- RegieMichael Welch
- ProduktionsländerDeutschland
- Produktionsjahr2024
- Dauer105 Minuten
- GenreDokumentarfilm
- AltersfreigabeFSK 6
Vorstellungen
Filmkritik
Der Dokumentarfilm von Michael Wech porträtiert einen der ungewöhnlichsten Athleten der Sportgeschichte: Edwin Moses. Wahrscheinlich hat kein anderer Leichtathlet eine Disziplin so dominiert wie Moses die 400 Meter Hürden. In seiner Paradedisziplin gewann der US-Spitzensportler zwei Gold- und eine Bronzemedaille bei Olympischen Spielen, war zwei Mal Weltmeister und hat vier Weltrekorde aufgestellt. In die Annalen ging er aber vor allem wegen einer einzigartigen Siegesserie ein: Zwischen 1977 und 1987 blieb er in 122 Rennen ungeschlagen. Das ist bis heute unerreicht und wurde auch im „Guinness-Buch der Rekorde“ verzeichnet.
Der Film rekapituliert mit zahlreichen historischen Aufnahmen viele diese Siege und Rekorde und kombiniert sie mit Statements von Moses sowie unzähligen Zeitzeugen. Die meisten Gesprächspartner stammen aus der Sportwelt oder der Familie; es sind aber auch Filmstars wie Samuel L. Jackson und Spike Lee darunter. Diese haben wie Moses am Moorehouse College in Atlanta studiert. Auch Martin Luther King wurde dort ausgebildet. Moses studierte in Physik und arbeitete danach als Ingenieur bei dem Rüstungsunternehmen General Dynamics.
Mit wissenschaftlichem Kalkül
Warum aber heißt der Film „13 Steps“? Schon zu Beginn seiner Karriere nutzte Moses wissenschaftliche Methoden, um seine Lauftechnik zu verbessern. So errechnete er den optimalen Winkel zwischen Wade und Oberschenkel beim Überqueren der Hürde. Er fand heraus, dass es besser ist, die Hürden mit dem linken Bein zuerst zu überspringen, um den Radius der Laufstrecke zu verringern. Auf diese Weise entdeckte er auch den für ihn idealen Takt von 13 Schritten zwischen den Hürden.
Wech bettet den sportlichen Aufstieg in den zeitgenössischen politischen Kontext ein. So thematisiert er, wie die Erfahrungen des alltäglichen Rassismus der weißen Mehrheitsbevölkerung gegenüber der schwarzen Minderheit Moses geprägt haben, der 1955 in Dayton, Ohio, als Sohn einer schwarzen Mittelstandsfamilie geboren wurde.
Der aufwändig produzierte Dokumentarfilm arbeitet den großen Anteil von Moses daran heraus, dass die sogenannten Amateure im Sport endlich auch eine faire Bezahlung erhielten. „Vor 1980 durfte man im Sport kein Geld verdienen. Man durfte keine Werbung machen, keinen Supermarkt eröffnen oder dafür bezahlt werden, dass man Schuhe von Adidas oder Puma getragen hat“, erinnert sich der zweifache Zehnkampf-Olympiasieger Daley Thompson.
Der Großverdiener der Szene
Moses und einige andere Sportler erreichten jedoch, dass das Internationale Olympische Komitee 1981 den sogenannten „Amateur-Paragraphen“ lockerte und damit auch professionellen Athleten den Zugang zu den Olympischen Spielen eröffnete.
Dank seiner sportlichen Spitzenleistungen und seines Geschäftssinns avancierte Moses in seiner aktiven Zeit zum Großverdiener der internationalen Leichtathletikszene. Der ehemalige Teammanager des US-Leichtathletik-Teams, Tracy Sundlun, bilanziert mit Blick auf die Gagen, die Moses Mitte der 1980er-Jahre für Wettbewerbe aufrufen konnte: „Edwin hat fast eine Million Dollar im Jahr verdient, fast so viel wie ein Quarterback in der NFL. Das war beispiellos in unserem Sport.“
Große Verdienste erwarb sich Moses außerdem als Anti-Doping-Aktivist. Schon während seiner sportlichen Karriere setzte er sich für strengere Dopingkontrollen ein. Als Sportfunktionär trieb er mit geschickten Vorstößen die Ausgestaltung von Anti-Doping-Maßnahmen voran, auch gegen bürokratische Widerstände. Mit Hilfe von Sportlern, Ärzten und Wissenschaftlern entwickelte er zudem das erste Doping-Kontrollprogramm im Amateursport.
Es mangelt an kritischer Distanz
Doch wie oft in biografischen Filmen kommen auch in „13 Steps“ die weniger erfreuliche Ereignisse wie Misserfolge, Erkrankungen oder Krisen zu kurz. So bleibt eine schwere Knieverletzung unerwähnt, die Moses 1985 lukrative Einnahmen und Startgelder in fünfstelliger Höhe kostete. Ebenso ein zunächst nicht erkannter Bandscheibenvorfall und zwei traumatische Gehirnverletzungen. Auch das Privatleben wird nur am Rande thematisiert. Die erste Ehe mit Myrella Bordt wird kurz erwähnt; von der ebenfalls geschiedenen zweiten Ehe mit Michelle Moses hört man gar nichts.
Außen vor bleiben auch das Ende der sportlichen Karriere und die persönliche Krise, in die Edwin Moses geriet, als er bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul überraschend nur Bronze gewann. Auch zwei spätere Initiativen des entzauberten Wunderläufers werden nicht thematisiert: 1990 stellte Moses in Aussicht, als Bobfahrer an den Olympischen Winterspielen teilzunehmen, was wegen Unstimmigkeiten mit dem Team aber scheiterte. 2003 kündigte er für das Folgejahr sein Comeback als Hürdenläufer an, wurde jedoch durch eine Knieverletzung gestoppt.