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Filmkritik
Das Schönheitsideal der südkoreanischen Gesellschaft basiert nicht auf der Idee des authentischen Körpers. Das eigene Aussehen ist eine Frage der Etikette, der Pietät und der Verantwortung gegenüber sich selbst und der sozialen Gruppe, in der man sich bewegt. Wer eine bestimmte Rolle in der Gesellschaft einnimmt, hat für ein dementsprechendes Aussehen zu sorgen. Der gesellschaftliche Schönheitsdruck ist entsprechend gewaltig, die dazugehörige Kosmetik- und Schönheitsindustrie sowieso. Potenziell gefährliche Eingriffe sind in diesem Kontext kein Tabu; eine „einfache“ Augenlidoperation ist für junge Frauen ein verbreitetes Geschenk zum Schulabschluss.
Der Traum vom neuen Körper
Nirgendwo erscheint der Übergang von pathologischer Selbstoptimierung zum Body Horror plausibler als in Südkorea. Der Comic-Autor Oh Seong-dae hat dafür ein omnipotentes Kosmetikprodukt erfunden: „Beauty Water“ ist der harmlose Name einer Tinktur, die eine komplette Umformung des menschlichen Körpers ermöglicht. Von den Knochen bis zur Hautstruktur. Das in Südkorea und China überaus populäre Web-Comic „Beauty Water“ nutzt die Möglichkeit des Wundermittels, um in wenigen Panels einen völlig neuen Körper zu formen und diesen kurz darauf in einen grotesken Klumpen aus Fleisch und Knochen zu verwandeln.
Die Adaption von Kyung-hun Cho glättet die Dramaturgie der Vorlage und entschärft zugleich dessen Body-Horror-Anteile. Wobei „entschärft“ keineswegs heißt, dass die Anime-Version von „Beauty Water“ harmlos ist. Auch in der Adaption wird der menschliche Körper bis ins Undenkbare deformiert. Ästhetisch erscheint die Verflüssigung der menschlichen Anatomie im Bewegtbild deutlich steifer als in den statischen Panels des Comics. Die Animation wirkt grob, die Bewegung hölzern, die Mimik wie Stockfotografie-Klischees.
Dick, nicht blass und zierlich
Die dazugehörige Geschichte ist so universell, wie sie koreanisch ist. Die junge Yaeji arbeitet im Assistenten-Team einer so schönen wie toxischen Werbe-Schauspielerin. Sie selbst entspricht keineswegs dem Ideal, das sie mit auf die Leinwand zu bringen hilft. Yaeji ist nicht blass und zierlich. Sie ist dick. Die Demütigungen, die sie dafür in Kauf nimmt, sind ähnlich grotesk wie das Ausmaß des pathologischen Schönheitswahns, der daraus bald resultiert. Sie wird bedrängt, beleidigt und muss vor laufender Kamera Hot Dogs in sich hineinschaufeln.
Mit der ersten Anwendung des Wassers ist all das vorbei. Die Veränderung ist so grundlegend, dass die eigenen Eltern Yaeji nicht wiedererkennen. Mit der zweiten Anwendung passiert der erste Unfall, der Yaejis Körper in eine deformierte Masse verwandelt, die mehr einem Teigklumpen als einem Menschen ähnelt.
Die Bestie muss gefüttert werden
„Beauty Water“ sucht stets das Groteske. Das zu Beginn auf seinen einfachsten und plakativsten Kern, nämlich Stars und ihre Anhänger, reduzierte Gesellschaftsbild, spielt ab hier keine Rolle mehr. Alles bleibt auf das Grauen des eigenen Körpers ausgelegt. Der Schönheitsdruck ist die Bestie, die stets gefüttert werden muss. So lange, bis der eigene Körper buchstäblich sich selbst zu verschlingen droht. Die universelle Tragödie der Geschichte, die Selbstoptimierung zur Selbstzerstörung und schließlich zur vollständigen Vernichtung der körperlichen Identität macht, mag noch in der generischen Hässlichkeit der Animationen stecken, zu sehen ist sie, trotz aller Drastik, aber kaum.