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Filmkritik
Während es rund ums Weihnachtsfest eine eigene Filmindustrie gibt, die am Fließband romantische Winterbilder mit Schlittschuhen, Mistelzweigen und grün-rotem Ornament produziert, kommt Ostern im Kino praktisch nicht vor. Für die Kinder haben sich in den letzten Jahren aber ein paar Animationsfilme daran versucht, dem Osterhasen einen Platz auf der Leinwand zu verschaffen. „Hop – Osterhase oder Superstar?“ (2011) machte einen ersten Versuch. Die beiden „Häschenschule“-Filme „Jagd nach dem Goldenen Ei“ und „Der große Eierklau“, die lose an das Kinderbuch von Albert Sixtus aus den 1920er-Jahren angelehnt waren, etablieren immerhin eine einigermaßen komplexe Mythologie rund um die Ausbildung und den Arbeitsalltag der Eierverstecker. Geradezu größenwahnsinnig wirkt im Vergleich dazu „Die Hüter des Lichts“ (2012), in dem ein erstaunlich großer Osterhase gemeinsam mit dem Weihnachtsmann, der Zahnfee und dem Sandmann die Träume aller Kinder retten muss.
Wenn die Glocken schweigen
Mit dem christlichen Fest hat all das nichts zu tun, was aber nicht überraschen sollte; das trifft ja auch auf die wenigsten Weihnachtsfilme zu. Ähnlich verhält es sich beim Animationsfilm „Die kleine Glocke Bim rettet Ostern“, auch wenn dessen Handlung auf einer religiös grundierten Ostermythologie beruht. In Belgien bringt nicht der Osterhase den Kindern Schokolade, sondern dafür sind die Kirchenglocken zuständig. Diese fliegen, so sollen es die kleinen Kinder glauben, zwischen Gründonnerstag und Ostersonntag nach Rom, wo sie zunächst vom Papst gesegnet und anschließend mit Süßigkeiten und Geschenken gefüllt werden, mit denen sie dann nach Hause zurückkehren.
Diese Aufgabe wird eigentlich nur erfahrenen, ausgewachsenen Glocken zugetraut. Doch weil bei den jährlichen Auswahlübungen etwas schiefgeht, werden die noch jungen Glocken Bim, Bommel und Pi nach Rom geschickt – zusammen mit der älteren, recht hochnäsigen Glocke Aurora, die Böses im Schilde führt. Sie will das „Elixier des Frühlings“, das die Glocken aus Rom holen, ganz für sich allein haben. Ein ewiger Winter würde drohen!
Trick- und Realaufnahmen werden kombiniert
Anders als viele Animations-Abenteuerfilme für Kinder bestehen die aufregenderen Sequenzen der Glockenreise nicht nur aus Verfolgungsjagden mit viel Geschrei, obwohl es diese auch gibt. Der Film bietet etwa mehr Abwechslung, was zugleich eine Ahnung davon vermittelt, warum Physik ein interessantes Schulfach sein könnte. Denn die Hebelgesetze spielen darin eine größere Rolle und auch die korrekte Stellung von Flügeln für den optimalen Auftrieb.
Das charmanteste Merkmal des Films von Tom Van Gestel ist allerdings, dass er reale Natur- und Hintergrundaufnahmen oder ihr täuschend echtes, fotorealistisches Äquivalent mit computergenerierten Bildern und vor allem mit Glocken mischt. Die Glocken sind dabei nicht übermäßig glatt, sondern voller Abnutzungsspuren und Kratzer.
Inhaltliche Komplexität oder vielschichtige Charaktere sucht man dennoch vergebens. „Die kleine Glocke Bim rettet Ostern“ will nicht mehr als simple Unterhaltung zum österlichen Anlass bieten, eine Frühlingsgeschichte ohne wirklichen Mehrwert außer den üblichen pädagogischen Oberflächenthemen: Freundschaft, Zusammenhalt, Einsatz für die Gemeinschaft.
Liebeshungrige Kuhglocken
Unterschwellig schleicht sich allerdings die Warnung vor alternden Frauen ein, bei denen der äußerliche Verfall als Rost sichtbar wird. Sie verfolgen, so viel latente Misogynie muss sein, womöglich böse Pläne und spannen liebeshungrige Kuhglocken für ihre egoistischen Zwecke ein.