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Filmplakat von Fear And Loathing In Las Vegas

Fear And Loathing In Las Vegas

112 min | Drama, Komödie, Abenteuer
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Wir waren kurz hinter Barstow, inmitten der Wüste, als die Drogen anfingen zu wirken...Nevada, 1971: Begleitet von seinem Anwalt Dr. Gonzo rast Raoul Duke in seinem roten Cabrio gen Las Vegas. Für ein Magazin soll er dort von einem Autorennen in der Wüste berichten. Doch für die beiden steckt hinter dem Ausflug sehr viel mehr als eine bloße Reportage. Für sie bedeutet der Trip nach Las Vegas eine Reise in das wilde Herz der von Vietnamkrieg und diverser Skandale gebeutelten Vereinigten Staaten, bei der sie den amerikanischen Traum bei den Hörnern packen und ihm in die hässliche Fratze starren wollen. Ausgerüstet mit jeder denkbaren Droge unter der Sonne brechen sie auf zu ihrer Mission - und lassen sich dabei auch nicht von feindseligen Drogencops, dienst bewussten Highwaypolizisten, arroganten Hotelangestellten und ständig wiederkehrenden Horrortrips unterkriegen.

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Filmkritik

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die letzten, als unverfilmbar apostrophierten „Kultbücher“ ihrer Verfilmung anheimfallen. Bei Hunter S. Thompsons „Fear and Loathing in Las Vegas“ mischte sich in die Skepsis jedoch Erleichterung – mit einem Mann wie Terry Gilliam hinter der Kamera weiß man das Werk in jenen guten Händen, die eigentlich nur das Beste daraus machen können. Es spricht für den Ex-Monty-Python-Pionier, sich nach dem Kassenerfolg von „Twelve Monkeys“ (fd 31 828) einem derart sperrigen Gegenstand zugewandt zu haben – er hätte ohne Zweifel jeden anderen Stoff mit sehr viel Geld und großen Namen realisieren können. Doch Gilliams Vorliebe gilt nach wie vor dem Bizarren. Seine Entscheidung, einen ausschließlich auf literarischen bzw. psychedelischen Phantasmagorien beruhenden Film zu drehen, kann deshalb auch als Akt der Verweigerung gegenüber den großen Studios und ihren Marktstrategien verstanden werden: Gilliam postuliert mit „Fear and Loathing in Las Vegas“ seine künstlerische Integrität – eine seltene Eigenschaft im Filmgeschäft.

Als Shooting Star eines Anfang der 70er Jahre kurzzeitig modischen, extrem subjektiven Journalismus – dem „Gonzo-Journalismus“ – erhält Raoul Duke den Auftrag, von Los Angeles nach Las Vegas zu reisen, um für ein großes Magazin über ein Sandpistenrennen zu berichten. Gemeinsam mit seinem Freund und Anwalt Dr. Gonzo (!) macht er sich auf den Weg – den Kofferraum des knallroten Cabriolets vollgepackt mit Drogen jeglicher Spielart. Daß sie unter dem Einfluß von Alkohol, Mescalin, LSD, Marihuana, Kokain usw. die synthetische Wüstenstadt überhaupt erreichen, gleicht einem Wunder. Unter den halluzinatorischen Explosionen wird das Einchecken im Hotel zur schier unlösbaren Aufgabe. Dukes Job, die Berichterstattung vom Bikerrennen „Mint 400“, rückt schnell an den Rand seines Interesses; nur mit großer Mühe gelingt es ihm, einige bruchstückhafte Impressionen einzufangen. Weitaus wichtiger sind ihm die inneren Erlebnisse, die unter dem Einfluß diverser Chemikalien exzessiv voran getrieben werden. Da Innen und Außen immer weiter auseinander driften, bleibt eine Eskalation der Situation nicht aus. Ihr in Schutt und Asche liegendes Hotelzimmer hinter sich lassend, brechen Duke und Gonzo Hals über Kopf ins heimische Los Angeles auf. Doch auf halbem Wege erreicht sie ein erneuter Ruf an den Ort ihrer Untaten: Ausgerechnet von einer Polizeikonferenz über Drogenmißbrauch soll der stark derangierte Starreporter nun berichten. Das Karussell der Halluzinationen beginnt sich erneut – und noch rasanter – zu drehen: Die nächste Luxussuite harrt ihrer Verwüstung.

„Fear and Loathing in Las Vegas“ verkörpert innovatives Kino, das von der überbordenden Fantasie seines Regisseurs und der Spiellust des Hauptdarstellers Johnny Depp getragen wird. Gelegentliche Wiederholungen wird der sympathisierende Zuschauer gern in Kauf nehmen. Am wenigsten gelungen scheinen dabei jene Szenen, die mit Computertechnologie aufgeblasen wurden – ihnen fehlt schlicht die Seele. Zum Glück verläßt sich Gilliam über weite Strecken auf konventionelle Methoden. In seinen stärksten Momenten, etwa jenen im „Bazooka Circus“, erinnert der Film an die karnevalesken Aufmärsche eines Alejandro Jodorowsky. Zahlreiche Selbstzitate (z.B. aus „Brazil“, fd 25 074) und Anspielungen auf Arbeiten von Kollegen (z.B. auf Coppolas „Apocalypse Now“, fd 22 192) machen den Film zum unaufdringlichen kinematografischen Vexierbild. Das Grundproblem des erzählerischen Standpunktes geht die Inszenierung dabei unter Zuhilfenahme einer an den Roman angelehnten Off-Stimme an. Dieses Vehikel verrät eine gewisse dramaturgische Hilflosigkeit und birgt die Schwierigkeit, daß sich der „Point of View“ nicht immer nachvollziehen läßt, vor allem bei jenen Sequenzen, in denen Realität und Halluzination auf programmatische Weise verschwimmen. Doch hierbei handelt es sich um mehr oder weniger notwendige Zugeständnisse an das Medium. Denn von einem Plot im herkömmlichen Sinne läßt sich noch weniger sprechen als bei Cronenbergs „Naked Lunch“ (fd 29 515) nach William S. Burroughs Klassiker, der ebenfalls als unverfilmbar galt. Wie Cronenberg unternimmt Gilliam gar nicht erst den Versuch, einen Pfad erzählerischer Rationalität durch den Dschungel absurder Situationen und überschäumender Bilder zu schlagen. So zu filmen, wie man träumt, war von jeher sein filmisches Ideal. Dieser Vision vom absoluten Kino dürfte er nun ein ganzes Stück näher gekommen sein. Es bedarf allerdings einer gewissen Aufgeschlossenheit, um diese Qualitäten goutieren zu können. Sehr amerikanisch geht es zu bei dieser Mythenbewältigung (Bob Hope, Frank Sinatra oder Debbie Reynolds erleben Referenzen); auch Las Vegas selbst ist nur im Kontext uramerikanischer Phänomene zu begreifen. Die beiden Drogendesperados Duke und Gonzo verhalten sich zu dieser Stadt mit ihrem vergnügungssüchtigen Personal wie die „Dead Kennedys“ mit ihrer Adaption des Hits „Viva Las Vegas“ zum schnulzigen Original von Elvis Presley. Diese bitterböse Parodie ist nicht ohne Grund im Abspann des Films zu hören (obwohl sie historisch ja überhaupt nicht dazu paßt). „Eine wilde Reise in das Herz des amerikanischen Traumes“, heißt es erklärend im Untertitel der 1977 erschienenen deutschen Ausgabe von Hunter S. Thompsons Roman. Angesichts des anhaltenden Vietnam-Krieges und ausufernder innenpolitischer Skandale vollzog sich unübersehbar die Entfremdung einer ganzen Generation von den stets hochgehaltenen nationalen Werten. Was noch schwerer wiegt: 1971 war auch das Hoffnungspotential eines utopischen Gegenentwurfs bereits aufgezehrt, die Heimatlosigkeit somit doppelt geworden. In einer retrospektiven Passage des Films wird dieser Utopieverlust mit dokumentarischen Aufnahmen und Dukes kommentierender Stimme beschworen, der sich im Roman nur andeutete: Anfang der 70er Jahre war der Hippie-Traum längst ausgeträumt, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison waren an Drogen zugrundegegangen, die tödlichen Gefahren der bewußtseinserweiternden Euphorie nicht mehr zu übersehen. Vor allem aber hatte die Ermordung Sharon Tates durch Anhänger Charles Mansons 1969 eine schockierende Perversion des Kommunegedankens geliefert – „Love & Peace“ waren in Satanismus und Mord umgeschlagen. Diese Jugend konnte weder in den traditionellen Werten noch in den vermeintlichen Gegenentwürfen ein Zuhause finden. Die selbstzerstörerische Energie der beiden Protagonisten erklärt sich aus diesem Umstand. Es setzte sich in ihnen die Ahnung fest, daß es vielleicht doch keinen „Hüter des Lichts am Ende des Tunnels gibt“, wie es im Film heißt. Und doch wartet Gilliam bei allem Zorn und aller Bitterkeit mit einer großen Portion Melancholie auf; er trauert der Offenheit und Dynamik einer Epoche nach, die heute kaum mehr möglich scheint: „Als Hunter das Buch schrieb, gab es den Kosmos der politischen Korrektheit noch nicht – und ich hoffe, daß das auch wieder so sein wird, nachdem der Film in den Kinos war.“ Ein ebenso sympathischer wie naiver Wunsch.

Erschienen auf filmdienst.deFear And Loathing In Las VegasVon: Claus Löser (25.12.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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