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- RegiePeter Timm
- Dauer95 Minuten
- GenreKomödie
- Cast
- IMDb Rating7.3/10 (76) Stimmen
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Filmkritik
Eduard "Ede" Meier ist Tapezierer in Ost-Berlin. Mit Hilfe einer Erbschaft aus dem Westen und eines Fluchthelfers erfüllt er sich den Traum von einer Weltreise. Doch Meier fühlt sich in Ost-Berlin heimisch, und da er nun sowohl einen West- als auch einen Ost-Ausweis besitzt, nutzt er die Visumsmöglichkeiten und pendelt als eine Art "Mauerspringer" zischen den beiden Stadtteilen. Der "Doppel-Deutsche" denkt dabei durchaus an das Wohl seiner Tapezierbrigade und organisiert einen kleinen Handel mit westlichen Rauhfasertapeten, die seine Brigade in Rekordzeit verklebt. Probleme indes bekommt Meier mit seiner Freundin Lore, der er die nächtlichen Grenzgänge verheimlichen muß. Als eine Kommission auf die gute Arbeit der Brigade Meier aufmerksam wird, wird Meier zum "Helden der Arbeit" befördert, versäumt bei der Feier den rechtzeitigen Termin zum Grenzwechsel und wird festgenommen. Doch da nicht sein kann, was nicht sein darf - ein Held der Arbeit als Saboteur -, erfindet der `Stasi` eine geniale Lösung.
In der Welle der neuen deutschen Komödien ist "Meier" ein kleiner sympathischer Film, der das gesamtdeutsche Thema mit Humor und derart unverkrampft behandelt, daß die kleinen, eher ironischen als satirischen Spitzen gegen Systemmängel hüben und drüben durchaus treffen und keineswegs überzogen sind. Das resultiert zu einem Gutteil aus der realistisch wiedergegebenen Lebens- und Arbeitswelt, in der Rauhfasertapeten Luxus sind und in einem Fischlokal gelegentlich nur wenige Sorten zu haben sind. Eduard Meier verhält sich da wie ein sozialistischer Lebenskünstler, der aus der Not eine Tugend macht und erfinderisch wird. So entsteht der Eindruck, daß es sich im Arbeiter- und Bauern-Staat sehr wohl leben läßt, wenn man sich arrangieren kann. Auch daß der Stasi einmal humorvoll skizziert wird, ist eine Seltenheit in den Filmen über dieses Thema. Obwohl "Meier" im Mittelteil einige dramaturgische Längen hat und mehr pointierte Dialoge nötig hätte, kommt er "gut über die Runden". Zwar ist er nicht so rasant inszeniert wie Billy Wilders "Eins, zwei, drei" (1961 (fd 25138)), aber dafür ist er auch nicht so vergrübelt und kopflastig wie Reinhard Hauffs "Der Mann auf der Mauer" (1982 (fd 23668)). Für Entspannung zu sorgen und für Entkrampfung gegenüber einem Tabu-Thema ist das Schlechteste nicht.
Hans Gerhold stellt in der Großstadt seine Selbstachtung auf eine harte Probe. Er begegnet den tagtäglichen Demütigungen mit Trotz, bis ihm sein Boss Gallucci, der als italienischer Einwanderer in derselben Lage war, auf die Schliche kommt und ihn anspornt, das Versäumte nachzuholen.
Was diesen Film so sympathisch macht, sind der Verzicht auf den didaktisch erhobenen Zeigefinger und das Gespür für die richtige Mischung aus Realismus und Sentimentalität. Obwohl die Menschen allesamt fast zu edel sind, um wahr zu sein, überschreiten sie nie die Schwelle zum verlogenen Rührkitsch. Das ist in erster Linie das Verdienst der Drehbuchautorin. Sie erfindet eine Reihe von Situationen, die Jesses Dilemma und zunehmende Irritation wortlos ausdrücken. Gary Nelson setzt diese Szenen in lapidare Bilder um (z. B. als Jesse der Polizei auffällt, weil er sich im Labyrinth der Verkehrszeichen nicht zurechtfindet). Die Kamera beobachtet das Geschehen nahezu unbewegt aus dem Hintergrund, für die entscheidenden Signale sorgt die Montage. Die Schauspieler agieren bemerkenswert zurückhaltend; trotz des Superstars Johnny Cash ist dies ein Film mit, nicht für Cash, und der Veteran Eli Wallach ist als schlitzohriger Gemüsehändler hinreißend wie selten zuvor. Hoffen wir, daß dieser Film weder durch den idiotischen deutschen Titel noch durch das ordinäre Kassettenbild an das falsche Publikum gerät und untergeht, weil er dessen Erwartungen nicht erfüllt. Dies ist keine dümmliche Schulklamotte, sondern ein diskussionswürdiger Beitrag zu einem ernsten Thema, der Pädagogik und Unterhaltung fast perfekt verbindet. Vinzenz B.