Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
1946 kam mit David Leans „Geisterkomödie” ein Film in die Kinos, der sich eng an das beliebte Theaterstück von Noel Coward hielt. Kein Wunder – schließlich schrieb Coward nicht nur das Drehbuch, er fungierte auch als strenger Produzent, der keine Abweichung von seinen Vorstellungen erlaubte. Cowards Charaktere sind klug, aber auch herzlos, sie sind temperamentvoll, aber auch stur, sie sind weltgewandt, aber auch sehr ichbezogen. Worte sind für sie Waffen, die Konsequenzen ihrer Taten sind ihnen herzlich egal. All das macht aus Cowards „Geisterkomödie“ eine vergnügliche Angelegenheit. Der Theater- und Fernsehregisseur Edward Hall hat sich nun für sein Kinodebüt entschieden, Coward und seine feinsinnigen Dialoge weitgehend zu missachten, gleich drei Autoren – Piers Ashworth, Meg Leonard und Nick Moorcroft – versuchen, dem Geschehen ein eigenes Gepräge zu verleihen. Ein großer Fehler.
Inspiration aus dem Jenseits
1937: Charles Condomine (Dan Stevens) ist ein preisgekrönter britischer Romanautor, der seinen letzten Bestseller in ein Drehbuch verwandeln soll. Allerdings fällt ihm nichts ein. Zum großen Unwillen seiner Frau Ruth: Ihr Vater, ein Produzent in den Pinewood Studios, hat Charles mit dem Filmskript beauftragt. Auf der Suche nach Inspiration lädt Charles das exzentrische Medium Madame Arcati in seine Villa ein, um eine Séance abzuhalten. Die alte Frau ist ganz offensichtlich eine Hochstaplerin. Trotzdem gelingt es ihr, Charles erste Frau Elvira – eine Amerikanerin, die vor sieben Jahren bei einem Reitunfall starb – erscheinen zu lassen. Elvira war nicht nur seine große Liebe, sondern auch seine große Muse, die wesentlich zu seinen Geschichten beitrug. Der Schriftsteller staunt also nicht schlecht, als Elvira in Reithosen und mit Peitsche vor ihm steht. Da gibt es nur ein Problem: Er ist der Einzige, der sie sehen kann, was zu einigen Missverständnissen und Zerwürfnissen führt. Elvira hingegen ist verdammt wütend, dass ihr Ehemann eine andere geheiratet hat. Sie will ihn zurück. Und so nehmen beide in feucht-fröhlichen Sitzungen ihre Arbeit wieder auf, erotische Ablenkungen inklusive.
Die Eleganz des Originals ist verschwunden
Cowards Handlungsprämisse bleibt erhalten, doch der Tonfall hat sich drastisch verändert. Wo sich Rex Harrison in „Geisterkomödie“ noch nonchalant und unbeschwert einen Drink mixte, beisst Dan Stevens im Remake förmlich in den Schreibtisch. Aus lauter Frust trinkt er seinen Whiskey aus der Flasche, meckert, schreit und hadert, bis er schließlich die Schreibmaschine aus dem Fenster seiner ganz in weiß gehaltenen Art-déco-Villa wirft und damit eine teure Statue enthauptet. Kurzum: Die Eleganz des Originals ist verschwunden, der Slapstick gewinnt Oberhand.
Ein spielfreudiges Ensemble
Da Condomine nicht mehr – wie im Vorgänger – an einem Roman schreibt, sondern an einem Drehbuch, macht die Komödie einen Abstecher in die Filmwelt, erst nach Pinewood, dann nach Hollywood. Der Geschichte fügt dieser Umweg allerdings nichts hinzu, er lenkt die Aufmerksamkeit des Zuschauers nur unnötig ab. Dan Stevens, Leslie Mann und Isla Fisher tragen als Hauptdarsteller die Eifersüchteleien ihrer Dreiecksgeschichte zwar spielfreudig aus, vieles gerät ihnen jedoch zum oberflächlichen Klamauk oder zum unerträglichen Selbstmitleid – etwas, dass Noel Coward nicht ferner liegen könnte. Leslie Mann ist mit ihrer aggressiven, rücksichtslosen und fordernden Erotik noch am überzeugendsten. Als Madame Arcadi verzichtet Judi Dench hingegen auf die liebenswerte Trotteligkeit, die Margaret Rutherford im Original so unvergleichlich zelebrierte. Ihr Charakter ist sensibler, verletzlicher, mit einer eigenen Hintergrundgeschichte, die auf einen Verlust hinweist. Auch das nimmt dem Film viel von der Leichtigkeit und der Verrücktheit, die David Lean und Noel Coward für den Vorgänger schufen.