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Filmkritik
Der Einbruch eines Fremden in die eigene Wohnung ist eine äußerst unangenehme Erfahrung: Die eigenen vier Wände sind der private Schutzraum, eine Trutzburg, die Intimität und Freiheit garantiert. Hier ist man niemandem Rechenschaft schuldig, hier ist man unbeobachtet. Wenn ein anderer unbefugt diesen Raum verletzt und der Privatheit stört, ist dies ein ebenso beängstigendes wie vertrauenserschütterndes Erlebnis. In „Don’t breathe“ von Fede Alvarez geht es darum, das Heim und alle Geheimnisse, die es birgt, zu schützen, koste es, was es wolle. Rocky will die düsteren Straßen von Detroit gegen die sonnendurchfluteten Strände Kaliforniens tauschen. Dafür braucht sie Geld. Zusammen mit ihrem Partner Money bricht sie in leerstehende Häuser ein, um Wertgegenstände und Bargeld zu klauen. Schnell rein, ebenso schnell wieder raus. Der große Wurf war noch nicht dabei, doch dann erfahren die beiden von einem todsicheren Ding: In einem Häuschen in einem verlassenen Stadtteil von Detroit bunkere ein blinder alter Mann 300.000 Dollar. Was soll da schiefgehen? Rocky und Money rekrutieren ihren Inside-Man Alex, der die Codes für die Alarmanlage besorgt, beobachten das Haus einige Tage lang, um die Gewohnheiten des Besitzers auszuspionieren, und legen dann los. Doch kaum ins Haus eingestiegen, merkt das Trio rasch, dass mit dem Blinden nicht gut Kirschen essen ist. Der ist nicht nur ein hochqualifizierter Kriegsveteran, sondern kann sich im Nahkampf in Daredevil-Manier auf seine anderen Sinne verlassen. Der Schutz der Dunkelheit ist so ad absurdum geführt, weil sie angesichts des blinden Opfers für die Einbrecher keinen Vorteil darstellt. Das Haus wird zum Gefängnis, dem man nicht so einfach entfliehen kann. Und zur tödlichen Falle, die bald ein erstes Opfer fordert. Das ist die Prämisse für einen packenden, nervenzerrenden „Home Invasion“-Thriller, der sich den Klischees des Genres verweigert und einige überraschende Wendungen bereithält. Die Inszenierung kann sich dabei ganz auf die Atmosphäre der Ausgangslage verlassen: ein dunkles Haus, ein unberechenbarer, skrupelloser und übermächtiger Gegner, ein starker Überlebenswille, aber auch die Gier nach Geld, die der eigentliche Antrieb zur Handlung ist. In seiner Grundkonzeption erinnert der Film an „Green Room“ (fd 43 926), in dem ebenfalls mehrere Jugendliche in einem Raum gefangen sind und sich gegen gewaltbereite Bewacher wehren müssen. Auch Alvarez geht geschickt mit den Beschränkungen durch Raum und Zeit um. Öffnet sich tatsächlich einmal eine weitere Tür, so hält sie nur noch mehr Schrecken bereit, und nicht einmal die zwischenzeitliche Flucht ins Freie sorgt für Katharsis: In den Vororten von Detroit lauert die Hölle überall. Wie die Punkband-Mitglieder in „Green Room“ sind auch die drei jungen Protagonisten für das, was hier auf sie zukommt, nicht geschaffen. Sie sind Einbrecher, die das Risiko scheuen. Sie sind Jugendliche aus bürgerlichem Hause, die die falschen Mittel für Erfolg und Wohlstand gewählt haben. Nun sind sie gezwungen, sich an die wechselnden Machtverhältnisse auf fremdem Terrain anzupassen und Lösungen für ihre Zwangslage zu finden. Alvarez verzichtet auf billige Schockeffekte; Spannung entsteht aus den Charakteren und der Art und Weise, wie sie auf die ihnen aufgezwungenen Umstände reagieren. Und dann gibt es auch noch den Hauptdarsteller Stephen Lang, der mit seinen 64 Jahren erstaunlich agil wirkt und in jeder Situation glaubwürdig belegt, dass seine Figur blind ist. Ein beängstigender Mann, dem man nicht begegnen möchte.