Filmplakat von Haus der Stille

Haus der Stille

90 min | Thriller, Horrorfilm | FSK 16
Szene %1 aus %Haus der Stille
Szene %2 aus %Haus der Stille
Szene %3 aus %Haus der Stille
Szene %4 aus %Haus der Stille
Szene %5 aus %Haus der Stille
Szene %6 aus %Haus der Stille
Szene %7 aus %Haus der Stille
Szene %8 aus %Haus der Stille
Szene %9 aus %Haus der Stille
Szene %10 aus %Haus der Stille
Die erfolgreiche Autorin Sorel Malkow (Simone Geißler) zieht sich in die Lüneburger Heide zurück, um in einem abgeschiedenen Anwesen ihren neuen Roman zu schreiben, der auf autobiografischen, traumatischen Erlebnissen beruht. Je weiter der Roman sich entwickelt, um so mehr verdichten sich seltsame und beunruhigende Ereignisse und bald ist klar, dass sie von einem Mann gestalkt wird, der sich scheinbar bestens in ihren Erinnerungen auszukennt und Sorel an den Rand ihrer physischen und psychischen Grenzen treibt. Weder das Kennenlernen des Dorfmechanikers Marius (Aaron Thiesse) noch der überraschende Besuch ihrer Freundin Laura (Cosma Dujat) bringt ihr eine Verschnaufpause.
Der Psycho-Thriller “Haus der Stille” erzählt die Geschichte einer Schriftstellerin, die auf einem abgeschiedenen Anwesen in der Lüneburger Heide nicht nur einen neuen Bestseller schreiben, sondern damit auch ihre posttraumatischen Erlebnisse aufarbeiten will. Die Heideidylle trügt aber, und eine Aneinanderreihung von mysteriösen Zwischenfällen lassen sie bald an ihrem Verstand zweifeln. Nur indem sie sich den Gespenstern ihrer Vergangenheit stellt, schafft sie es, sich aus ihrer Opferrolle zu befreien.

Vorstellungen

Leider gibt es keine Vorstellungen.

Filmkritik

Am Ende wird per Texteinblendung alles nochmal ganz explizit. Fast jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau durch ihren (Ex-)Partner getötet, alle 45 Minuten wird eine Frau Opfer von Körperverletzung in ihrer Partnerschaft. Das sind schreckliche Zahlen. (Sexualisierte) Gewalt von Männern gegen Frauen und von Männern begangene Femizide sind in Deutschland weit verbreitet. Zuletzt wird die Notfallnummer des Telefons „Gewalt gegen Frauen“ eingeblendet, der Hotline, bei der sich betroffene Personen Hilfe suchen können.

Ohne Unterlass gedemütigt

„Haus der Stille“ von Simone Geißler und Stefanie Spachmann ist ein Spielfilm, eine Art Psychothriller, aber auch ein knapp 90-minütiger Trailer zur Gewaltprävention und Sensibilisierung für das Thema „Gewalt gegen Frauen“. Finanziert durch diverse Sponsoren sowie Crowdfunding, dient die Spielhandlung weniger der Unterhaltung als einer aufklärerischen Mission. Im Mittelpunkt steht eine Schriftstellerin namens Sorel, gespielt von Geißler, die sich zum Schreiben eines neuen Romans in ein abgelegenes Ferienhaus in Niedersachsen zurückzieht. In Rückblenden wird ein Paar beim Wandern gezeigt, bei dem der Mann die Frau ohne Unterlass demütigt. Was entweder einer Episode des vorhergehenden oder neuen Romans oder ihres eigenen Lebens entspricht.

Ihre Einsamkeit und die Abgeschiedenheit des Ortes erlaubt das für einen Psychothriller typische Spiel mit der Angst. Jemand manipuliert ihr Auto, und in ihren Träumen dringt ein Mann ins Haus ein: Nico (Lutz Scheffer), ihr Ex, der sie emotional und physisch misshandelt hat. Dann gibt es auch noch einen Automechaniker, dessen Rolle lange Zeit ambivalent bleibt. Er kann alles sein, ein Flirt ebenso wie eine Bedrohung.

Zwischen Realität und Einbildung

Sorel ist keine zuverlässige Hauptfigur. Sie trinkt flaschenweise Weißwein, was mit ihrer Traumatisierung in Zusammenhang stehen mag; was real ist und was sie sich nur einbildet, verschwimmt. Diese Auflösung zwischen Realität, Traum und Einbildungskraft bewirkt jedoch auch eine Minimierung von Spannung. Die anderen Figuren hätten mehr Kontur und mehr Wirklichkeit gebraucht, um die von ihnen ausgehende Bedrohung oder Sorels Angst greifbarer zu machen.

Auch die Inszenierung des Raumes durch die Kamera erzeugt gerade dann kaum Spannung oder Beklemmung, wenn etwas Fremdes ins Haus bis ins Bett der schlafenden Sorel dringt. Durch den Verzicht auf jeglichen Effekt der Mise-en-Scène wird der rein phantasmatische, fast schon abstrakte Charakter der Vorgänge umso deutlicher – und die Situationen dadurch harmloser, als sie es sind oder sein könnten. An andere Stelle verzichtet die Inszenierung gerade dort auf einen Gegenschuss, wo Dinge aufgedeckt werden könnten, was ebenso frustrierend wie unnötig ist, weil der Film das Potenzial, zu enthüllen oder zu überraschen, schlicht verschenkt.

Abgesehen von der Hauptdarstellerin wirken die Schauspieler:innen meist hölzern und wenig inspiriert. Es gibt etwas Ungelenkes in all dem, eine Art Scham, bei einem so ernsten Thema „zu spielen“ und sich in die Geschichte fallen zu lassen. Dieses Ungelenke findet sich auch in der Hauptfigur. Es ist schon bemerkenswert, wie knapp Sorel auf eine Kassiererin reagiert, die ihr ein Ladekabel fürs Handy geborgt hat: „Danke. Tschüss!“; zu mehr Höflichkeit kann sie sich nach dieser großzügigen Geste anscheinend nicht aufraffen.

Eine Aversion gegen das Fiktive

„Haus der Stille“ wird von einer Aversion gegenüber der Fiktion bestimmt, an der die Schriftstellerin dennoch arbeitet und die der Film erzählt. So, als müsste die Fiktion ausgelöscht werden, um nur noch die Botschaft stehenzulassen, den diskursiven Überbau des Films, den die Autorin bei ihrer Arbeit fast schon mechanisch wiedergibt: Es geht um posttraumatische Störungen, die Degradation einer Beziehung, die von Liebe in blanken Hass umschlägt, um den Vorsatz, nie wieder Opfer zu sein.

Das Empowerment der Hauptfigur, das in einem schematischen, blutigen Finale gipfelt, spielt die Rachegelüste des Publikums durch. Ein Film als Rollenspiel und Therapiesitzung. Dass die Fiktion dabei so schwach und undurchsichtig wirkt, erweist der aufklärerischen Absicht keinen Gefallen.

Erschienen auf filmdienst.deHaus der StilleVon: Philipp Stadelmaier (28.11.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
Über Filmdienst.de Filmdienst.de, seit 1947 aktiv, bietet Filmkritiken, Hintergrundartikel und ein Filmlexikon zu neuen Kinofilmen aber auch Heimkino und Filmkultur. Ursprünglich eine Zeitschrift, ist es seit 2018 digital und wird von der Katholischen Filmkommission für Deutschland betrieben. filmdienst.de