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Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Christian (Gard Løkke) hat einen Hund. Er kann aber nicht so recht sagen, was für ein Hund das ist. Sigrid (Katrine Lovise Øpstad Fredriksen) ist ein wenig verwundert über die Antwort, denkt sich aber nichts weiter dabei. Denn der Abend, der vom gemeinsamen Dinner bis in das Haus des offenkundig gut betuchten Charmeurs geführt hat, war gewissermaßen das perfekte Tinder-Date.
Mit Rosmarin und Knoblauch
Wer der Hund ist, mit dem Christian zusammenlebt, beziehungsweise welche Überraschung noch auf die schwer verliebte Studentin wartet, hat der Film bereits im Vorlauf zum Date geklärt. Die ersten Bilder von „Good Boy“ zeigen den Millionärserben Christian beim Kochen. Mit Rosmarin und Knoblauch wird die Butter aromatisiert, die er kontinuierlich über das Steak träufelt, das in der Pfanne brät. Während das medium gegarte Fleisch ruht, zieht der Hobbykoch den Spargel durch die Pfanne. Zur Vollendung des Mahls holt er die Kartoffelscheiben aus dem Ofen, bindet die Jus ab und richtet zwei Portionen an: eine auf dem Teller, eine im Napf.
Christian teilt das Essen mit seinem Hund. Frank, der hier mit aller Selbstverständlichkeit wie ein Haustier behandelt wird, ist nämlich kein Vierbeiner, sondern ein erwachsener Mann im Hundekostüm. Er krabbelt mit aufs Bett, holt sich seine Streicheleinheiten ab, jagt dem Spielzeug hinterher und begleitet sein Herrchen durch den peinlich genau durchstrukturierten Alltag des Nichtstuns. Der Millionärssohn arbeitet nicht. Er trainiert, kocht, räumt auf und durchforstet Tinder nach neuen Dates.
Das Treffen mit der Studentin Sigrid steht am nächsten Tag an. Christian kommt pünktlich, sie zu spät. Er trägt einen Dreiteiler, sie Jogginghose und Hoodie. Seine Augen sind ganz bei ihr, ihre rutschen immer wieder Richtung Smartphone ab. Und doch läuft es gut. Die Studentin begleitet den Erben nach Hause, ein paar Gläser Wein und einige ausweichende Antworten später landen beide im Bett. Am Morgen sitzt Frank an der Kante. Sigrid flüchtet. Aber warum eigentlich? Immerhin ist Christian ein guter Fang – charmant, reich und fürsorglich. Tatsächlich ist die Sache mit dem „Hund“ dann auch schnell erklärt: der Freund sei immer etwas seltsam und einsam gewesen. Jetzt sei er eben ein Hund, der niemanden sonst hat. Ein bisschen gruselig ist das Arrangement, aber dann eben doch kein Fetisch und also harmlos.
Eine banale Obskurität
Natürlich ist Sigrids Schlussfolgerung ein Trugschluss und die Wahrheit ebenso gruselig, wie sie auf den ersten Blick aussieht. Um die Antwort, was genau Frank denn sein soll, drückt sich „Good Boy“ aber ebenso wie der Protagonist. Als die Karten offen auf dem Tisch liegen, muss der Autor und Regisseur Viljar Bøe dann aber eingestehen, dass Frank nicht viel mehr ist als eine banale Obskurität, die im besten Fall als halbgare Metapher über Beziehungsdynamiken durchgeht. Denn „Good Boy“ hat weder ein Interesse daran, diese Dynamiken oder gar die Psychologie hinter den Figuren zu erkunden. Die schräge Prämisse, auf die sich der Film in seiner Gesamtheit stützt, wird nicht auf ihr thematisches oder cineastisches Potential abgeklopft, sondern als schlichter Gimmick vorgeschoben.
Der geduldig und en détail ausgebreitete Kennenlernprozess ist wenig mehr als ein künstlich gestreckter Weg Richtung eines Wochenendes zu dritt im zivilisationsfernen Ferienhaus. Alle Abgründe, die sich dort erahnen lassen, wo die Kamera für längere Zeit in die toten Augen des falschen Hundes blickt, werden für einen generischen Horror-Showdown aufgeben. Trauma, Perversion und Verdorbenheit werden nicht ausgelebt, sondern trockengelegt. Statt sich in einen Abgrund zu stürzen, gibt der Film sich selbst und dem Publikum lieber die Versicherung, dass ein Kostüm immer an- und ausgezogen werden kann, ein Mann kein Hund und das ihm übergestülpte Fell im schlimmsten Fall nur eine bis zur nächsten Wand gedachte Allegorie ist und nichts je wirklich Schmutziges intendiert war.