- RegieNoël Alpi
- ProduktionsländerDeutschland
- Dauer95 Minuten
- GenreDrama
- Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Die Umstellung auf erneuerbare Energien schreitet in allen Teilen Europas voran. Dabei wird verstärkt auf Windkraft gesetzt. Die stählernen Ungetüme sind allerdings nicht unumstritten, da sie die Landschaft verschandeln und kleine und größere Flugtiere töten. Mit dieser Ausgangssituation sieht sich in „Die Farbe des Windes“ auch die junge deutsche Ingenieurin Luna (Laura Berlin) konfrontiert. Sie fährt in ein Dorf in der Provence, um dort für Windräder zu werben, die für den Strombedarf eines Umspannwerks benötigt werden. Dafür muss jedoch mindestens einer der ortansässigen Lavendelbauern ein Stück seines Landes verkaufen.
Die Betreiber des Projekts haben auch schon einen Kandidaten im Auge. Es ist Guy (Aurélien Recoing), der mit seiner Frau Colette (Elise Larnicol) und dem 19-jährigen Lionel am Rande des Dorfes wohnt. Die drei stellen eine Patchworkfamilie dar. Guy und Colette haben spät geheiratet; Colette brachte ihren Adoptivsohn mit in die Ehe. Lionel ist ein sehr ausgelassener und unkonventioneller junger Mann, der eher wie ein großes Kind wirkt. Als Luna ihn zum ersten Mal sieht, fährt er mit seinem Fahrrad gewagte Manöver auf der Landstraße und schert sich nicht um Verkehrsregeln oder darum, was andere von ihm denken. Im Dorf gilt er als Außenseiter. Die Bewohner werden nicht recht schlau aus dem naiven jungen Mann und machen sich über ihn lustig.
Ganz im Hier und Jetzt
Auch seine Mutter Colette macht sich Sorgen um Lionels Zukunft. Denn bei seiner Lehre in der Metzgerei strengt er sich nicht besonders an. Am liebsten streift er mit dem Motorrad oder dem Fahrrad durch die Natur und lebt offenbar nur im Hier und Jetzt. Er himmelt die hübsche Luna an, die als einzige im Dorf freundlich zu ihm ist. Sie nimmt ihn sogar mit auf eines der Windräder, das gerade installiert wurde.
Dabei hat sie aber nicht Lionels Unberechenbarkeit bedacht. Weil ihn die Sicherheitsgurte stören, schnallt sich er sich in luftiger Höhe kurzerhand ab und stürzt fast in den Tod. Das hat Konsequenzen für Luna. Aber auch Colette bekommt immer mehr Probleme mit Lionel, obwohl sie ihm jeden Wunsch von den Augen abliest, ihm mal eine neue Lederjacke, mal ein gebrauchtes Motorrad schenkt. Der Bau der Windräder tritt damit immer mehr in den Hintergrund.
Damit ist eines der Probleme von „Die Farbe des Windes“ auch schon benannt. Seine Geschichte erzählt Regisseur und Drehbuchautor Noël Alpi dermaßen unfokussiert, dass man nicht recht weiß, worum es in dem Film eigentlich geht. Wird Luna anfangs als tragende Figur eingeführt, verschwindet sie allmählich aus dem Film, genau wie die Windräder, die den Dörflern anfangs noch eine erhitzte Diskussion im Rathaus wert sind. Wie ein Dorf sich anhand einer brenzligen Sachlage entzweien kann, hätte einen sehenswerten Handlungsstrang abgeben können. Auch dass sich die Ingenieurin Luna in einer von Männern dominierte Branche behaupten muss, wird nur kurz erwähnt.
Auf stählernen Beinen
Anfangs taucht man noch in die Welt der Windräder ein und sieht, wie die riesigen Konstruktionen errichtet werden, welcher Aufwand dafür nötig ist und welche Gefahren sie in der Bedienung mit sich bringen. Recht ausführlich und filmisch kompetent wird auf der Leinwand eine Welt beleuchtet, die man sonst eher aus Fernsehreportagen kennt. Doch diese Beobachtungen werden bald zur Nebensache.
Auch Colettes Arbeitsumfeld, eine Fabrik, in der sie öde Fließbandarbeit verrichtet, gibt einen Einblick in den Strukturwandel auf dem Land, in dem die wenigsten noch von der Landwirtschaft leben können. Allerdings erfährt man über das alltägliche Leben der Lavendelbauern so gut wie nichts. So bleiben auch die Konflikte der Eheleute Guy und Colette abstrakt.
Stattdessen konzentriert sich der Film irgendwann auf die Figur von Lionel, der zum Außenseiter stilisiert wird, aber keine wirklichen Konturen erhält. Als Hauptfigur des Films taugt er in seiner Sprunghaftigkeit und Unentschlossenheit aber nur wenig. Meistens definiert sich seine Figur über das Zusammenspiel mit anderen, doch nur durch sie erfährt man etwas über seine tatsächlichen Ambitionen. Der Schauspieler Anthony Jeanne gibt sich zwar alle Mühe, Lionel zu einer liebenswerten Figur zu machen, doch so recht mag der Funke nicht überspringen.
Ein Kampf gegen Windmühlen
Die Erzählstruktur gerät vollends aus dem Gleichgewicht, als dann die Mutter-Sohn-Beziehung immer mehr in den Mittelpunkt rückt. Wie eine Glucke umklammert Colette ihren Sohn, der sich offensichtlich aus ihren Fängen befreien will, während sie ihn nicht gehen lässt. Dass am Ende dieses unausgegorenen Werks ein Verzweiflungsakt steht, passt zu einem Film, der sich ähnlich wie sein Held zwischen unterschiedlichen Optionen verheddert und dabei auch narrativ zu einem Kampf gegen moderne Windmühlen wird.