Kekse und Popcorn für ein großartiges Kinoerlebnis

Wir verwenden Cookies, um den Service, die Inhalte und das Erlebnis zu optimieren und teilen Nutzungsinformationen mit Partnern für soziale Medien, Werbung und Analyse. Mit dem Klicken auf "Alle akzeptieren" wird der Verwendung von Cookies zugestimmt. Eine Entscheidung gegen die Verwendung von Cookies kann dazu führen, dass einige Funktionen der Webseite möglicherweise nicht verfügbar sind.
Filmplakat von Das Mädchen mit der Nadel

Das Mädchen mit der Nadel

123 min | Drama, Thriller, Historie | FSK 12
Tickets
Szene %1 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %2 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %3 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %4 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %5 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %6 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %7 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %8 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %9 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Szene %10 aus %Das Mädchen mit der Nadel
Eine junge Frau kämpft im Kopenhagen nach dem Ersten Weltkrieg ums Überleben. Schwanger und arbeitslos wird sie von einer charismatischen älteren Frau aufgenommen, die eine illegale Adoptionsagentur betreibt. Eine unerwartete Verbindung entsteht, doch eine plötzliche Wendung bringt alles ins Wanken.

Vorstellungen

Apollo-Kino&Bar Aachen
Apollo-Kino&Bar Aachen
Pontstraße 141-149
52062 Aachen
b-ware! Ladenkino
b-ware! Ladenkino
Gärtnerstraße 19
10245 Berlin
Casablanca Filmkunsttheater Nürnberg
Casablanca Filmkunsttheater Nürnberg
Brosamerstraße 12
90459 Nürnberg
Studio-Kino Hamburg
Studio-Kino Hamburg
Bernstorffstraße 93
22767 Hamburg
Kulturzentrum Linse Weingarten
Kulturzentrum Linse Weingarten
Liebfrauenstraße 58
88250 Weingarten
Arena Filmtheater München
Arena Filmtheater München
Hans-Sachs-Straße 7
80469 München
Lichtspiel Kino Bamberg
Lichtspiel Kino Bamberg
Untere Königstraße 34
96052 Bamberg
Kommunales Kino Pforzheim
Kommunales Kino Pforzheim
Schloßberg 20
75175 Pforzheim
IL Kino Berlin
IL Kino Berlin
Nansenstraße 22
12047 Berlin
Galerie Cinema Essen
Galerie Cinema Essen
Julienstraße 73
45130 Essen

Filmkritik

Es beginnt mit einem Abstieg. Weil die dänische Fabrikarbeiterin Karoline (Vic Carmen Sonne) seit Monaten ihre Miete nicht bezahlen kann, verliert sie im Winter 1918 ihre Wohnung. Während sie den Vermieter erfolglos davon zu überzeugen versucht, dass er ihr eine letzte Chance gibt, lernt man eine junge Frau kennen, die durch ihre Hilflosigkeit zwar sympathisch wirkt, aber völlig verzweifelt und auf aggressive Art entschlossen ist. Gleich darauf ist Karoline bei ihrem harten Alltag in einer Textilfabrik zu sehen. Das Treiben ist hektisch, der Vorgesetzte ungeduldig, und ständig brechen die zu dünnen Nadeln ab. Unschwer zu verstehen ist, dass der raue und mitleidslose zwischenmenschliche Umgang eine Folge prekärer Lebensumstände ist.

Hoffnung auf ein besseres Leben

In der dunklen, schmutzig-kalten Welt, die Regisseur Magnus von Horn in „Das Mädchen mit der Nadel“ entwirft, glüht zunächst ein Hoffnungsschimmer auf. Karoline beginnt eine Affäre mit dem charmanten Leiter der Fabrik und glaubt für einen kurzen Augenblick, dass ein besseres Leben in Aussicht steht. Für die Geschichte dient dieser Moment jedoch dazu, die bald nicht nur schwangere, sondern auch arbeitslose Protagonistin in ihre Schranken zu verweisen. Ähnlich verhält es sich auch mit Karolines Kollegin, die den Sprung in den bürgerlichen Wohlstand geschafft hat und nun ein glückliches Leben als Ehefrau und Mutter führt. Mit jedem Besuch wird deutlicher, dass die zunehmend verwahrloste Karoline keinen Ausweg aus ihrem erbärmlichen Dasein finden wird.

Die Inszenierung wählt dafür eine Ästhetik, die zugleich realistisch und stilisiert ist. Mal lässt eine Handkamera das Geschehen aufgeregt und unmittelbar erscheinen, dann sind die Figuren wieder in statischen Einstellungen zentriert. Die Bilder erinnern in ihrem expressiven Schwarz-weiß an einen Stummfilm und wirken durch ihr fast quadratisches Format klaustrophobisch. Mit dem düster-sphärischen, überwiegend aus elektronischen Klangflächen bestehenden Soundtrack scheint die Komponistin Frederikke Hoffmeier zudem in die Abgründe von Karolines Seele zu ziehen.

Nicht nur die Stadt Kopenhagen, wie sie der Film zeichnet, ist nach dem Ersten Weltkrieg zerrüttet, sondern auch jeder Bewohner auf seine Art beschädigt. Selbst der wohlhabende Fabrikbesitzer bricht jämmerlich zusammen, als ihm seine dominante Mutter das Liebesglück verwehrt. Als Karolines an der Front verschollener Mann eines Tages mit einem entstellten Gesicht wieder auftaucht, jagt sie ihn angewidert davon, woraufhin er als Kuriosum in einem Zirkus landet. In seiner Gesellschaftsdiagnose ist der Film unmissverständlich: Die Grausamkeit, die einem Menschen widerfährt, gibt dieser zwangsläufig an sein Umfeld weiter.

Auch Mitgefühl wird zum Kalkül

So erweist sich auch vermeintliches Mitgefühl als Kalkül. Als Karoline in einem Badehaus mit einer Nadel ihr ungeborenes Kind töten will, hält sie Dagmar (Trine Dyrholm) im letzten Augenblick davon ab. Die Betreiberin eines Delikatessengeschäfts hat etwas Mütterlich-Sanftes an sich, stellt jedoch kurz darauf mit kühlem Blick klar, dass sie nicht die Wohlfahrt sei. Da Abtreibung noch illegal ist, nimmt Dagmar ungewollte Babys auf und vermittelt sie gegen eine Gebühr angeblich an wohlhabende Familien. Auch Karoline lässt ihr Kind dort, kehrt jedoch immer wieder zu ihrer vermeintlichen Retterin zurück, bis sie schließlich bei ihr einzieht.

Ähnlich wie in der Fabrik wird die Protagonistin auch in Dagmars finster verwinkelter Wohnung körperlich ausgebeutet. Sie soll dort nicht nur die Babys stillen, bevor sie vermittelt werden, sondern auch Dagmars viel zu alte Tochter.

In seiner fatalistischen Darstellung dieses Lebens wählt der Regisseur manchmal einen zu bequemen Weg. Wenn sich die Rückschläge und Demütigungen ballen, wirkt es, als glaube der Film, man könne eine Wahrheit nur dann besonders ungeschminkt zeigen, wenn man die Figuren möglichst viel leiden lässt. Spannender ist „Das Mädchen mit der Nadel“, wenn er in der Hoffnungslosigkeit noch Raum für Zweifel lässt. Etwa wenn Karoline wieder die Nähe zu ihrem Mann sucht; was weniger aus Liebe geschieht als deshalb, weil sie sonst niemanden hat.

Auch die Notgemeinschaft der beiden Frauen entwickelt eine seltsam ambivalente Dynamik. Karolines Mitbewohnerin basiert auf der historischen Serienmörderin Dagmar Overby, die von Trine Dyrholm mit gespenstischer Eindringlichkeit verkörpert wird. Nett ist sie meist nur aus Berechnung. Und doch schimmert hinter ihrem empathielos versteinerten Gesicht manchmal der Wunsch nach Nähe durch. So grausam Dagmars Taten auch sind, „Das Mädchen mit der Nadel“ lässt keinen Zweifel daran, dass auch sie aus der Brutalität resultieren, die ihr selbst widerfahren ist.

Momente der Verheißung

Wo es dem Film in seiner kontinuierlichen Abwärtsbewegung manchmal an Nuancen fehlt, weist er in seinen besten Momenten eine traumhafte, fast surreale Inszenierung auf. Gemeinsam nehmen Karoline und Dagmar Äther und geben sich mit glasigen, toten Augen dem Rausch hin, während ihnen die Wirklichkeit immer weiter entgleitet. Interessant sind diese Momente nicht nur, weil sie die ohnehin schon bedrohliche Realität noch weiter verzerren, sondern auch, weil in ihnen zugleich die Sehnsucht steckt, dass jenseits des zermürbenden Alltags etwas Verheißungsvolles sein könnte.

Erschienen auf filmdienst.deDas Mädchen mit der NadelVon: Michael Kienzl (8.1.2025)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
Über Filmdienst.de Filmdienst.de, seit 1947 aktiv, bietet Filmkritiken, Hintergrundartikel und ein Filmlexikon zu neuen Kinofilmen aber auch Heimkino und Filmkultur. Ursprünglich eine Zeitschrift, ist es seit 2018 digital und wird von der Katholischen Filmkommission für Deutschland betrieben. filmdienst.de