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Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Sanft gleitet die Kamera über Los Angeles, die „Hauptstadt der Banküberfälle“, wie eine Texteinblendung erklärt. Plötzlich stürzt sie sich hinab, einem Greifvogel gleich, und folgt einem Geldtransporter durch die regennassen Straßen. Bald folgt ein Überfall, eine Situation, die man nicht aus der Vogelperspektive erleben kann, die den Blick unweigerlich auf den Asphalt zwingt. Diese fließende, entfesselte Bewegung ist das letzte Aufbäumen des Thrillers „Criminal Squad“ von Christian Gudegast, ein allerletztes Lebenszeichen eines toten Films. Unglücklicherweise handelt es sich hierbei um die erste Szene, der knapp 140 Minuten Filmminuten folgen.
Für die dünne Handlung wurden lediglich neue Namen in den bekannten Lückentext des Genres eingesetzt. Der harte Gewohnheitstrinker und Polizist Nick Flanagan (Gerard Butler) versucht den Bankräuber Merrimen (Pablo Schreiber) und dessen Mannschaft hinter Gitter zu bringen. Zu diesem Zweck rekrutiert er Donnie (O’Shea Jackson Jr), den neuen Fahrer des Trupps, als Undercover-Agent.
Das Echo eines Echos
Es gibt viele gute Filme über Banküberfälle, aber auch viele auf dem Niveau von „Criminal Squad“. Dabei fehlt es dem Film gar nicht an Originalität. Doch die Inszenierung ist weniger als das Echo eines Echos. Statt dem Abspulen beliebiger Standardsituationen aus Kriminal- und Heist-Filmen gibt es lediglich hilflosen Bandsalat. Ein erheblicher Teil des behäbigen Thrillers besteht aus Männergruppen, angeordnet in unterschiedlichen Variationen von Halbkreisen und Kreisen, die sich in belanglosen Dialogen ergehen. Die Darsteller spielen ihre Klischeerollen gelangweilt herunter: Butler nuschelt, schmatzt und grummelt; O’Shea Jackson Jr. alterniert als Donnie zwischen verschmitztem Lächeln und ängstlichen Blicken. Die anderen Darsteller verschmelzen fast mit dem Bild, so selten vermögen sie Akzente zu setzen. Wo sich ein Rapper wie 50 Cent schauspielerisch positiv hervortut, sollte man skeptisch sein.
Zwei Fraktionen sollen in einem intellektuellen und körperlichen Duell aufeinandertreffen, doch immer wieder verschwinden Figuren und Gruppen aus der Handlung. Statt die im Drehbuch behauptete Ähnlichkeit von Gangs und Polizisten durch geschickte Parallelmontagen zu unterstreichen, laufen die Erzählstränge aneinander vorbei, oft ohne Berührungspunkte. Der Film trennt seine Zutaten strenger als ein Kantinentablett. Diese Art von Berührungsangst zieht sich durch den gesamten Film. Die Schusswechsel sind meist in Nahaufnahmen gefilmt, die Figuren schießen auf undefinierte Feinde außerhalb des Bildrahmens und gucken dabei grimmig. Nie sind Schütze und Ziel in derselben Einstellung zu sehen, die Gefechte könnten ebenso gut über Skype stattfinden.
Die Gewalt bleibt ein Abstraktum
Das Prinzip von Schuss und Gegenschuss wird hier von der Kamera aufs Sturmgewehr übertragen; der Kampf um Leben und Tod tobt mit der Intensität eines gemäßigten Streitgesprächs. Ob sich die Darsteller durch dasselbe Set bewegen, ist nicht immer klar. Es entsteht kein nachvollziehbarer filmischer Raum, auch keine Spannung oder Dynamik. Selbst auf dem Schießstand sieht man nicht, wie Kugeln die Zielscheiben treffen. Auch in Handgemengen wird bei jedem Kontakt geschnitten. Treffer werden nie dargestellt, nur behauptet; ihnen fehlt jegliche physikalische und emotionale Wucht. Gewalt bleibt ein Abstraktum.
„Criminal Squad“ ist Genrekino, das den Qualitäten des Genres nicht traut. Prüde verweigert sich der Film jeglicher Sexualität und Nacktheit, was im Stripclub absonderlich wirkt. Die Kämpfe wirken klinisch und virtuell. Geflucht und bedroht wird, als spürten die Darsteller den Zeigefinger ihrer eigenen Mutter. „Criminal Squad“ will rau, dreckig und hart sein, hat jedoch Angst davor, sich die Finger schmutzig zu machen. Das Ergebnis ist Genrekino light: kalorienarm und null Prozent Geschmack.