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Filmplakat von American History X

American History X

119 min | Drama
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Nach der Ermordung seines Vaters sucht Derek Vergeltung, er beteiligt sich an rassistischen Anschlägen. Eines Tages enden diese mit einem brutalen Mord. Derek kommt für drei Jahre ins Gefängnis, als er entlassen wird schämt er sich für seine Vergangenheit. Zu seinem Entsetzen muß Derek feststellen, das sein kleiner Bruder inzwischen auch Anhänger einer rechtsradikalen Gruppe ist. Wird er seinen Bruder davon abbringen den gleichen Fehler zu begehen? (S.K.)

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Filmkritik

In fahlem, grobkörnigem Schwarz-Weiß rollt das Meer an die kalifornische Küste. Tony Kaye setzt auf entsättigte Farben und die diffusen Stimmungen zwischen Tag und Nacht, um eine Geschichte zu erzählen, die sich ebenfalls an den Rändern der Medienrealität bewegt. Es geht um amerikanische Neo-Nazis, die „White-Power“-Bewegung, die ihre rassistischen Botschaften via Rockmusik und Internet ins kulturelle Gewebe einschleust und bei populistischen Politikern eine gefährliche Resonanz erfährt. Im Mittelpunkt stehen die Brüder Derek und Danny Vinyard, deren Vater als Feuerwehrmann in den Flammen eines Hauses starb, das Schwarze im Drogenrausch anzündeten. Derek, der Ältere, ist ein hochintelligenter, charismatischer Kopf, der unter den Einfluß des Nazi-Demagogen Cameron Alexander gerät und zu dessen Kronprinz avanciert. Mit seiner rhetorischen Begabung fällt es dem kahlköpfigen jungen Mann mit dem eintätowierten Hakenkreuz auf der linken Brust nicht schwer, die Unzufriedenheit und Aggressionsbereitschaft weißer Underdogs aufzustacheln und in manifeste Gewalt umzumünzen. Als nach einem Basketballspiel, das durch seinen Einsatz zugunsten einer weißen Gang entschieden wird, die unterlegenen Schwarzen sein Auto stehlen wollen, eskaliert die Situation: Derek erschießt zwei von ihnen und tötet den Dritten, indem er ihm kaltblütig den Kopf zertritt. Weil Danny, der den infernalischen Ausbruch des Hasses in einer Mischung aus Entsetzen und Bewunderung mit ansah, vor Gericht die Aussage verweigert, wird Derek nur zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. In der Haft aber verliert der radikale Skinhead den Glauben an die Ideale der arischen Herrenmenschen. Bei seiner Entlassung hat er nur noch eines im Sinn: Danny und den Rest der Familie unbeschadet aus der rechtsradikalen Umgebung fortzuholen.

Es dauert eine Weile, bis man sich in diesem herausfordernden Film zurecht findet, weil sich seine Erzählperspektive erst vom Ende her erschließt. Es ist jene von Danny bzw. seinem titelgebenden Essay „American History X“, dessen Text als Off-Kommentar die Handlung strukturiert: ein Aufsatz über eine verlorene, alleingelassene Jugend, in dem der 14jährige die Geschehnisse der letzten Jahre Revue passieren läßt. Der schwarze Schuldirektor Sweeney hatte Danny dazu „verdonnert“, als er bei einer Arbeit über einen Klassiker der Weltliteratur Hitlers „Mein Kampf“ wählte. Im Gegensatz zur überforderten Lehrerschaft glaubt Sweeney weiter an die Kraft von Argumenten, mit denen er den Jungen zurückgewinnen will. Bis zum nächsten Morgen soll der Text auf seinem Schreibtisch liegen. Widerstrebend setzt sich Danny an den Computer. Es ist der Tag, an dem ein auch äußerlich veränderter Derek aus dem Knast nach Hause kommt. Danny ist ebenso irritiert wie die alten Gefährten, wird von Derek aber nachdrücklich zu seiner Schularbeit angehalten. Am Abend steigt am Strand eine Party der Neo-Nazis, bei der sich Derek von seiner Vergangenheit lossagt und seinem Bruder begreiflich macht, was ihn im Knast verändert hat. Die Nacht beginnt zu schwinden, als die beiden nach Hause kommen und Danny sein Essay vollendet. Doch die Saat der Gewalt ist längst aufgegangen und gegen die gedankliche Katharsis von einzelnen immun.

Obwohl der mit seiner komplizierten Verschachtelung von (schwarz-weiß) erinnerten Sequenzen und der (farbigen) 24stündigen Gegenwart fast avantgardistische Film in seiner Intention eindeutig ist, schleicht sich auf Grund der suggestiven Gestaltung Unbehagen ein, weil die verführerische Magie der rechten Parolen in hypnotischen Bildern ihren Ausdruck findet. Erzähltechnisch ist dies folgerichtig, weil der Jüngere den Älteren vergöttert und sein Nachdenken die Vergangenheit rekapituliert. Kaye folgt der diskontinuierlichen Arbeit des Gedächtnisses, dem emotional bewegende Augenblicke präsenter sind als schleichende Veränderungen, verliert dadurch aber die hohe Ambivalenz solcher Augenblicke aus dem Blick. Die rechte Ideologie teilt sich verbal wie bildlich in hohem Maße mit, während die entscheidenden emotionalen und intellektuellen Entwicklungen zu Momentaufnahmen gefrieren. Warum Derek dem rechten Rattenfänger auf den Leim ging, wird zwar ebenso wie die Stationen seiner inneren Wandlung benannt, filmisch aber kaum entfaltet. Das ist umso bedauerlicher, weil das mit Edward Norton und Edward Furlong herausragend besetzte Werk zwar viele kinoübliche Konventionen des Suburb- und Gefängnisfilms meidet, in seiner Wirkung aber eine hohe Ambivalenz in Kauf nimmt. Inwiefern dies Tony Kaye zuzuschreiben ist, bleibt fraglich, weil ihm die Endfassung aus den Händen genommen wurde und in der USA ein Rechtsstreit um die Autorenschaft entbrannt ist.

Erschienen auf filmdienst.deAmerican History XVon: Josef Lederle (6.2.2025)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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