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Filmkritik
Colonel Mortimer dürfte der eleganteste Desperado-Killer sein, den der Wilde Westen bisher verewigt hat. Als ehemaligen Offizier zeichnet ihn eine kaum erreichbare Schießkunst aus, die ihn zum meisterhaften Kopfjäger zwischen San Diego und San Antonio gemacht hat. Nur einer kann mit ihm konkurrieren, Monco. Er hat auch schon die 10 000 Dollar im Visier, die auf den Kopf des über alle Grenzen gefürchteten Bandenführers stehen, um den sich deshalb bis zum brancherituell vorbereiteten Ende alles dreht: Indio, dessen teuflisch lachende Fratze von den Plakaten der Sheriffs starrt. Mortimer und Monco waren schlau genug, die sich gegenseitig bewiesene virtuose Zielsicherheit nicht weiter zum eigenen Schaden zu benutzen, sondern sich als Prämienrivalen gegen Indio zusammenzutun. Am Rio Grande del Norte spitzt sich der Kampf des Dreiecks zu, nachdem es Monco gelungen ist, in Indios Bande zum Schein mitzumachen, und Indio die reichste Bank in El Paso um ihren größten Schrank erleichtert hat. Dem waghalsigen Mortimer gelingt es sogar, vor den Augen des getäuschten Indio den erbeuteten Tresor so fachmännisch zu öffnen, daß den Scheinen nichts passiert. Nach manchen derart beängstigenden Zwischenspielen muß letztlich doch der Richtige dran glauben. - Der Weg des italienischen Regisseurs Sergio Leone ging vom unkünstlerischen Kolossalfilm ("Der Koloß von Rhodos", "Sodom und Gomorrha") zur künstlerisch beachtlichen Westernkopie harten südeuropäischen Zuschnitts ("Für eine Handvoll Dollar"). Diese Geschichte ist nicht ganz neu, wäre jedoch als Western-Action-Parodie ein prächtiger Wurf, wenn nicht aus Vergnügen am traditionellen Musterspiel der Westernjagd die Ironie oft mit auf der Strecke bliebe. Auch wird nicht schon dadurch am Heldenstatus gerüttelt, daß Mortimer einmal durch eigenes Verschulden in eine Situation gerät, wo er machtlos auf die Hilfe seines Rivalen angewiesen ist, um gegenüber Indio nicht der zweite zu sein. Vor allem aber ist der riesige Bedarf an Leichen nicht gerade ein Beweis für die Güte der pointierten Geschichte. Man zählt bereits während der ersten Filmrolle ein volles Dutzend, zu Beginn des zweiten Sechstels folgen dann weitere zuhauf, so daß statt Spaß an der versuchten Ironie bald Verdruß erwächst. Viele Typen am Rande sind zwar sorgsam ausgesucht, aber so übertrieben auf Abschaum maskiert, daß sie mit dem oft frappierend gut getroffenen Westernmilieu (trotz viel Bretter- und Pappkulisse) nicht mehr harmonieren. Hier bleibt besonders Klaus Kinski mit zuckender Gruselgrimasse, Perückenmähne und dick ausgestopftem Glöckner-Buckel in negativer Erinnerung. Dagegen überrascht das künstlerische Gespür Leones für sichere Handlungs- und Schauspielerführung, nicht selten in poesievollen Szenen, wo er sich geschickt der Farbkamera bedient und die treffsicheren musikalischen Akzente funktionell einzupassen versteht.