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Filmplakat von Der Club der toten Dichter

Der Club der toten Dichter

128 min | Drama, Komödie | FSK 12
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Herbst 1959: der Junglehrer John Keating (Robin Williams) tritt eine Stelle an einem konservativen College in Neuengland an. Mit Hilfe der Poesie bringt er seine Schüler auf dumme Gedanken: Durch die revolutionäre Kraft des Poetischen werden sie auf Werte wie Freiheit und unkonventionelles Handeln gebracht. Weil aber die Welt drumherum konservativ bleibt, endet der kurze Ausflug zur Freiheit und geistigen Unabhängigkeit tragisch ... Anrührender Film mit einem bezaubernden Robin Williams, der den Zuschauer vielleicht an die eigenen jugendlichen Ausbrüche aus der Konvention erinnert. (M.P.)

Vorstellungen

Kinoverein Bordesholm
Schulstraße 7
24582 Bissee

Filmkritik

In die hermetisch von Disziplin und Ehre bestimmte Tradition eines neuenglischen Colleges gegen Ende der fünfziger Jahre, in die verknöcherte Zucht dieser auf Lebensbewährung abgerichteten Schule bricht der frische Wind eines unorthodoxen jungen Lehrers ein, der Poesie nicht mit kalkulierendem Verstand analysiert, sondern mit dem Herzen aufnimmt. Die Jungen, bisher nur gewöhnt, Vorgedachtem in selbstloser Disziplin zu folgen, lauschen zunächst in einer Mischung aus Staunen und Mißtrauen Keatings Appell ans eigene Denkvermögen. Mit Walt Whitman als geistigem Mentor und der lateinischen Lebensweisheit des"Carpe diem" als Ansporn, verschafft er sich langsam Zugang zu den bereitwillig sich öffnenden Herzen der Schüler. Aus der Uniformität des Prep-School-Denkens führt er sie langsam hinaus in die Wahrnehmung des eigenen Ichs. Sein Unterricht über englische Poesie ist gleichzeitig eine Aufforderung zum selbständigen Denken, zur Verwirklichung der eigenen Identität; die Poesie, nicht mehr Lehrgegenstand, sondern Motor individueller Träume und Taten, wird für die Schüler zum Sinnbild ihrer Eigenständigkeit. Als einer von ihnen auf der Suche nach mehr Informationen über den verehrten Lehrer in den Annalen der Schule auf Keatings Beteiligung an einer geheimnisumwitterten "Dead Poets Society" stößt, beschließen die Schüler die Wiederbelebung des alten Geheimbunds. Sie treffen sich des Nachts in einem Höhlenversteck, rezitieren Thoreau und lesen sich gegenseitig ihre favorisierten Verse vor: Poesie als quasi-revolutionärer Akt.

Neil, einer von ihnen, entdeckt sein Faible fürs Theaterspielen. Und da gerade in der Nähe eine Laiengruppe Shakespeares "Mittsommernachtstraum" probt, bewirbt er sich als Akteur und erhält die Rolle des Puck. Leider aber hat Neil einen Vater, der wenig Verständnis für die persönlichen Neigungen seines Sohnes aufbringt; er will ihm all die Chancen eröffnen, die ihm selbst in seiner Jugend verweigert blieben, zwingt seinen Sohn aber gleichzeitig in eine bedingungslose Abhängigkeit von der Erreichung der vorgeplanten Ziele. Zum ersten Mal begehrt Neil gegen die Wünsche des Vaters auf und läßt nicht, wie von ihm erwartet, die Theatergruppe noch vor der Premiere im Stich. Der Vater sieht dies als Akt der Auflehnung und teilt seinem Sohn noch am Abend nach der Vorstellung mit, daß er ihn nunmehr in eine Militärakademie stecken werde. Der zutiefst verletzte, zu keiner zweiten Auflehnung mehr fähige Junge nimmt sich das Leben. Als Neils Vater von der Schulleitung eine Untersuchung verlangt, woher das unerwartete widerspenstige Verhalten seines Sohnes stammen könnte, setzt der Direktor die altbewährten Mechanismen des traditionellen Instituts in Bewegung: ein Schuldiger muß gefunden werden. Die Schüler und ihre geheimbündlerische Aktivität verantwortlich zu machen, hieße gleichzeitig, die Schule in ein schlechtes Licht rücken. Ergo steht von Anfang an fest: der Schuldige ist Keating, der Verführer und geistige Vergifter der Jungen.

Was "Der Club der toten Dichter" vor allem von anderen ambitionierten Filmen neuerer Produktion unterscheidet, ist ein hervorragendes Drehbuch. Tom Schulmans Buch ist nicht nur psychologisch konsequent, sondern es hat bisweilen auch literarischen Rang. Es handelt nicht nur von Poesie als Instrument geistiger Freiheit, sondern verfügt selbst über poetische Qualitäten; es besitzt Witz und treffende Charakterzeichnungen, unter denen als einziger Schwachpunkt die allzu eindimensionale Figur des Vaters auffällt. Und es entwirft jenes Plädoyer für den Individualismus, das in Peter Weirs Inszenierung zum beherrschenden Faktor des Films wird. In den meisten Filmen Weirs, von den australischen "Picknick am Valtentinstag" und "Die letzte Flut" bis zu den amerikanischen "Der einzige Zeuge" und "Mosquito Coast", geht es um dieses Thema. In der unprätentiösen, aber dennoch kunstvollen Gestaltung von "Der Club der toten Dichter" findet Weirs Inszenierungsstil einen (zumindest vorläufigen) Höhepunkt. Die Verflechtung von traditionsbewußter Strenge, Verlockung der Poesie, nicht zu bändigender Abenteuerlust, Befreiung verschütteter Talente und unterschiedlichsten persönlichen Reaktionen der Schüler findet ihre Reflexion im Stil des Films, der die ganze Skala vom bildhaften Aufschwung jugendlichen Selbstbewußtseins bis zur Versinnbildlichung unentrinnbarer Zwänge durchschreitet.

Weir findet für die Inhalte des Stücks faszinierende filmische Analogien. Nach der Ankunft Keatings in der Schule zeigt er riesige Vogelschwärme, die sich zu freiem, ungehindertem Flug aus der morgendlichen Landschaft erheben; und, in die Schule zurückkehrend, setzt die Kamera die Bewegung der Vögel im Treppenhaus des Gebäudes fort, durch das die Schüler gleichsam hinunterzufliegen scheinen. Aus dieser ersten Analogie entwickelt Weir ein inszenatorisches Prinzip: in den entscheidenden Stadien der endlichen, so lange aufgestauten Befreiung jugendlichen Denkens stellt sich die Assoziation zur Freiheit der Vögel ein. Kreisbewegungen der Akteure oder eine sie umkreisende Kamera übersetzen das uralte poetische Symbol in die Filmsprache. Und noch als Neil schon gestorben ist, läßt Weir es noch einmal, ersterbend, im endlosen Schneefeld vor der Schule anklingen und versiegen.

Obwohl die Schule und ihre strikten Prinzipien äußerlich den Sieg davontragen, erstickt der Film nicht die Hoffnung, die Keating geweckt hat. Nicht alle haben die Kraft, diese Hoffnung zu bewahren und ihr Ausdruck zu verleihen. Neils Selbstmord ist ein Akt, der stellvertretend für den Protest der Mutlosen steht und den Weir deshalb auch weniger als persönliche Tragödie denn als Ritual inszeniert. In den anderen jedoch glimmt der Funke fort. Dieser Funke der Erkenntnis und des Einstehens für die individuelle Freiheit beginnt bereits sehr früh im Geschehen des Films zu glimmen. Zunächst noch zaghaft, kaum klar erkennbar in der Melodie, die Keating ein bißchen selbstvergessen, aber auch ein bißchen provokativ vor sich hin zu pfeifen pflegt: das Themas aus Tschaikowskijs "1812"-Ouvertüre, Sinnbild des sieghaften Triumphs im russisch-französischen Krieg. Schon eine kräftige Flamme, als die Schüler "ihren" Lehrer zu "Freude, schöner Götterfunke" auf den Schultern über das Sportfeld tragen. Unstillbares Feuer zum Schluß, als - als alles schon verloren geglaubt - die Jungen im Angesicht des Direktors dem scheidenden Keating eine heroische Demonstration der geistigen Verbundenheit geben. Der Funke hat ein Feuer geschlagen, das keine Macht mehr wird löschen können. An dieser Stelle nimmt man auch das Pathos nicht übel, mit dem Peter Weir den Film zu Ende gehen läßt; denn pathetisch ist sonst nichts an seiner Inszenierung, und der demonstrative Akt der Solidarität in dieser letzten Sequenz bedarf der bedachten, fast "klassisch" zu nennenden Überhöhung. Der Film, der so unscheinbar beginnt wie ein weiteres der oft gesehenen Internatsstücke, der sich dann zum Anwalt der Selbsterkenntnis und des eigenen Wertbewußtseins macht, entpuppt sich vom Ende her als konsequent darauf hin inszeniertes Stück revolutionären Geistes. Nicht jener Revolution, die umstürzlerisch verändern will, sondern der stillen, in den Herzen fortwirkenden geistigen Revolution. Whitman, Thoreau, Shakespeare, Beethoven, Tschaikowskij - sie werden nicht nur zitiert, sondern sie sind Sinnbilder dieser Haltung.

Erschienen auf filmdienst.deDer Club der toten DichterVon: Franz Everschor (23.9.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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