Vorstellungen
Filmkritik
Zwei Polarfüchse im Eis, irgendwo in der eisigen Arktis. Ein Pärchen, fürs Leben monogam verbunden und in freudiger Erwartung des ersten Nachwuchses. Das müsste doch ein Stoff sein, aus dem sich ein aufregender Film machen ließe.
Regisseur Guillaume Maidatchevsky hat schon Katzen und Rentiere in Szene gesetzt, in „Lou – Abenteuer auf Samtpfoten“ oder „Ailos Reise“. Jetzt geht es erneut in den Schnee, zu Yuk mit dem schwarz angestaubten Fell und seiner weißpelzigen Partnerin Kina, deren rosa Nase weithin zu sehen ist. Der Nachwuchs ist schon im Bauch. Der Paarungsvorgang wird ausgespart, ebenso wie die blutige Nahrungsaufnahme keine große Rolle spielt.
Vom Klimawandel bedroht
Polarfüchse sind Aasfresser. Gerne tun sie sich an dem gütlich, was die Eisbären liegenlassen. Zu genau schaut der Film dabei nicht zu, dafür gönnt er dem Publikum aufregende Bilder von der weiten, schneebedeckten Natur. Drohnenaufnahmen folgen einer Karibu-Herde, was an die berühmten Aufnahmen von Yann Arthus-Bertrand erinnert, die der Fotograf in seinem Band „Die Erde von oben“ veröffentlicht hat.
Die Natur wirkt in diesen Bildern unversehrt und wunderschön. Doch schon bevor es Kina auf der Suche nach Nahrung in eine Stadt am Yukon verschlägt, wird durch die Erzählerin angedeutet, dass doch nicht alles im Reinen ist: „Es knarzt im Packeis“, weil es viel zu warm ist. Als Yuk auf einer Eisscholle davontreibt, verschlägt es Kina nach Jack-City (eigentlich Dawson City, wo während des Goldrausches im 19. Jahrhundert auch der spätere Schriftsteller Jack London gelandet war). Dort freundet sie sich mit einer Hündin an und widersteht mit ihr gemeinsam den in die Stadt eindringenden Wölfen. Die aber wollen das nicht hinnehmen, erklärt die Erzählerin: Der schwarze Wolf und seine „Meute“ planen schon den nächsten Angriff auf Kina und ihre neue Freundin.
Die konsequente Vermenschlichung der Tiere mag im Sinne der erzählerischen Freiheit für die narrative Konsistenz ganz gut funktionieren; mit dem dokumentarischen Gestus des Films, für den reale Tiere in ihrem wirklichen Leben gefilmt wurden, während Spezialeffekte nur in wenigen Szenen zum Einsatz kommen, beißt sich das aber sehr.
Mythologische Purzelbäume
Spätestens bei Sätzen wie „Yuk kann nur noch darauf hoffen, dass ihm die Geister des hohen Nordens ein Zeichen geben“, fragt man sich, welche mythologischen Purzelbäume die Erzählerin eigentlich noch machen möchte. Oder ob sie das alles selbst nicht so ernst nimmt, denn der nächste Satz lautet dann: „Äh, ist das das Zeichen, echt jetzt?“
„Die Abenteuer von Kina & Yuk“ will eine Liebesgeschichte vor arktischer Kulisse sein, zugleich aber auch eine Geschichte von existentieller Bedrohung, Trennung und Happy End mit niedlichem Nachwuchs. Dass hier keine am Computer animierten Tiere in menschenähnliche Interaktion miteinander treten, sondern Aufnahmen echter Tiere genutzt werden, die gleichwohl suggestiv geschnitten und kommentiert werden, macht den Film durchaus charmant.
Auf dieser Ebene funktioniert „Die Abenteuer von Kina & Yuk“ für Kinder als mitreißende Geschichte inmitten einer wunderschönen Natur. Indem aber der Klimawandel zwar als Ursache für das Drama angedeutet wird, das Schicksal der beiden Hauptfiguren aber in der ungetrübten Frühlingsnatur ein Happy End findet, beschönigt und verniedlicht der Film das Unheil, das die hier weitgehend absenten Menschen über die Kreaturen der Welt bringen.
Auf die Schulter geklopft
So überwiegt unterm Strich der Eindruck, dass der Film sich selbst auf die Schulter klopfen möchte, weil er schwierige Fragen aufwirft, die schwierigen und schmerzhaften Antworten darauf aber lieber nicht geben will. Stattdessen liegt Fahrstuhlmusik über allem, allerdings vertont von einem erstklassigen Symphonieorchester.