Vorstellungen
Filmkritik
Noch ist es trocken im Dschungel, aber bald kommt die Regenzeit. Das wäre in diesem Jahr aber eine Katastrophe. Denn ein geheimnisvoller Bösewicht hat über dem Wald lila Pulver aus Flugzeugen verstreut, das bei Berührung mit Wasser explodiert. Den „Dschungelhelden“ bleiben nur wenige Wochen, um ein Gegenmittel zu finden!
Man hat es in „Die Dschungelhelden auf Weltreise“ mit der zweiten Generation zu tun. Schon in „Die Dschungelhelden – Das große Kinoabenteuer“ (2017) hatten die ursprünglichen Hauptfiguren aus der Fernsehserie, Faultier Tony, Nashorn Goliath, Stachelschwein Ricky und Tigerin Natacha, das Szepter an den tigerartig gestreiften Pinguin Maurice, Gorilla Harry, Fledermaus Flederike, Koboldäffchen Grummel und Tigerfisch Junior weitergegeben. Und auch auf dem Regiestuhl haben die Nachfolger Laurent Bru, Yannick Moulin und Benoît Somville von David Alaux und Eric und Jean-François Tosti übernommen, die allerdings als Autoren noch mit dabei sind. Während die recht generisch wirkende Grundkonstruktion der Handlung erhalten bleibt – ein sich streitendes Team aus Figuren, die durch jeweils ein Merkmal charakterisiert werden, rauft sich zusammen und überwindet große Hindernisse – vermag sich die Fortsetzung zumindest von anderer Durchschnittsware abzusetzen.
Auf die Logik kommt es nicht so an
Dazu trägt der spielerische Umgang mit filmischen Bezügen und Querverweisen bei. Die Protagonisten müssen es beispielsweise mit einem etwas untersetzten Panda aufnehmen, der wie der „Kung Fu Panda“ Martial-Arts-Fähigkeiten hat; und ein riesiger, muskulöser Biber heißt Arnold und wird musikalisch von einem Jingle aus „Terminator“ begleitet. Außerdem sind die Hauptfiguren, zu denen noch eine charmante, nahkampfgewandte Gürteltierdame und ihr Vater stoßen, nicht nur Stereotype, sondern entwickeln durchaus eigene Züge. Und drittens leiht sich der Film den anarchischen Umgang mit der Handlungslogik und einen guten Teil der Dynamik und Albernheit von „Die Pinguine aus Madagascar“, um sich kopfüber und entschlossen in vergnüglichen Quatsch zu stürzen.
Der Plan des Oberbösewichts, für den das lila Pulver nur ein erster Schritt ist, scheint in sich so logisch und für den Dschungel bedrohlich wie in letzter Konsequenz vollkommen albern. Ein Ort „auf einer Insel“, auf die man durch einen Tunnel gelangen kann, ist recht eindeutig als London identifizierbar. Und unterwegs kommen die Protagonisten durch eine Siedlung (mit Eiffelturm!), in der sehr viele Stinktiere leben und in der alle immerzu miteinander streiten – ein kleiner Seitenhieb auf Paris, den sich die Filmemacher, allesamt Franzosen, leisten dürfen.
Ein Kreis, der stinkt
Ein wichtiger Bestandteil für das Gegenmittel wird bei einem Kult entdeckt, der ein ganz besonderes Symbol anbetet: „le cercle qui pu“, also den Kreis, der stinkt. Tief in einer Höhle (man darf an „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ denken) wird ein streng riechender Käse verehrt. Die Kultisten verbergen sich unter gleichförmigen Kutten, aber an ihren Schnauzen und Schnäbeln wird man sie erkennen: Es sind Füchse und Krähen. Die schon auf Äsop zurückgehende Fabel „Der Rabe und der Fuchs“ von Jean de la Fontaine gehört in Frankreich zum Grundstock der kulturellen Bildung. Jedes Kind kennt sie, wie man hierzulande „Hänsel und Gretel“ oder „Rotkäppchen“ kennt. So wirkt die Handlung ein ganzes Stück lustiger, fast subtil.
Zwischendrin geht es mal spielerisch zu, wenn die Ästhetik zu einem Jump-and-Run-Computerspiel wechselt, mal brachial, wenn Slapstick-Prügeleien überhandnehmen. Die Inszenierung hat gar nicht vor, immer konsistent zu sein; lieber übertreiben die Regisseure ein wenig und versuchen, noch einen Scherz mehr einzubauen. Man verzeiht dem Film dies vor allem deshalb, weil „Die Dschungelhelden auf Weltreise“ nie zu einer reinen Abfolge diverser Verfolgungsjagden mit viel Geschrei verkommt, sondern doch einen erzählerischen Bogen wahrt.
Es gibt keine unschuldigen Bilder
Womöglich würde der Film sich auch letzten Endes zwar charmant, aber belanglos anfühlen, wenn der Anfang nicht ganz andere Bilder aufrufen würde. Das klebrige lila Pulver wird nämlich aus großen Holzflugzeugen verstreut, deren Silhouette an die Form US-amerikanischer Tarnkappenbomber erinnert, die einst in Vietnam das Krebs erregende Entlaubungsgift „Agent Orange“ über den Wäldern versprühten. Vielleicht ist das ein visueller Kurzschluss – oder aber ein Verweis darauf, dass es für solche bedrohlichen Szenarien keine unschuldigen Bilder gibt. Allerdings ist das keine Frage, mit der sich die „Dschungelhelden“ auch nur einen Moment aufhalten würden.