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Filmplakat von Arthur & Diana

Arthur & Diana

108 min | Drama
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Arthur und Diana sind Geschwister, sie teilen sich das ehemalige Auto ihres Vaters, das in Frankreich gemeldet ist. Gemeinsam mit Dianas zweijährigem Sohn machen sie sich auf den Weg von Berlin nach Paris, um die längst abgelaufene Zulassung des alten Renaults erneuern zu lassen. Aus dem entspannten Sommertrip wird eine turbulente, emotionale Reise. Nach einer Begegnung mit der Polizei, einem Zwischenstopp bei der Mutter, einer ausufernden Party, einer Reifenpanne, einer Beerdigung und unzähligen Streitgesprächen landen sie schließlich in Italien – um einige Freund*innen und Hoffnungen reicher als zuvor. Gespielt von der Regisseurin, ihrem kleinen Sohn und ihrem Bruder, ist Arthur & Diana nicht nur ein autofiktionales Experiment, in dem Dokumentarisches und konstruierte Realität zu einer alternativen Welt verschmelzen, sondern auch ein äußerst gegenwärtiges, transeuropäisches Raodmovie.
Gespielt von der Regisseurin, ihrem kleinen Sohn und ihrem Bruder, ist Arthur & Diana nicht nur ein autofiktionales Experiment, in dem Dokumentarisches und konstruierte Realität zu einer alternativen Welt verschmelzen, sondern auch ein äußerst gegenwärtiges, transeuropäisches Raodmovie.

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Filmkritik

An dem ollen, rostigen hellgelben Auto, einem Renault Espace, hängt mehr als die Erneuerung einer längst abgelaufenen Zulassung. Die Geschwister Arthur und Diana plus ihr kleiner Sohn Lupo im Kindersitz auf der Rückbank sind noch nicht lange unterwegs, und schon wandern Dianas Gedanken in die eigene Kindheit. Sicher habe sie sich hinten gefühlt „mit den Kissen und dem ganzen Zeug“, aber eben auch bereit für Abenteuer. In dem autofiktionalen Road Movie von Sara Summa geht es also nicht nur im Sinne des Genres um Bewegung. Das Auto, so erfährt man später, gehörte dem mittlerweile verstorbenen Vater.

„Arthur & Diana“ ist Summas zweiter Film nach ihrem Debüt „Die Letzten, die sie lebend sahen“. Die französisch-italienische Regisseurin und ihr Bruder Robin spielen das Geschwisterpaar als leicht übersteuerte, in die Fiktion (und Komödie) weitergesponnene Versionen ihrer selbst, Lupo ist auch im realen Leben Summas Sohn.

Ein Film des Innenraums

Der Roadtrip führt von Berlin nach Paris und weiter nach Südtirol. Nur selten gehen die Blicke nach draußen, ins Offene und Weite. „Arthur & Diana“ ist eher ein Film des Innenraums. Summa hat sichtbar Freude daran, die räumliche Enge mit Fülle, Überfluss und Verschwendung zu kontrastieren. Praktisch unaufhörlich wird geredet, meist Französisch, dazwischen ein paar Sätze Deutsch, später auch Italienisch. Auch das Auto wird zugestopft: mit einem Haufen Junkfood und anderem Geraffel, bis irgendwann der Buggy nicht mehr reinpasst und die Fahrt mit offenem Kofferraum fortgesetzt werden muss. Außerdem schiebt sich Diana, die meist irgendwelche Ringe und Klunker an den Ohren hängen hat, ständig etwas in den Mund: Chips, Bonbons, Spaghetti, Wackelpudding oder Parmesanstücke, die sie sich mit einem Messer von einem riesigen Käselaib herunterschneidet.

Der eigentliche Ballast aber sind nicht die Taschen und Tüten oder Dianas überdimensionaler Sonnenhut und die sperrige Landkarte, die sie auf ihrem Schoß ausgebreitet hat. Sondern die zwischen den Geschwistern schwelenden und sich teils heftig entladenden Spannungen. Es braucht nur Kleinigkeiten, um sie zu entfachen; ein kritischer Kommentar zum Fahrstil, eine andere Position in weltanschaulichen Fragen: digital oder analog? Sind Polizisten auch Menschen oder Komplizen systemischer Gewalt?

Konflikte & Projektionen

Zum Vorschein kommen auch weit zurückliegende, mehr angedeutete als ausgespielte Konflikte und falsche Projektionen auf das vermeintlich freiere, abenteuerlichere und viel schönere Leben des anderen. Die eigene Wirklichkeit reibt sich aber nicht nur am Gegenüber, sondern auch an den Bildern der eigenen Kindheit, in der man sich die Zukunft noch in den schillerndsten Farben ausmalte.

„Arthur & Diana“ ist ein Film mit bunten, stark gesetzten Gelb- und Rottönen, deren sommerliche Wärme stets an der Kippe zum Schrillen steht. Summa und ihr Kameramann Faraz Fesharaki, haben mit Videokameras aus den 1990er-Jahren und auf 16mm gedreht, am Ende wurden die Formate gemischt und auf 16mm kopiert.

Es gibt viel Bewegung im Bild, die Kamera ist nahe an kauenden Mündern, vor Wut blitzenden Augen und im Gesicht verschmierter Wimperntusche. Bei aller Nähe zur Bildsprache und Ästhetik von Cinéma vérité und des Home Movie wirkt dennoch nichts zufällig. Einige Male gibt es lange statische Einstellungen oder Schnittfolgen, in denen der Blick ganz dem Außenraum gilt. Die Figuren sind aus dem Bild verschwunden, aber sie reden weiter; ihr Dialog ist lediglich ins Off verschoben.

Stationen auf der Reise sind Raststätten, an denen noch mehr schlechtes Essen konsumiert und eine Anhalterin aufgegabelt wird, ein See oder ein Waldstück, wo man im Zelt die Nacht verbringt, und ein etwas märchenhafter Geocoaching-Spot. Neben einer ausschweifenden Party und einer Autopanne erwartet die Geschwister außerdem eine aufgedrehte Mutter; nun wundert man sich nicht mehr, wo die aufbrausenden Temperamente und die Kultur des Unfriedens herkommen.

Zwischen Ruhe und Reizen

Die turbulenten, eskalierenden Szenen existieren dabei stets im Zusammenspiel mit alltäglichen Passagen, in denen einfach nur ein bisschen geplaudert, gegessen und mit dem Kind gespielt wird. Arthur und Diana sind bei aller Dysfunktionalität eben auch ein gutes, vertraut miteinander umgehendes Team. Von absoluter Gereiztheit können beide mühelos in das gemeinsame Schmettern eines französischen Chansons umschalten.

Erschienen auf filmdienst.deArthur & DianaVon: Esther Buss (12.9.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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