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Filmkritik
Die 15-jährige Ella, die in der Originalfassung des Films „Ella und der schwarze Jaguar“ Autumn heißt, also „Herbst“, ist eine aufgeweckte, aber nicht ganz einfache und überaus kritische Schülerin. Als ihre neurotische Biologielehrerin im Unterricht Frösche sezieren will, ruft sie mit ihrem Handy gleich den Tierschutzbund an. Den auferlegten Gang zum Direktor nutzt das Mädchen, um am Schulgebäude riesige Banner gegen Tierversuche aufzuhängen. Unvermeidliche Folge: Ella wird von der Schule verwiesen. Ihr alleinerziehender Vater ist davon gar nicht begeistert; der Haussegen hängt schief.
„Ihr“ Jaguar ist in Gefahr
In eingeschobenen Rückblenden erfährt man, dass Ella im Dschungel des Amazonas aufwuchs. Ihre Eltern arbeiteten dort als Tierschützer. Ella schloss damals Freundschaft mit einem schwarzen Jaguar-Baby, das es Hope taufte. Doch nach dem tragischen Tod von Ellas Mutter kehrten das Mädchen und der Vater nach New York zurück. Ella hat Hope aber nie vergessen. Als sie davon erfährt, dass Wilderer im Amazonas bedrohte Tiere jagen und auch „ihr“ Jaguar, der inzwischen zu stattlicher Größe herangewachsen ist, in Gefahr geraten könnte, fliegt sie kurzentschlossen zum Amazonas. In ihrem Schlepptau befindet sich ihre Biologielehrerin, die Wind von der Rettungsaktion bekommen hat und das Schlimmste verhindern will.
Eigentlich will Regisseur Gilles de Maistre mit seinem Film genau das Richtige. Jugendliche sollen auf Natur- und Tierschutz, aber auch die Situation indigener Völker aufmerksam gemacht werden, deren Lebensraum schwindet und deren Kultur durch westliche Konsumgüter bedroht ist. Darüber hinaus geht es de Maistre wie schon in „Mia und der weiße Löwe“ (2019) um eine vom Aussterben bedrohte Tierart. In der 15-jährigen US-Amerikanerin Lumi Pollack haben jüngere Zuschauer zudem eine Identifikationsfigur, die durch Charme und Aufmüpfigkeit sowie durch Entschlossenheit und eine gewinnende Körperlichkeit überzeugt.
Auf den Punkt gebracht
Wenn der Jaguar Ella nach all den Jahren wiedererkennt und fröhlich mit ihr herumtollt, sie durch den Dschungel lotst und vor Wilderern beschützt, sind dies anrührend-faszinierende Momente. Doch de Maistre trägt seine Botschaft zu schlicht vor. Alles wird mit griffigen Schlagworten auf den Punkt gebracht; Gut und Böse sind streng unterschieden, Stereotypen von lebensklugen Naturvölkern und geldgierigen Weißen prägen den Film. Das lässt sich insbesondere an der übergewichtigen Chefin der Wilderer (Kelly Hope Taylor) festmachen, die wie eine Domina ihre skrupellosen Schergen dirigiert – Widerspruch zwecklos. Auch die kanadische Schauspielerin Emily Bett Rickards strapaziert mit ihrem outrierten, manchmal sogar hilflosen Spiel als überängstlich-nervöse Biologielehrerin die Geduld, die den Dschungel mit Minirock und High Heels entert, am Schluss aber mit viel Pathos via Fernsehstation zum Widerstand gegen die Bösewichter aufrufen darf.
Dabei sind dem Regisseur andere Dinge eigentlich wichtiger. Neben der außergewöhnlichen Freundschaft zwischen Mensch und Tier steht vor allem die Schönheit und Mächtigkeit der Natur im Vordergrund. Aufnahmen von grünen Flüssen, kleinen Seen, reißenden Wasserfällen und schaukelnden Baumwipfeln zeugen davon. Doch wenn Ellas indigener Onkel plötzlich Rousseau zitiert oder die Biologielehrerin ihren Absatz im Dschungel verliert, schlägt der Film falsche Töne an. Die Bedrohung der Natur gerät plötzlich aus dem Fokus.