbrochen von Pausen auf Rasthöfen, flüchtige Blicke, aber kein Kontakt zwischen der Frau und dem Fahrer - erst als er sexuelle Befriedigung verspürt, beginnt er zu erzählen, während sie stumm bleibt, eine beiläufige Statistin, ausgeschlossen von einer tatsächlichen Beziehung. Schließlich, in der gleichen Nacht, trifft die Frau eine Freundin: Ein weiteres Verhältnis zwischen zwei Menschen, rätselhaft bestimmt von latentem Rivalitätsdruck und einer heftigen sexuellen Begegnung, die während einer langen Einstellung in aller Heftigkeit dargestellt wird. Was menschliche Nähe, Wärme und Kommunikation bewirken könnte, wird zum fatalen "Höhepunkt", der als pessimistisches Resümee erscheint: Ich, du, er, sie - alles bleibt isoliert, unvereinbar. Chantal Akermans resignatives Essay wirkt zehn Jahre später immer noch provokant, seine formale und inhaltliche Rigorosität lösen Betroffenheit und Widerspruch aus. Angesichts vorherrschender Kinosehgewohnheiten wird ihr Film für manchen Zuschauer sicher eine Tortur sein, der man am ehesten mit einer ähnlichen Hartnäckigkeit begegnet, mit der die Regisseurin selbst vorgeht.