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Filmplakat von Bis hierhin und wie weiter?

Bis hierhin und wie weiter?

91 min | Dokumentarfilm | FSK 12
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Was löst es in Menschen aus, wenn ein Hungerstreik nicht mehr ausreicht? Wenn die Menschen, deren Zukunft man zu retten versucht, nicht wirklich zuhören? Die 19-jährige Lina, Mitbegründerin der Letzten Generation, möchte durch zivilen Ungehorsam den Druck auf die Regierung in Zeiten der Klimakrise verstärken. Für ihre Mitstreiter*innen Taura, Guerrero, Charly und Fuchs geht diese Form des Protests nicht weit genug: Es müssen andere Wege her. Regisseur Felix Maria Bühler begleitet seine fünf Protagonist*innen ein ganzes Jahr hautnah bei ihren Aktionen. Er fängt dabei freundschaftliche, intime Momente ein, zeigt aber auch die Schwierigkeiten, mit denen sich die Aktivist*innen täglich konfrontiert sehen – von Ohnmachtsgefühlen über heftigste Beschimpfungen auf der Straße bis hin zur Strafverfolgung. Wie weit sind sie bereit zu gehen? Wo liegen ihre Grenzen, um für ihre Ideale einzustehen?
Der mehrfach preisgekrönte Film zeigt die Herausforderungen der Menschen, die sich trotz einer ablehnenden und feindseligen Welt für eine bessere Zukunft einsetzen. Eine Gruppe engagierter Aktivist*innen steht vor einer wichtigen Entscheidung: Sollen sie weiter für ihre Überzeugungen kämpfen, auch wenn sie sich dabei oft ohnmächtig und hilflos fühlen und ihre Zukunft aufs Spiel setzen? Oder sollen sie aufgeben und resignieren? Der Regisseur bietet intensive und emotionale Einblicke in das Leben der Protagonist*innen, die im Kampf gegen den Klimawandel immer wieder die Grenzen des Einzelnen austesten und die Kraft der Gemeinschaft mobilisieren, um ihre Ziele zu erreichen.

Vorstellungen

Casino Filmtheater Aschaffenburg
Casino Filmtheater Aschaffenburg
Ohmbachsgasse 1
63739 Aschaffenburg
Kino Lumière Göttingen
Kino Lumière Göttingen
Geismar Landstraße 19
37083 Göttingen
Subiaco
Schiltachstraße 28
78713 Schramberg
Karlstorkino
Am Karlstor 1
69117 Heidelberg

Filmkritik

Sechs Monate nach dem Hungerstreik, mit dem junge Menschen Ende August 2021 vor dem Berliner Reichstag vergeblich ein öffentliches Gespräch mit den drei Kanzlerkandidat:innen über die Realitäten des Klimawandels erzwingen wollten, treffen sich Beteiligte und Unterstützer in einem Buchladen. Wortführerin des Abends, der so etwas wie ein Stimmungsbild einfangen will, ist die 19-jährige Lina; für manche ist sie ein heroisches Vorbild, für andere eher die Verkörperung sinnloser Aufopferung.

Felix Maria Bühler stellt dieses „Sondierungsgespräch“ programmatisch an den Anfang seines Dokumentarfilms „Bis hierhin und wie weiter?“. Denn was in der medialen Berichterstattung über sogenannte Klimakleber, „Hambi“- und Lützerath-Aktivist:innen meist zu kurz oder gar nicht zur Sprache kommt, sind nicht nur die hinter einer „Bewegung“ stehenden Individuen, sondern mehr noch ihre teilweise sehr unterschiedlichen Positionen. Die Anwesenden in dem Buchladen mögen sich in ihrem Ziel einer klimagerechten Welt einig sein, doch was die Methoden betrifft, herrscht großer Dissens.

Ein Ziel, viele Wege

Lina hat sich inzwischen dem „Aufstand der letzten Generation“ angeschlossen und lässt bei Sitzblockaden die rasende Wut der Autofahrer schon mal mit stillen Tränen über sich ergehen. Eine junge Frau möchte bei keiner Kampagne mehr mitmachen, die Forderungen an die Regierung stellt, da diese ohnehin unbeachtet bleiben. Eine andere fühlt sich in der Position einer passiven Unterstützerin wohler. „Werdet gewaltbereit, schlagt zurück“, appelliert dagegen Guerrero, der von der Folgenlosigkeit bisheriger Aktionen zutiefst frustriert ist und einen Strategiewechsel einfordert. Friedlicher, respektvoller ziviler Ungehorsam oder: Alles ist legitim, solange keine Menschen dabei Schaden nehmen?

„Bis hierhin und wie weiter?“ begleitet fünf Protagonist:innen unterschiedlicher Zusammenhänge – „Letzte Generation“, „Fridays for Future“, „Extinction Rebellion“, „Ende Gelände“ – ein Jahr lang bei ihren Aktionen. Interviews gibt es nicht, die Kamera ist vielmehr einfach mit dabei: inmitten von blockierten Autos, vor denen sich junge Menschen an die Straße geheftet haben, im Hambacher Forst zwischen Baumhäusern und im Pfefferspraynebel der Polizei, die mit teils drastischer Gewalt gegen die Aktivist:innen in dem an der Abbruchkante des Braunkohletagebaus liegenden Dorf Lützerath vorgeht.

Klimagerechtigkeit & Dekolonisierung

Dabei ist der Film aber immer wieder auch im Gespräch mit Passanten, Pressevertretern und Mitaktivist:innen. Zur Sprache kommen dabei durchaus auch Zweifel an der Richtigkeit und Wirksamkeit des eigenen Vorgehens. Bisweilen meldet sich auch das schlechte Gewissen, wenn der Aktivismus gerade mal aussetzen muss. Hinzu kommt die berechtigte Sorge vor behördlicher Erfassung und Gefängnisstrafen. Im Jahr 2018 verabschiedete Nordrhein-Westfalen ein mit Terrorismusgefahr begründetes neues Polizeigesetz mit erweitertem Präventivgewahrsam. Anwendung findet es vor allem bei Menschen aus der Klimabewegung.

Dass es um Klimagerechtigkeit auch noch einen anderen, dem gegenwärtigen Aktivismus kritisch gegenüberstehenden Diskurs gibt, deutet eine Veranstaltung der in zahlreichen Ländern aktiven Gruppe „Ende Gelände“ an. „Wir brauchen euch nicht, um uns zu retten“, erklärt ein Podiumsteilnehmer aus dem sogenannten „Globalen Süden“ und spricht damit die „weiße Vorherrschaft“ der Bewegung an. Keine Klimagerechtigkeit ohne Dekolonisierung.

Felix Maria Bühler, ein gebürtiger Schweizer und derzeit Regiestudent an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, hält sich als Person ganz aus dem Film heraus. Allein die große Nähe zu dem Geschehen spricht für seine Empathie und eine Form des auf gegenseitigem Vertrauen basierenden „Embedded Journalism“. Dennoch ist gerade der Blick auf die heftigen Zusammenstöße zwischen Aktivist:innen und Polizei von dem Wunsch nach Dramatisierung und Überhöhung getragen. Unterlegt sind die Szenen mit unheilvoll dräuenden Klängen.

Der Film fügt sich in das seit einigen Jahren vermehrt auftretende Sub-Genre der Umweltbewegungsdokumentation. Doch anders als die auf einen Schauplatz konzentrierten Beobachtungen „Hambi – Der Kampf um den Hambacher Wald“ (2019) oder „Vergiss Meyn Nicht“ (2023) kann „Bis hierhin und wie weiter?“ die Themen nur anreißen.

Erschienen auf filmdienst.deBis hierhin und wie weiter?Von: Esther Buss (18.9.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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