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Filmplakat von Deadpool & Wolverine

Deadpool & Wolverine

127 min | Komödie, Science Fiction, Action | FSK 16
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Seit Jahren träumt Deadpool (Ryan Reynolds) davon, ein Avenger zu werden – und nun bietet ihm der zwielichtige TVA-Agent Mr. Paradox (Matthew Macfadyen) an, in die heilige Zeitlinie zu wechseln, um dort Teil des MCU zu sein. Doch dafür muss der vorlaute Söldner ein großes Opfer bringen: Seine Welt wird ausgelöscht. Weil Deadpool dies nicht zulassen will, schickt Mr. Paradox ihn und eine von Deadpool rekrutierte, abgehalfterte Variante von Wolverine (Hugh Jackman) in die Leere – die große Müllhalde aller Universen. Dort hat die finstere Cassandra Nova (Emma Corrin) ein Schreckens-Regime errichtet. Deadpool ist klar: Will er seine Welt, all seine Freunde und seine große Liebe Vanessa (Morena Baccarin) retten, muss er an ihr vorbei und auch Mr. Paradox aufhalten. Doch dazu muss er erst einmal den verbitterten Wolverine überzeugen, ihm zu helfen...

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Filmkritik

Wolverine (Hugh Jackman) ist tot. Davon zeugt zumindest sein Grab am Ende von „Logan - The Wolverine“. Zur Sicherheit schaut Wade Wilson (Ryan Reynolds) aber noch mal nach, denn mit dem Sterben ist das bei Superhelden so eine Sache. An sich könnte es dem noch höchst agilen und besser als Deadpool bekannten Rächer ohnehin egal sein, denn er sieht sich selbst inzwischen als „Ruheständler“. Doch das Schicksal, genauer die Time Variance Authority (TVA) unter Federführung von Mr. Paradox (Matthew Macfadyen), will es anders. Es gibt da nämlich ein Problem mit der Zeitachse von Erde-10005 (jener, auf der Wade Wilson lebt und Wolverines Stahl-Skelett im Grabe liegt). Mr. Paradox würde dieses Universum gerne mittels eines „Time Rippers“ und unter anderem wegen des Todes von Wolverine möglichst schnell endabwickeln, sprich auflösen. Was Deadpool nicht passt, würde er damit doch auch sein Rentendasein und alle seine liebgewonnenen Freunde verlieren.

Wenn etwas in den Multi(uni)versen des Marvel Cinematic Universe relativ ist, dann ist es die physische Form der Existenz. Nicht nur mithilfe der Gimmicks von Doctor Strange ist das Reisen in Zeit und Raum kein Hexenwerk mehr. Um es kurz zu machen: der reaktivierte Deadpool und der noch nicht gestorbene Wolverine finden erstmalig zusammen. Doch es ist nicht Liebe auf den ersten Blick; was auch daran liegen mag, dass der Wolverine, den Deadpool da aus den Multiversen herauszieht, eher der Säufertyp, der Fatalist und der Unsympath ist. Aber mit wem würde man sich nicht zusammentun, wenn es gilt, die eigene Welt zu retten?

Alles ist relativ

Schön an Deadpool und seinen Filmen ist, dass er sich gern direkt an die Zuschauenden wendet, wenn mal etwas hakt, schwierig zu verstehen oder sonst wie bemerkenswert ist. Dieses Durchbrechen der „vierten Wand“ zeugt von Selbstironie, aber auch einer gewissen Respektlosigkeit gegenüber den geschaffenen filmischen Universen der Superhelden. Ein Alleinstellungsmerkmal von Deadpool, denn die anderen Superhelden nehmen sich in ihrem Einsatz weitaus ernster. Aber die „Deadpool“-Reihe versteht sich als „schwarzes Schaf“ des MCU, und von daher ist sie von Hause aus tabubrechend, zynisch und geschmacklos. Das muss man nicht mögen, ist hier aber Programm. Und so ist auch bei „Deadpool & Wolverine“ alles relativ, ein Fakt, an den sich Wolverine erst noch gewöhnen muss.

Da aber das Konzept „Was sich liebt, das neckt sich“ ein dramaturgisch probates ist, findet es auch bei den beiden ungleichen Superhelden-Superstars genüsslich Anwendung. Und so verprügeln sie sich in der ersten Hälfte der gut zwei Stunden Erzählzeit erstmal gegenseitig. Das ist eingedenk der scharfen Klingen, mit denen die beiden Protagonisten zu kämpfen pflegen, eine zutiefst blutige Angelegenheit. Aber wer die Historie der beiden Marvel-Leitfiguren kennt, der weiß, dass sie eigentlich unzerstörbar sind. Angesichts der ohnehin gut als Computerblut zu erkennenden Ausscheidungen entwickelt dieses scheinschmerzhafte Gemetzel (jenseits des in kaufgenommenen Zynismus) in etwa die kathartische, ja witzige Wirkung einer zünftigen Westernprügelei zwischen John Wayne und Robert Mitchum. Am Ende weiß man: sie werden Freunde!

Schurkin aus der Wüsteneinöde

Diese Freundschaft braucht man auch, denn das Drehbuch hat neben dem schrulligen Bürokraten Mr. Paradox in seinem feschen Cyberpunk-Büro auch noch einen garstigen Bösewicht in petto. Der lebt in einer (durchaus bewusst „Furiosa: A Mad Max Saga“ zitierenden) Endzeitwelt in der Wüsteneinöde und ist die abtrünnige Zwillingsschwester von X-Men-Chef Charles Xavier. Cassandra Nova (Emma Corrin) hat – im Gegensatz zu ihrem Bruder – keinerlei Empathie, dafür mindestens so viel Telepathie. Eine Kraft, die sie skrupellos gegen all ihre Gegner einsetzt; Deadpool, Wolverine, ja selbst Paradox inklusive. Plötzlich also sieht die (fast) Allmächtige ihre Zeit gekommen, um mittels des „Time Rippers“ mit der Erde-10005 auch gleich zwei Superhelden den Garaus zu machen.

In ihren letzten Kinoabenteuern hatten Wolverine und Deadpool eigentlich zu guten Abschlüssen gefunden. War das bei „Logan - The Wolverine“ der Tod von Wolverine, schnurrten zum Ende von „Deadpool 2“ alle Zeitlinien einträchtig nebeneinanderher. Ohnehin fühlten sich beide Filme durchdacht an, zeigten neben viel Action auch viel Herz, sodass man neben den Superhelden auch die Familien dahinter kennen und schätzen lernte.

Das Vertrackte am MCU scheint aber zu sein, dass alles zwanghaft immer weitergehen muss, solange alles so unglaublich profitabel ist. Nach Sinn und Sinnhaftigkeit fragt da schon längst keiner mehr. Es ist und wird immer mehr nur eine Sache für die eingefleischten Fans. Das zeigt auch „Deadpool & Wolverine“ von Shawn Levy, der seinen Reiz nur noch über die Reflexion des Vergangenen erzeugt. Wenn man um die intensiven, schmerzenden Begegnungen, Verliebtheiten und Abschiednahmen der letzten Jahre weiß, kann man dies in den eingestreuten Rückblenden wiederaufrufen. Man wird dann auch wissen, wie Wade Wilson wegen Vanessa Carlysle (Morena Baccarin) und Blind Al (Leslie Uggams) sowie Wolverine wegen Laura (Dafne Keen) ticken. Wer dies alles nicht verinnerlicht hat, für den bleiben die Figuren nur Sidekicks, wie die Cameos der einen oder anderen Marvel-Helden. Mögliche Gefühle bleiben nur Schall und Rauch.

Insider-Gags und Geprügel

In dem Fall wirkt „Deadpool & Wolverine“ dann nur über die Ebene der Primärreize. Die hat der Film zuhauf, aber auch die muss man mögen. Auf der Dialogebene feuern die Figuren – vor allem der mehr im Zentrum stehende Deadpool – einen (zynischen) Kommentar nach dem anderen gerne direkt in Richtung Publikum. Dabei muss es einen unter anderem interessieren, dass das Franchise einst von Fox produziert und dann von Walt Disney übernommen wurde. Viele der Gags beziehen sich explizit auf diesen Wechsel. Etwa wenn Deadpool Wolverine einmal „Mister PG-13“ nennt, was sich auf dessen noch familienfreundliche Gewalttätigkeiten in den „Wolverine“-Filmen bezieht, während „Deadpool“ zu den ersten mit „R“ gewerteten (also für Erwachsene gedachte) Filmen des MCU gehört.

Auf der Action-Ebene wird indessen wieder genüsslich und extrem blutig geprügelt. Dabei abstrahieren die Macher mit dem fast ausschließlich genutzten Computerblut die Gewalt zwar ordentlich, ohne dass der bittere Beigeschmack verschwinden würde. Überraschend und originell ist dabei weniger das Gemetzel selbst als die Songauswahl, zu der es choreografiert wird. Etwa Madonnas bereits im Trailer genutztes „Like a Prayer“, dem im Film ein ganz zentraler Part gewidmet ist.

Neues, Innovatives gar, bleibt bei „Deadpool & Wolverine“ außen vor, beziehungsweise wird, wie im Falle der Figur von Cassandra Nova, eher eigentümlich kurz und blass gehalten. Tiefe oder Chemie entwickelt sich auch zwischen Deadpool und Wolverine nicht. Wichtig ist einzig die Referenz auf das Damals. Und so laufen auch im Abspann symptomatisch „Making of“-Szenen aus den alten „X-Men“-, den „Wolverine“- und den „Deadpool“-Universen. Damals war eben alles besser.

Erschienen auf filmdienst.deDeadpool & WolverineVon: Jörg Gerle (2.10.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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