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Filmkritik
Nach der Schule nimmt Birta ihre kleine Schwester Kata an die Hand, gemeinsam gehen sie nach Hause. Sie nimmt sie auch mit zum Handballtraining, daheim wartet nur Fertiglasagne im Kühlschrank, die mögen sie beide nicht. Aber beim alten Ehepaar ein paar Etagen weiter finden sie öfter Unterschlupf, dort gibt es auch mal die besten Pfannkuchen. Als ihre Mutter dann endlich aus der Klinik heimkommt, liegt Kata längst bei ihrer großen Schwester Birta im Bett.
„Birta rettet das Weihnachtsfest“ lässt sich Zeit, seine Protagonistinnen vorzustellen, ihre Lebensumstände und ihr Umfeld. Das Geld ist knapp, das wird schnell klar, Birtas Mutter arbeitet viel, auch mal Doppelschichten, und dennoch überweist sie nicht schnell genug das Geld für den Handballverein; wegen neuer Schuhe fragt Birta lieber gleich den Vater, der irgendwo in Schweden lebt.
Die Elfjährige ist natürlich nicht zufrieden mit dieser Situation, ihre Klassenkameradinnen machen zu Weihnachten alle besondere Dinge, verreisen sogar. Als sie dann zufällig ein Telefonat ihrer Mutter anhört, in dem diese – es war ein langer Tag – einer Freundin ihr Leid klagt, und dass Weihnachten wohl ausfallen müsse, wenn sie nicht bis dahin 100.000 Kronen zusammenhabe, beschließt Brita: Das will sie nicht.
Heimlich fängt sie an, Geld zu verdienen: Sammelt Dosen, verkauft gemeinsam mit dem Nachbarsjungen Kim Kekse im Einkaufszentrum (bis der Wachmann sie wegscheucht), verkauft schließlich gefrorenen Fisch, indem sie in ihrer Siedlung von Tür zu Tür läuft. „Für einen guten Zweck,“ und das ist nicht einmal besonders gelogen.
Auch in Island droht Armut
Bragi Þór Hinriksson lässt seinen Film nie in Sozialromantik oder Voyeurismus abkippen; aber auch in Island hat eine Alleinerziehende mit zwei Kindern es im Schichtdienst offenbar nicht immer leicht. In Deutschland gelten Kinder als einer der wichtigsten Risikofaktoren für Armut, und „Birta rettet das Weihnachtsfest“ thematisiert weniger richtige Armut – die sähe noch einmal anders aus – sondern beobachtet in einem zeitlich begrenzten Rahmen, welchen Effekt das Gefühl von Geldmangel auch auf Kinder haben kann.
Birtas Erfahrungen bleiben letztlich harmlos, aber ihr Verantwortungsgefühl, ihre zunehmende Sorge, all das erlaubt einen kleinen Blick darauf, wie es Kindern gehen muss, die in finanziell verzweifelteren Situationen leben. Darüber kann und will auch das hier bediente Genre des Weihnachtsfilms nicht hinwegtäuschen, zu dessen Kernmerkmalen selbstverständlich Happy End und Familienkuscheligkeit gehören.
Eine liebevolle Familie
Helga Arnardóttirs Drehbuch macht das möglich, indem es eine grundsätzlich intakte, liebevolle Familie in den Mittelpunkt stellt. Dann werden die dramatischen Momente nie wirklich bedrohlich, zumal sie ein Gegengewicht durch viele Freundlichkeiten und vor allem ein rundheraus zutiefst positives Menschenbild haben. Die Zuneigung zwischen den Figuren in der Familie wie in den Wahlverwandtschaften im Mietshaus ist jederzeit ebenso spürbar wie Birtas Ernsthaftigkeit.
Dass weder Schmalz noch Peinlichkeit aufkommen, liegt einerseits und vor allem an den jungen Darstellerinnen Kristín Erla Pétursdóttir (Birta) und Margrét Júlía Reynisdóttir (Kata). Zusammen mit Salka Sól Eyfeld als ihrer Mutter sind sie alle drei stets glaubwürdig, mal verzweifelt, mal selbstbewusst.
Andererseits beschränkt sich die Perspektive des Films – ganz im Sinne seines kindlichen Zielpublikums – eben auch auf die sehr gesicherte Welt dieser zwei Kinder, in der sich die Mutter kümmert und sorgt, in der das Geld auch nie so knapp ist, dass es nicht fürs wirklich Wichtige reicht.
Trotz Krise ein weihnachtliches Wohlgefühl
Insofern feiert der Film sowohl Willensstärke und Selbständigkeit seiner kindlichen Hauptfiguren und will zugleich das Publikum beruhigen: Alles wird gut. Mit diesem Gefühl kann der Film dann kurz vor Schluss auch noch eine ganz große Krise auspacken – und dann trotzdem in ein Weihnachtsfest abheben, in dem dann auch die Mietshaus-Siedlung mit Schnee und bunten Lichtern ein äußerst weihnachtliches Wohlgefühl hervorruft. So viel Familienglück darf dann in einem Weihnachtskinderfilm doch sein, weich und süß wie Marzipan, und die wirklich schlimmen Seiten der Welt kommen nur als vage Ahnung am Rande vor.